Blutgefährtin 1. Thomas M Hoffmann

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Blutgefährtin 1 - Thomas M Hoffmann

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dass bei ihr eher die Propaganda für Magermodells ihre Wirkung zeigt und sie gar nicht mehr beurteilen kann, was die richtigen Proportionen für eine Frau sind.

      Als Chloé und Inès gerade irgendwelche neuesten Informationen zu „Beauty Queen” austauschen schaue ich mich auf dem Hauptplatz von Lorgues um. Auf der gegenüberliegenden Seite hat sich ein Stand der Front National breit gemacht. Ich muss meinen aufkeimenden Ärger unterdrücken, während ich diesen Stand mustere. Plakate mit irgendwelchen Parolen zu Heimat, Vaterland und Familie sind dort aufgehängt. Nicht, dass ich etwas gegen Heimat und Familie habe, aber als noch-nicht Französin fühle ich mich durch deren fremdenfeindliches Gehabe immer persönlich angegriffen.

      Die schimpfen zwar hauptsächlich auf Afrikaner, aber ich bin eben noch Amerikanerin und erhalte die französische Staatsbürgerschaft erst, wenn mein Antrag auf Einbürgerung endlich bewilligt ist. Den habe ich bei meinem achtzehnten Geburtstag gestellt, denn Frankreich ist inzwischen zu meiner Heimat geworden. Aber nicht so, wie sich das die Typen von der Front National vorstellen. Außerdem steht dieser blöde Mathéo Dubois dort. Mathéo war in seinem Abschlussjahr der Mittelstufe eine Klasse über mir. Irgendwie hatte er ein Auge auf mich geworfen und hat versucht, sich an mich ranzumachen.

      Bäh, der Kerl ist ziemlich widerwärtig. Natürlich habe ich ihn abblitzen lassen.

      Er hat nach der Schule als Knecht auf einem nahegelegenen Bauernhof angefangen, was aber seinem Eifer für die Front Nationale keinen Abbruch getan hat. Er war immer der erste, wenn es darum ging, die Kinder von Einwanderern zu drangsalieren, vorausgesetzt sie hatten eine dunkle Hautfarbe.

      Ich verdränge den Kerl aus meinen Gedanken und überlege, wie ich Chloé und Inès von dieser dummen Show abbringen kann.

      «Sagt mal, habt ihr schon überlegt, was ihr für das Frühlingsfest anzieht?»

      Dass sie morgen auf das Fest gehen, steht nicht in Frage, das Fest ist eine Pflichtveranstaltung für das ganze Dorf. Die Frage ist vielmehr, wie man aussieht und wie die anderen aussehen werden.

      Chloé springt sofort darauf an. «Ich komme in Tracht. Mama hat einen super schönen Stoff in rot und weiß ausgesucht.”

      Chloés Mutter betreibt eine kleine Schneiderei und kann ganz phantastische Kostüme nähen. Darum hat Chloé auch nie Mangel an traditioneller Bekleidung der Gegend. Das sieht an ihr ganz großartig aus, ich mag diesen Stil aber nicht. Ich bin eher für schlichte Farben und weniger verspielte Details. Nicht, dass ich nicht auch gerne mal ein Kleid oder Rock anziehe, aber meine Standardbekleidung ist Jeans und T-Shirt. Chloé jedoch muss ein ganzes Haus von Kleidern, Röcke oder Trachten haben, denn sie erscheint regelmäßig in einem anderen Outfit.

      Inès zuckt mit den Schultern. Sie ist recht einfallslos, was ihre Bekleidung angeht, meistens kommt sie auch in Hosen oder Jeans. Trotz ihrer Begeisterung für diese Schönheitsshow legt sie wenig Enthusiasmus an den Tag, sich zurechtzumachen. Dabei hat sie einen sehr feinen Gesichtsschnitt, der gut zu ihrer schlanken Gestalt passt.

      «Ich habe mich noch nicht entschieden. Mal schauen, was ich so im Kleiderschrank finde.”

      «Sieh zu, dass du ein Kleid oder Rock findest, ich komme auch in einem Rock», meine ich dazu. Ich fühle mich in Jeans zwar wohler, aber bei solchen Festivitäten sollte man korrekt gekleidet sein, um positiv anzukommen.

      «Dann sollten wir aber farblich zusammen passen», wirft Chloé ein und schon sind wir in eine Diskussion verwickelt, welche Farbtöne denn Chloés Kostüm hat und was dazu passend wäre.

      Wir werden durch ein Gejohle und Gepfeife aus unserer Unterhaltung gerissen.

      Als ich hochschaue, sehe ich, dass sich die drei Leute vom Stand der Front National über dem Hauptplatz verteilt haben. Sie blicken einer schwarzen Frau entgegen, die wohl gerade den Platz überqueren wollte.

      Was die drei durch ihre gewollte Konfrontation verhindert haben.

      Die Frau steht mit aufgerissenen Augen am Rand des Platzes und weiß offensichtlich nicht, was sie machen soll. Ich habe die Frau schon ein paar Mal gesehen. Sie arbeitet für einen der lokalen Bauern als Magd. Der Bauer ist nicht gerade als guter Arbeitgeber bekannt und daher denke ich, dass ihr Lohn erbärmlich und die Arbeit schwer ist.

      Sie kommt meines Wissens aus einem Land, in dem Bürgerkrieg herrscht, weswegen sie sich nach Frankreich durchgeschlagen hat. In der Schule sind ein paar Geschichten rumgegangen, was sie so alles erlebt haben soll. Aber französisch spricht sie kaum und englisch schon gar nicht. Vom Alter her würde ich sie als nur ein wenig älter einschätzen als ich es bin, aber sicher bin ich mir nicht. Jetzt sieht sie auf jeden Fall aus, wie ein verängstigtes Kind.

      Wut quillt in mir auf. Verdammte Mistkerle, Männer die hilflose Mädchen nach Gutdünken behandeln, sollten selbst mal erleben, wie sich so etwas anfühlt. Ich schmecke Galle auf meiner Zunge. Das soll nicht sein, das darf nicht sein.

      Bevor ich noch weiß, was ich eigentlich denken soll, bewegen sich meine Beine. Chloé ruft etwas, aber ich beachte sie nicht. Ich sehe nur diese Frau und die Männer, die ihr entgegenpfeifen. Mit geballten Fäusten gehe ich auf die Frau zu. Diese Typen sollen mich kennenlernen. Dies ist ein freies Land und niemand sollte daran gehindert werden, sich frei zu bewegen, niemand, egal, welche Hautfarbe er hat. Die Frau bemerkt mich erst, als ich schon fast vor ihr stehe und zuckt regelrecht zusammen. Ich ergreife ihre Hände und flüstere, damit mich die Mistkerle nicht hören:

      «Komm, du brauchst keine Angst zu haben.»

      Ich weiß nicht, ob sie mich verstanden hat, vielleicht ist sie auch nur zu verängstigt, um Widerstand zu leisten, aber als ich sie hinter mit her ziehe, folgt sie mir. Ich gehe direkt auf Mathéo zu, die anderen kenne ich nicht, aber bei Mathéo weiß ich, dass er im Grunde ein Feigling ist. Mathéo hat aufgehört zu pfeifen und schaut mir erstaunt entgegen. Er hat wohl nicht erwartet, dass irgendjemand der Frau zur Hilfe kommt. Ich sehe Unsicherheit in seinen Augen, er kann sich vermutlich daran erinnern, dass ich mich nicht so einfach herumschubsen lasse.

      Was mache ich hier eigentlich?

      Ein unangenehmes Gefühl steigt in mir auf, so langsam setzt mein Denken wieder ein. Was wenn Mathéo sich besinnt? Er ist allemal stärker als ich, zusätzlich trainiert durch die harte Arbeit auf dem Bauernhof. Er hat eine bullige Gestalt, man kann sehen, wieviel Kraft er hat. Es ist diese Art von roher Kraft, die mich von Beginn an abgestoßen hat. Wenn er uns einfach angreifen würde, hätte ich keine Chance.

      Ich wäre kein echter Schutz für die Frau.

      Egal, jetzt gibt es kein Zurück mehr. Ich starre Mathéo in die Augen und versuche Entschlossenheit aus mir heraus zu holen. Als wir uns nähern, bewegt er sich nicht, vermutlich versucht er mit seiner einzigen Gehirnzelle immer noch, zu begreifen, was ich tue. Während ich knapp an ihm vorbeigehe, halte ich mich zwischen ihm und der Afrikanerin. Es scheint zu funktionieren. Mathéo lässt mich passieren. Rasch gehe ich ein paar Schritte, gebe der Frau einen Schubs, so dass sie weiterläuft, und wende mich dann Mathéo zu, um ihn im Auge zu behalten. Er scheint erst jetzt zu verstehen, was ich getan habe. Sein Gesicht verzerrt sich vor Wut.

      «Was soll das, du amerikanische Hure?» zischt er mir entgegen.

      Als ich höre, dass die Frau sich mit schnellen Schritten entfernt, wird mir leichter ums Herz. Nun kann ich im Notfall die Flucht ergreifen, ich bin mit Sicherheit gelenkiger als dieser Knecht.

      «Dies ist ein freies Land, Monsieur Dubois. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, schon vergessen? Und

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