Blutgefährtin 1. Thomas M Hoffmann
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«Darf ich vorstellen, Monsieur Polignac, meine Enkelin Trish. Trish, das ist Pierre Polignac. Er ist als Weinhändler kürzlich nach Lorgues gezogen.»
Adonis kommt geschmeidig auf mich zu, nimmt meine erstarrte Hand und führt sie zu seinen Lippen.
«Ich bin außerordentlich erfreut, ihre Bekanntschaft zu machen, Mademoiselle Strong.»
Seine Lippen sind angenehm kühl, wobei dieser altertümliche Handkuss einen Blitz durch meinen Körper jagt. Seine Stimme ist sanft und beruhigend und hat einen sehr angenehmen Klang, irgendwie männlich, aber nicht aggressiv, sondern selbstbewusst. So als wüsste er ganz genau, was er will. Gebannt starre ich auf seine Hand, die die meine immer noch hält. Ob ich einmal über diese glatte, hellè Haut streicheln soll, die aussieht, als wäre sie aus Marmor, aus lebendigem, weißem Marmor?
Mist, jetzt fange ich schon wieder an, mich in irgendwelchen höchst peinlichen Phantasien zu verlieren. Ich muss mich zusammenreißen, aber schnell. Wenn Großvater etwas merkt, werde ich für die nächsten Jahre mit roten Ohren durch die Gegend laufen. Und Adonis wird denken, dass ich völlig abgedreht bin. Was soll ich nur machen? Seufzend in Ohnmacht zu fallen, wäre eine naheliegende Option, wenn wir ein anderes Jahrhundert hätten. Leider befinden wir uns im 21. Jahrhundert und da gilt es, cool zu bleiben.
Aber wie macht man das?
«Die Freude ist ganz meinerseits, Monsieur Polignac», sagt irgendeine beherrschte Stimme.
Gott sei Dank, jemand hat mich gerettet. Aber wer? Die Stimme klang genauso wie meine. Irgendwie muss ich es geschafft haben, etwas Vernünftiges zu sagen. Aber dieser ruhige Tonfall ist eine glatte Lüge, in meinem Inneren herrscht Chaos, absolutes Chaos. Es ist als würde ein Sturm der Gefühle durch mich hindurch toben. Mein Herzschlag rast, in meinem Magen hat sich ein Knoten festgesetzt und ich spüre eine Erregung, wie ich sie noch nie gespürt habe. Selbst bei den heißesten Liebesromanen nicht. Langsam habe ich das sichere Gefühl, als würde mich dieser Mann ziemlich beeindrucken.
Adonis führt mich zu dem Sessel neben seinem und wir setzen uns. Gerade rechtzeitig, denn ich glaube, meine Knie hätten nicht mehr lang gehalten. Ich war kurz davor zusammenzubrechen. Mensch, du bist doch keine fünfzehn mehr, Trish. Du wirst doch nicht gleich zusammenbrechen, nur weil du neben einem schönen Mann sitzt. Ruhig Trish, ruhig Trish, ruhig Trish. Erst nachdem ich mir das ein paar Mal im stärksten Befehlston gesagt habe, fängt mein Herzschlag an, sich zu beruhigen. Ich muss unbedingt fähig werde, wieder wie ein Mensch zu agieren und nicht wie eine hysterische Ziege.
«Wir unterhielten uns eben über die Gründe, warum Monsieur Polignac sich in Lorgues einen neuen Standort aufbaut, Trish», sagt mein Großvater, «möchtest du ein Glas Wein?»
«Ja, gerne Großvater», vielleicht schaffe ich es dann, mich etwas zu entspannen.
Monsieur Polignac nimmt den Faden der Unterhaltung elegant auf, während Großvater mir von unserem prämierten Qualitätswein einschenkt.
«Ich habe gerade erzählt, dass ich einige neue Ideen im Weinhandel umsetzen möchte und dazu gerne die Unterstützung der Erzeuger hoher Weinqualität gewinnen möchte. Diese Gegend in der Provence erscheint mir geradezu ideal, um dies zu versuchen.»
Langsam gewinne ich meine Stimme und Beherrschung wieder. Irgendwo in meinem Hinterkopf verspüre ich zwar immer noch den Wunsch, diese wunderbare Haut zu streicheln, aber ich ignoriere mich einfach. Die Trish da hinten kann gar nicht ich sein. Ich weiß, was sich gehört und einen wildfremden Mann zu streicheln gehört sich nicht. Definitiv nicht.
«Ich hörte, sie haben das Chateau de Marronniers gekauft», sage ich.
Ich will mehr über diesen beeindruckenden Mann erfahren, eigentlich will ich alles erfahren. Wie alt er ist, ob er eine Freundin hat, ob er mich nett findet, ob – nein, daran sollte ich jetzt nicht denken. Adonis lächelt mich an, ein Lächeln, das mein Herz schon wieder zum rasen bringt. Himmel, ruhig bleiben, Trish.
«Sie sind gut informiert, Mademoiselle Strong. In der Tat habe ich dieses Anwesen erworben und möchte es zu meiner Zentrale ausbauen.»
Großvater reicht mir mein Glas und ich benutze die Gelegenheit, um mich von meinen höchst unangebrachten Ideen abzubringen. Das ist ein geschäftliches Treffen. Außerdem sitzt Großvater neben mir, was soll er denn von mir denken? Ich nehme das Glas entgegen, proste Adonis zu und nehme einen Schluck. Der Geschmack des Weines füllt meinen Mund, mit voller Absicht konzentriere ich mich auf das Bouquet. Die Normalität dieser Sinneseindrücke beruhigt mich. Adonis macht es mir nach und trinkt ebenfalls einen Schluck. Ich muss unbedingt anfangen, von ihm als Monsieur Polignac zu denken, sonst verplappere ich mich noch. Das wäre eine Katastrophe.
Wo waren wir? Ach ja, das Chateau, das er gekauft hat.
«Das muss ja eine Stange Geld gekostet haben.»
Monsieur Polignac lacht.
«Ja, ich hatte ein paar kleine Rücklagen, die ich dafür verwenden konnte.»
Kleine Rücklagen, soso. Das Anwesen ist sicherlich mehrere Millionen Euro wert.
«Polignac ist alter französischer Adel, nicht wahr?»
«Alter verarmter Adel, wie ich betonen möchte. Aber woher wissen sie das? Die meisten Franzosen sind sich dessen nicht mehr bewusst.»
«Unser Geschichtslehrer hat ziemlich auf den typischen Adelsnamen herumgeritten, als wir die Revolution durchgenommen haben.»
«Sehr gut. Einer meiner Vorfahren stammt sogar aus der Gegend hier, aber die meisten Aufzeichnungen sind im Verlauf der Jahre verloren gegangen. Doch wie kommen Amerikaner wie sie dazu, hier in der Provence Wein anzubauen?»
Ich bedeute Großvater, diesen Part zu übernehmen. Nicht dass ich die Geschichte nicht auch erzählen könnte, aber ich fühle mich besser, Monsieur Polignac im Stillen zu bewundern. Ich muss nur aufpassen, nicht wieder in absurde Träumereien zu verfallen. Ich hätte wirklich nie gedacht, dass mich ein Mann dermaßen aus der Bahn werfen könnte.
«Wir haben dieses Weingut vor ein paar Jahren geerbt», erzählt Großvater, «wir wussten gar nicht, dass wir hier Verwandte hatten. Aber dann kam die plötzliche Nachricht, dass der Vorbesitzer verstorben und wir die nächsten Verwandten sind. Ich war eigentlich in der Bankbranche tätig, habe die Gelegenheit dann aber genutzt, um zusammen mit meiner Frau und Trish hier ein neues Leben aufzubauen.»
Monsieur Polignac hebt sein Glas.
«Und sehr erfolgreich, wie ich denke. Es ist gut, wenn diese alteingesessenen Regionen immer mal wieder jemanden abbekommen, der neuen Schwung in den Weinanbau bringt.»
Großvater hebt die Hände.
«Sie schmeicheln mir, Monsieur Polignac. Wir stehen noch ziemlich am Anfang.»
«Ein guter Anfang.»
«Aber sie sind wohl auch einer von denen, die neuen Schwung in die Gegend hinein bringen wollen. Ich vermute, dass das etwas mit ihrem Besuch zu tun hat.»
Wieder lächelt Monsieur Polignac, Junge hat der Charme. Ob Großvater das auch merkt?
«Das ist tatsächlich so. Ich möchte allen Weinbauern der Gegend einen Handelsvertrag anbieten, der ihnen fünf Prozent mehr Einkünfte garantiert, als sie über ihre