Marsjahr. Sven Hauth

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Marsjahr - Sven Hauth страница 9

Автор:
Серия:
Издательство:
Marsjahr - Sven Hauth

Скачать книгу

zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht. Es gab noch keine Gelegenheit, es einzusetzen."

      Mark setzte den Blinker und bog in Pauls Straße ein.

      "Wo wohnt sie denn?"

      "Gleich da vorn." Paul zeigte auf ein Haus, das wie alle anderen in der Straße aussah. Mark bremste den Pontiac auf Schrittgeschwindigkeit.

      "Was machst du denn? Fahr weiter."

      "Ich will nur mal sehen, wer dir so den Kopf verdreht."

      Gemeinsam starrten sie eine Minute auf das Haus. Der Motor brabbelte vor sich hin. Mark drückte auf die Hupe und der Pussy Magnet blökte auf.

      Paul riss an Marks Handgelenk. "Hey! Hör auf."

      "Ich dachte, du willst sie kennen lernen."

      "Aber nicht auf diese Art. Nicht wenn du -"

      "Nicht wenn ich dabei bin? Verstehe."

      "Du weiß schon, was ich meine."

      Mark legte den Gang ein. Zehn Sekunden später kam der Pontiac vor Pauls Garagentor zum Stehen. Die Bremsen fiepten wie ein sterbender Hund.

      "Ein Tinnitus klingt angenehmer als dein Auto", sagte Paul.

      "Sind frische Beläge drauf, aber ich muss da noch mal bei. Jetzt lenk' nicht ab. Hast du wenigstens schon mal mit dieser Joanne geredet?"

      "Noch nicht so viel. Eher gar nicht."

      Mark verdrehte die Augen. "Ich fasse zusammen: du hast dich in deine neue Nachbarin verguckt, weißt aber nichts über sie und hast sie noch nicht einmal angesprochen. Umgekehrt ist ihr nicht einmal bewusst, dass du existierst." Mark bohrte seinen Zeigefinger gegen Pauls Stirn. "Trotzdem ist dein kleines Hirn voller Hoffnung."

      "Mag sein."

      "Das mag nicht nur sein, das ist so."

      "Was macht ausgerechnet dich zu einem Beziehungsexperten?"

      "Du hast keine Beziehung", sagte Mark.

      "Du erst recht nicht."

      "Ich nehm' ja auch nicht die Erstbeste."

      Paul lachte.

      "Lach du nur. Ab heute sind wir Seniors. Da wird sich alles ändern."

      "Was soll das ändern?"

      "Denk nach! Was findet am Ende des Schuljahres statt?"

      "Der Abschlussball?"

      "Eben."

      "Und?"

      Mark sah Paul ungläubig an. "Alter, der Senior Prom ist nur an der Oberfläche eine Tanzveranstaltung. In Wirklichkeit geht es da um den After-Show-Sex."

      "Und wer ist dein Prom-Date? Eine der Ladies, die du aus dem Hot Rod Magazine schneidest?"

      "Der Prom ist in zehn Monaten. Meinst du, bis dahin treibe ich kein Mädchen auf?"

      "Du hast in siebzehn Jahren keines aufgetrieben. Da stehen die Chancen besser, dass ich mit Joanne auf den Ball gehe."

      "Ha! Das wird sich zeigen." Mark sah auf die Uhr. "Alter, ich muss los, den Laden schmeißen. Wir sehen uns." Sie klatschten sich ab. Mit durchdrehenden Reifen fuhr Mark davon.

      -

      Kurz vor Schulschluss öffnete Ale die Tür zu einem mit blauem Samt ausgekleideten Raum und linste um die Ecke. In der Mitte des Raumes war eine Art Podest mit einer breiten Holztreppe aufgebaut. Der Fotograf war nur abwärts der Hüfte sichtbar. der Rest verbarg sich unter einem Tuch. Er hantierte blind mit einer altmodischen Balgenkamera, die auf einem Holzstativ stand und auf das Podest gerichtet war. Als der Fotograf das Türgeräusch hörte, kroch er unter seinem Tuch hervor.

      "Bist du die Nummer vier? Wird auch Zeit. Die Anderen sind schon seit zehn Minuten hier."

      Die Anderen waren die drei Austauschschüler, die Ale bereits aus dem Vorbereitungsseminar kannte. Ein flachsblonder Schwede mit Augen von skandinavischem Blau und zwei Mädchen aus Deutschland respektive Frankreich. Sie standen vor der Kamera wie Wartende an einer Bushaltestelle und hatten für Ale, die Zuspätkommerin, nur ungeduldige Blicke übrig.

      "Jetzt mach schon." Mit einer ungeduldigen Geste scheuchte der Fotograf Ale den anderen.

      "Ich dachte, wir werden einzeln fotografiert?"

      "Falsch gedacht, Fräulein. Die Austauschschüler kommen auf ein Gruppenfoto. Für euch ist im Jahrbuch eine eigene Seite reserviert." Seinem Tonfall nach war es ein großes Privileg, eine eigene Jahrbuchseite zu bekommen.

      Zähneknirschend klettere Ale auf das Podest und reihte sich zwischen Deutschland und Schweden ein. Statt als briefmarkengroßes Porträt würde sie nun in Ganzkörperaufnahme auf einer Seite mit der fett gedruckten Überschrift Austauschschüler im Jahrbuch erscheinen. Alessandra Cecatto, Brasilien – zur Schau gestellt und beschriftet wie ein Zootier. Eine von vier Ausländern. Jeder würde wissen, dass sie nicht wirklich dazu gehörte. Dabei wäre sie viel lieber ein Partikel der anonymen Schülermenge gewesen, unsichtbar in der Masse Englisch sprechender Durchschnittsamerikaner. Durchschnittsamerikaner wie Mark und Paul, dachte sie, und musste genau in dem Moment auflachen, als der Blitz auslöste.

      -

      Aus dem Briefkasten quoll Paul die tägliche Werbeflut entgegen. Zwischen Supermarkt-Coupons und Möbelprospekten fand er einen an ihn adressierten College-Katalog - den dritten in einer Woche, obwohl er sich nicht erinnern konnte, ihn angefordert zu haben. Es musste das Werk seiner Eltern sein, als Erinnerung, sich um das zu kümmern, was sie seine Zukunft nannten. Mit dem Papierstapel unterm Arm schloss er die Haustür auf und wurde leidenschaftlich von Labrador Terra begrüßt. Er entließ sie in den hinteren Garten, füllte ihr eine Handvoll Trockenfutter in den Napf und schob für sich selbst zwei Minipizzen in die Mikrowelle. Während das Essen rotierte, nahm er einen der Kataloge. Das College lag in irgendeinem Kaff in New Hampshire, von dem er noch nie gehört hatte. Der Himmel wusste, was seine Eltern sich dabei dachten. Er blätterte durch die Seitenverzeichnis. Psychologie, Kriminaltechnologie, Biologie, Maschinenbau und Fächer, von denen er nicht einmal gewusst hatte, dass man sie studieren konnte. Das Angebot war so breit gefächert wie klein gedruckt. Schon das Lesen des Kursverzeichnisses strengte an.

      Nie zuvor hatte Paul Mark um sein Leben beneidet, aber in diesem Moment hätte er bereitwillig mit seinem besten Freund getauscht. Mark musste keine Entscheidungen treffen. Seine Zukunft stand bereits in Stein gemeißelt. Seit er auf die Apollo ging, war es eine unausgesprochene Tatsache, dass er nach seinem Schulabschluss in der Autowerkstatt seines Vaters anfangen, einige Jahre vor sich hin schrauben und irgendwann, wenn der alte Herr nicht mehr wollte oder konnte, den Laden übernehmen würde. Autos waren eben Marks Ding. Paul dagegen hatte nicht die geringste Ahnung, was er in einem Jahr machen würde. Was war Pauls Ding? Ihm fiel nichts ein.

      Angewidert schob er die Collegekataloge von sich, aß die Pizzen auf und holte das Skateboarding für Dummies Buch aus seinem Zimmer. Wenn er Joannes Interesse auf sich lenken wollte, musste er ein wenig mehr beherrschen, als das Brett mit sich rumzutragen.

      Mit

Скачать книгу