Marsjahr. Sven Hauth

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Marsjahr - Sven Hauth страница 7

Автор:
Серия:
Издательство:
Marsjahr - Sven Hauth

Скачать книгу

war schon vor einer Weile sein Grinsen vergangen. Mit unsicherer Miene verfolgte er das Geschehen. Die Anwesenheit der schlagfertigen Fremden schien ihn zu verwirren. Er machte ein glucksendes Geräusch.

      "Was ist mit ihm?", fragte Ale.

      "Das ist Special Ed. Ist 'ne lange Geschichte. Aber er gehört zu uns". Mark klopfte Ed gönnerhaft auf die Schulter. Eds Miene entspannte sich.

      "Ich muss los, das Foto fürs Jahrbuch machen lassen. Ausgerechnet jetzt." Mark hantierte an seiner Nasenspitze, als hätte er Angst, sie könne jeden Moment abfallen. Ale reichte ihm ein Kleenex.

      "Tut mir leid wegen deiner Nase. Frieden?"

      "Meinetwegen." Sie reichten sich die Hände. "Sorry wegen dem Wasser."

      Schon halb auf dem Weg zum Fotografen, drehte Mark sich noch einmal um.

      "Hey, ALE, sag mal was auf Spanisch."

      "In Brasilien sprechen wir Portugiesisch, du Ignorant"

      Mark zuckte mit den Schultern. "Was auch immer."

      "Foda se", rief Ale ihm zum Abschied hinterher.

      "Klingt cool", befand Mark und war verschwunden. Auch Ed humpelte wer weiß wohin. Für einen stummen Moment standen Paul und Ale sich gegenüber. Sie sah ihn an, als würde sie ihn erst jetzt richtig wahrzunehmen.

      "Ich bin Paul", sagte Paul.

      "Freut mich. Kannst du mir zeigen, wie man das blöde Zahlenschloss aufbekommt?" Ale gab ihm den Zettel mit der Kombination.

      "Klar." Sie gingen zu ihrem Spind, und Paul führte ihr vor, wie man das Rädchen einmal über die Null zurückzudrehen musste, bevor man die zweite Ziffer einstellte. Der Spind ging auf.

      "Obrigada. Danke."

      "Kein Problem. Man sieht sich." Paul fiel ein, dass auch er noch ein Date mit dem Jahrbuchfotografen hatte.

      -

      Auf seinem grüngelben Aufsitzmäher zog Darren kleiner werdende Kreise und betrachtete sein Werk. Allmählich verwandelte sich der Schulrasen von einer Wildblumenwiese zurück in die akkurat gestutzte Grünfläche, die er sein sollte.

      In den Tagen vor und nach Schulanfang gab es für Darren immer das Meiste zu tun. Klemmende Tafeln, die er mit ein paar Tropfen seines Spezialöls wieder gangbar machte. Spinde, die nach Zwangsöffnung verlangten, weil ein Schüler seine Zahlenkombination vergessen hatte. Neonröhren, die das Ende ihrer Lebenszeit erreicht hatten. Darren kümmerte sich um alles, bohnerte die Böden und ersetzte Projektorbirnen genau so wie Tische oder Stühle, die das Opfer von Vandalen geworden waren. Und an Vandalen herrschte an der Schule kein Mangel. Toilettenwände wurden beschmiert und Böden bespuckt. Ein paar ganz Schlaue machten sich einen Sport daraus, regelmäßig die Trinkbrunnen mit Kaugummi zu verstopfen, so dass Darren die ekelhafte Ehre hatte, diese mit seinem altbewährten Leatherman aus der Öffnung zu pulen.

      Das ganze Wochenende schon war er von einer Baustelle zur nächsten gehetzt. Heute stand der Außenbereich auf der Agenda, und langsam sah er Licht am Ende des Arbeitstunnels.

      Aus dem Augenwinkel nahm Darren eine Bewegung wahr. Zwei Schüler kamen aus dem Haupteingang geschlurft, mit einer Lethargie, wie sie nur High School Seniors in derartiger Perfektion beherrschten. Einer von ihnen, ein feister Typ mit roter Säufernase, rief irgendwas und winkte ihm zu.

      Darren hatte keine Ahnung, wer die beiden waren oder was sie wollten. Wahrscheinlich irgendwelche Idioten, die sich mehr oder weniger heimlich über ihn lustig machten.

      "Na, ihr Arschlöcher", rief Darren und winkte zurück, wohlwissend, dass das Dröhnen des Rasenmähers jedes seiner Worte verschluckte.

      Natürlich war er sich seines Status als Witzfigur wohl bewusst. Ein alter Mann mit den roten Micky-Maus-Ohren des Gehörschutzes, auf einem John Deere Mäher, der aussah wie die Mini-Trecker, die man zwischen ähnlich geschrumpften Jeeps und Feuerwehrautos auf Kinderkarussells fand. Aber das Gespött der Schüler konnte ihm schon lange nichts mehr anhaben. Knapp dreißig Jahre Hausmeisteralltag hatten ihm ein dickes Fell wachsen lassen. Und nachmittags, wenn die Schüler zu Hause über ihren Hausaufgaben brüteten, verschoben sich die Machtverhältnisse. Dann war er es, der an der Apollo das Kommando hatte.

      Darren drehte eine letzte Runde und fuhr am Gehweg vorbei. Löwenzahn spross aus jeder Ritze zwischen den Betonplatten. Ein klarer Fall für den Kantenschneider. Er wendete den Mäher und steuerte auf seinen Geräteschuppen zu. Sobald er den Wildwuchs beseitigt hatte, würde er sich eine wohlverdiente Zigarette gönnen. Danach stand seine Lieblingsaufgabe an – der Kontrollgang durch das Schulgebäude.

      Darren grinste, denn er wusste, dass es einiges zu kontrollieren gab.

      -

      Nach Unterrichtsschluss trafen sich Paul und Mark am Trophäenkasten. Seit Mark ein Auto besaß, chauffierte er Paul damit nach Hause, wann immer es sein Zeitplan erlaubte. Im Gleichschritt trotteten sie Richtung Parkplatz.

      "Ich hasse es, fotografiert zu werden", sagte Paul

      "Besser als Unterricht."

      "Wozu soll der Blödsinn mit dem Jahrbuch überhaupt gut sein?"

      "Damit deine Freunde sich in zehn Jahren darüber lustig machen können, wie du heute aussiehst."

      "Als ob sich in zehn Jahren noch irgend jemand an uns erinnern wird."

      "Klar werden sie das, Alter. Wir sind doch die wahren Rockstars hier."

      "Nur ohne Band und Groupies."

      Mark nickte in Richtung Hausmeister, der auf seinem lächerlichen Aufsitzmäher über den Grünflecken vor der Schule ratterte und eine gestutzte Rasenbahn hinterließ.

      "Da ist einer, an den sich jeder erinnern wird."

      Dirty Darren war an der Schule eine lebende Legende. Immer, wenn es irgendwo etwas zu reparieren gab, war er zur Stelle. Jeder Schüler kannte ihn, trotzdem schien niemand Näheres über ihn zu wissen, weder seinen Nachnamen noch sein genaues Alter. Seinen Spitznamen hatte er erhalten, weil man ihn nur in dem blauen Overall kannte, der für gewöhnlich übersät war mit Grasflecken und anderen schmierigen Hinterlassenschaften seines Tagwerks. Unter den Schülern kursierten Gerüchte, dass Dirty Darren außerhalb der Apollo nicht existierte. Abhängig vom Erzähler schlief er mal zwischen den Heizkesseln im Schulkeller, mal in seinem Geräteschuppen. Manche behaupteten, er benötige überhaupt keinen Schlaf und wandere nachts ruhelos durch die Schulflure. Mit dem silbernen Vollbart erinnerte er Paul immer an das Schwarz-Weiß-Porträt von Ernest Hemingway auf dem Buchumschlag von "Der alte Mann und das Meer".

      Mark winkte Darren zu.

      "Fuck you, du alter Sack!", rief er, als Darren aufsah.

      "Hey, was machst du denn?", fragte Paul.

      "Der hört nichts unter seinen Micky-Maus Ohren."

      "Trotzdem. Dirty Darren ist doch in Ordnung." Paul erinnerte sich an eine Episode aus seiner Freshmanzeit, an dem er seine Kombination vergessen und der Hausmeister ohne großes Aufheben den Spind für ihn geknackt und ihm einen neuen Zahlencode eingestellt hatte.

Скачать книгу