Unbewältigte Vergangenheit. Henry Kahesch
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Er griff nach seinem Laptop und begann ziemlich flott seine Gedanken über die gestrigen Vorfälle und die heutige Ablehnung des Staatsanwalts, ein U –Haftbefehl auszustellen, zu formulieren.
„Ich bezweifle es zwar auch“, stellte Heller lapidar fest, „aber das ist nun mal der Weg. Doch eins sollten wir tun: sie wegen Ruhestörung und öffentlichem Ärgernis, zur Rechenschaft ziehen.
Inzwischen sah Degoth, dass die Beiden in der Tat in ein Schnellboot einstiegen. Zu gerne hätte er gewusst, wohin die Fahrt geht. Er hatte es noch nicht zu Ende gedacht, da waren sie auch schon auf dem Meer verschwunden. Nachdem sie ihren Schaufensterbummel beendeten, nahmen sie den Weg zurück zur Strandpromenade. Seiner Frau, um sie nicht unnötig zu beunruhigen, erzählte er von seiner zuvor gemachten Beobachtung kein Sterbenswörtchen. Wie zufällig lief er, sie in den Arm nehmend, auf die Landungsbrücke. Von dessen Stelle wenige Minuten zuvor sich die Kerle im Schnellboot auf und davon machten. Gerade wollte Chantal eine Kehrtwende machen, den Weg wieder zur Uferpromenade nehmen, als Michel sie am Arm festhielt. Sie spürte seine Anspannung während er sagte: „Lass uns mal über den Steg laufen. Was meinst du?“
Seinen eigentlichen Grund dies zu tun, verheimlichte er geflissentlich. Sie nickte stumm, es schien sie nicht sonderlich zu beeindrucken. Gedankenversunken schaute sie über das Meer! Es bedeutete ihr in dem Moment mehr, als die stummen Ausblicke hinüber zu den Booten. Michel Degoth konnte es nicht lassen und inspizierte derweil die Stelle, von der das Schnellboot vor wenigen Minuten ablegte. Wie ein Roboterkopf drehte sich sein Hals und geheimnisvoll notierte er sich die Liegenummern. Er leistete Vorarbeit für die Polizei.
„Für alle Fälle, Scholtysek wird es sicher verwenden können“, ging es ihm in den Sinn! Und noch immer war er in Harnisch ob seiner Unzulänglichkeit. Warum spurtete er nicht sofort los und ...?
Aber es war geschehen. Die Frage, wohin die Männer gefahren sein könnten, beschäftigten ihn unaufhaltsam. „Das wäre es doch gewesen“, meinte er. Die Brüder gleich zu stellen. Er wusste, dass es surreal war. Denn erstens war er kein Polizist und zweitens besaß er keine Waffe. Er war also gar nicht befugt einzugreifen. Überdies war unklar ob die Burschen mit dem Fund in Zusammenhang gebracht werden konnten. Das musste er endgültig kapieren! Vorsichtig musste er sein, durfte nicht übers Ziel hinausschießen. Trotzdem blieb er am Ball und suggerierte sich, nach dem Motto: Sicher ist sicher, dass das überaus verdächtige Verhalten der Beiden und der Fund des Skeletts unter der Seebrücke, einfach kein Zufall sein konnte. In jedem Falle hatten es die Kerle verdammt geschickt angestellt, denn bei dem Trubel hier ging vieles unter. Sich unauffällig aus dem Staub zu machen wäre kein dummer Weg. Glaubte er. Mit einem Blick auf seine Uhr stellte er fest, dass die Zeit verdammt schnell zerrann. Der Kriminaloberrat musste bald auf der Matte stehen.
„Also, höchste Eisenbahn, dass wir hoch zum Restaurant gehen. In wenigen Minuten wird Scholtysek eintreffen.“ Chantal schaute ihn irritiert an und erwiderte: „Wie bitte?“
Mit ihren Gedanken war sie am anderen Ende der Welt. Weit übers Meer der Ostsee hinaus. Michels Spürnase stand derweil wieder auf Geruchssinn. Wie immer, wenn er einen Fall im Auge hatte gab es nichts Wichtigeres! Das wusste sie, deshalb machte sie auch ihr autogenes Training um sich abzureagieren! Der Ausblick auf die Ostsee kam dafür gerade recht. In Gedanken nur bei dem Fall, lief er wie in Trance neben Chantal. Erst als sie sich bei ihm zärtlich einhakte, war er wieder zurück in der Realität. Vor dem Restaurant stand bereits der Rügener Polizeichef. Ein weiterer Herr dabei.
„Darf ich ihnen Kriminalhauptkommissar Heller vorstellen? Er ist einer der leitenden Offiziere und wird diesen Fall übernehmen.“
Denn dass es ein Fall ist, davon ging der KOR bereits aus.
„So ist er später in der Lage seine Kollegen punktgenau zu präparieren.“
„Angenehm Herr Heller. Mein Name ist Degoth. Das ist meine Frau.“ Dabei zeigte er auf Chantal,
als wäre sie ein Gegenstand. Doch die sah es, wie immer, locker.
„Sehr angenehm“, entgegnete Heller, nachdem sie sich gegenseitig die Hand gereicht hatten. Sie gingen die Stufen hoch und betraten das Foyer des Hotels. Kriminaloberrat Scholtysek schien in dem Hotel bestens bekannt zu sein. Kaum stand er dort, steuerte die Chefin, Frau Marina Susi, sofort auf sie zu.
„Herzlich willkommen“, sagte sie freundlich. Zu Scholtysek gewandt ergänzte sie: „dort“, sie zeigte mit dem Zeigefinger der rechten Hand hin, „in der ruhigen Ecke, habe ich ihnen, separiert von anderen Tischen, einen großzügigen runden Tisch eingedeckt. Ist es recht so?“
Er nickte und bedankte sich bei der Hotelchefin. Dann nahmen sie die Plätze ein.
„Sie müssen hier ja aus und eingehen“, wandte Degoth sich an KOR Scholtysek.
„Das kann man so sagen“, entgegnete er und lächelte verschmitzt. „Ich bin öfter hier, nicht nur aus dienstlichen Gründen. Nach unserem Gespräch am Mittag, habe ich es von meiner Sekretärin arrangieren lassen. Wir sind so ungestörter.“
Auch aus der Ecke des Restaurants war der Blick auf die Ostsee, im Hintergrund die Kreidefelsen, märchenhaft. Die Getränke wurden serviert und es sollte noch eine Weile dauern, bis das Essen auf dem Tisch stand. Die Phase nutzte Scholtysek und bat Degoth, erneut, jetzt wo Heller dabei war, zu reflektieren.
„Lassen sie uns gemeinsam nochmals Revue passieren, welche Fakten wir bislang auf dem Tisch haben. Damit meine ich natürlich, was sie erlebten und beobachteten.“
„Gerne Herr Scholtysek. Dann fasse ich nochmals zusammen. Da kam in der Frühe ein Mann auf mich zu und legte aus heiterem Himmel los – ob Zufall oder Absicht - keine Ahnung. Wirr erzählte er über einen entsetzlichen Fund den er gerade gemacht hätte und wie er sich dabei beobachtet fühlte. Später, sie erinnern sich an meine weiteren Ausführungen“, dabei schaute er den Kriminaloberrat aufmerksam an, „trafen wir den seltsamen Kellner auf der Selliner Seebrücke. Und wieder eine Weile danach beobachteten wir eine Szene des Kellners mit einem Fremden am Strand. Aber anschließend, Degoth schaute dabei direkt hinüber zu Heller, „erblickte ich unter der Holzbrücke das besagte Skelett. Das hieb dem Fass den Boden aus. Meine Frau und ich waren erschüttert. Als wir etwa eine Stunde zuvor diese Treppe hoch und runter gingen, lag da nichts, überhaupt nichts. Insofern ging ich davon aus, dass es eine Verbindung mit dem Kellner geben könnte. Die Geschichte von dem Fremden am Vormittag könnte ebenfalls im Zusammenhang damit stehen.“
„Schon klar Degoth“, so Scholtysek, „soweit habe ich auch Heller auf den Stand gebracht. Was aber fiel ihnen schließlich noch besonderes auf? Z.B. an Kleidung, der Uhrzeit, Treffpunkten? Es könnte, wie sie wissen, jedes Mosaiksteinchen wichtig sein!“
„Na klar Scholtysek, vollkommen! Am Vormittag war es ein Mann, der ziemlich verlottert in der Gegend herum irrte. Er sprach zudem undeutlich.“
„War er vielleicht betrunken?“, so der Kriminaloberrat.
„Nein