Unbewältigte Vergangenheit. Henry Kahesch

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Unbewältigte Vergangenheit - Henry Kahesch

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zurück...., sagen sie mal Degoth: wie sah den der Mann, den sie vor Stunden auf der Uferpromenade trafen und der Kellner, den sie vor etwa zwei Stunden hier erlebten, aus? Welche näheren Anhaltspunkte können sie mir nennen?“

      Sie waren sich einig, dass sie diese Männer vernehmen müssten, in jedem Falle. Und überzeugt, das wäre ein erster Schritt auf dem Weg Richtung Ergebnis.

      „Das wird dauern“, folgerte Degoth. „Oder?“ Er nippte an seinem Kaffee und sprach aus, was er gerade dachte: „Wie wollen wir jetzt verfahren?“

      Er formulierte es so, als wäre er Mitarbeiter des K III und würde seinen Chef darum bitten, ihm die Freigabe für die weiteren Ermittlungen zu ermöglichen. Scholtysek schaute ihn verdutzt an. Er war auf der einen Seite erfreut einen couragierten Mann an seiner Seite zu wissen, auf der anderen Seite aber beunruhigt, dass er als Hobbykriminologe vielleicht über das Ziel hinausschießen könnte. Und dann der Satz: „Also, wie wollen wir nun verfahren?“ Das hätte ja eher von ihm stammen können! Schließlich verabredeten sie sich für den frühen Abend

      im Restaurant des Hotels Marina. Chantal sollte natürlich dabei sein, denn nach Stralsund zurück und anschließend wieder nach Rügen, das Hin und Her, dass war ihm für heute doch zu viel. Alleine wollte er seine Frau schon gar nicht lassen.

      Den Weg, den sie bereits in der Frühe zur Promenade nahmen, gingen sie wieder hinunter zum Parkplatz. Arm in Arm liefen sie gemächlichen Schrittes, als ein Unbekannter sich ihnen in den Weg stellte. Nicht gerade provozierend, konnte man es nennen, aber doch irgendwie fordernd. „Erinnern sie sich? Ich habe heute am frühen Vormittag Kontakt mit ihnen aufgenommen! Dabei erwähnte ich, dass etwas seltsames passiert sein musste. Nun, es ist etwas geschehen, ein.....“, er stockte. „Haben sie nichts gefunden?“

      „Habe keine Erinnerung. Erzählen sie mal was sie erlebten.“

      „Was heißt erleben, so kann ich es nicht direkt sagen, jedoch sehen und hören, das trifft eher zu!“

      „Aber Mann, berichten sie endlich um was es geht, was passierte und warum wenden sie sich gerade an mich, nicht an die Polizei auf Rügen? Zudem haben wir es eilig.“, legte Degoth temperamentvoll los. „Es war eine Eingebung. Einfach so, eben eine Eingebung! Ich dachte sie könnten mir dabei helfen, Menschen, die dafür verantwortlich sind, ausfindig zu machen. Aber wie komme ich darauf, warum mische ich mich nur ein?“, lallte er schließlich.

      „Ein Problem ist es für mich nicht. Aber unklar bleibt, was sie von mir erwarten. Wo ist was geschehen? Einen vertrauenswürdigen Eindruck machen sie nun ganz und gar nicht, um das ganz offen auszusprechen!“

      Der Unbekannte schaute verdutzt drein, fasste sich aber schnell und antwortete: „Schon möglich, denn ich lebe seit meiner Ausgliederung aus der Gesellschaft als Tagelöhner auf Rügen. Arbeite mal hier, mal dort.“

      Degoth und Chantal staunten nicht schlecht, behielten aber ihre Fassung! Was will der Kerl, dröhnte es in ihren Köpfen? Dann berichtete der Unbekannte, dass er ein Skelett fand, „wissen sie, total frei von allem! Es muss lange rumgelegen haben und zufällig durch den natürlichen Prozess der Evolution wieder ans Tageslicht gefördert worden sein.“ Evolution, stutzte das Ehepaar Degoht, hört sich nicht nach Straßenjargon an!

      „Mag sein“, so Degoth, „aber ist ihr Urteil nicht etwas voreilig? Woran machen sie das alles fest? Überdies, wo fanden sie es?“

      Einem oberflächlich gekleideten Mann, der eine zottelige Frisur trug, sollte er das abnehmen! Er hatte Zweifel, das alles als bare Münze zu nehmen. Doch der Mann fuhr fort: „Ich sah es dieser Tage in Strandnähe, mehr zufällig, als ich dort, was ich täglich tue, durch den feinen Sand stampfte. Sie wissen, Rügens Strände mit dem weißen, weichen Sand, beinahe wie in der Karibik, verzaubern. Plötzlich lag unter dem Steg, ich meine der Landungsbrücke, eben dieses Skelett.

      „War es ohne Hülle? Ich meine ohne Schutz?“

      „Ja, ohne Schutz, genau. Deshalb wurde ich ja so schnell darauf aufmerksam. Außer mir vor Schreck war ich und irrte einige Zeit am Strand entlang. War nicht fähig mich zu finden, zur Polizei zu gehen. Obwohl mir natürlich klar war, dass es besser gewesen wäre. Dann, ja dann, sah ich sie auf mich zukommen. Spontan fasste ich Mut und faselte vor mich hin, wollte sie auf diese Art darauf aufmerksam machen. Sie jedoch schauten durch mich hindurch, ignorierten es. Plötzlich kam es mir wie ein Traum vor. Dann ging ich einfach weiter, wortlos!“

      Degoth reagierte jetzt etwas unwirsch: „Warum haben sie denn nicht nachgehakt? Es wäre in diesem Augenblick, zumindest aus jetziger Sicht betrachtet, so wichtig gewesen? Wie heißen sie eigentlich?

      „Raimund“, hörte er ihn nun etwas unverständlich plappern.

      „Aha!“, brummte Degoth!

      Zu mehr war er in dem Augenblick nicht fähig. Doch bloß eine kurze Weile. Er konnte es schließlich doch nicht auf sich beruhen lassen und hakte nach: „Haben sie noch andere Hinweise in der Sache?“ Seine hohe Stirn legte sich jetzt, so ungeduldig wurde er, in Falten.

      „Ja. Zwei Männer standen in unmittelbarer Nähe, nicht weit weg von einem Boot. Ziemlich aufgeregt unterhielten sie sich. Hatte den Eindruck, dass ihre Blicke voller Zorn waren. Dann stiegen sie unvermittelt in eines der Boote, ich glaube es war ein Schnellboot und verschwanden auf der Ostsee, Richtung Nationalpark Jasmund. Bestimmt kennen sie die Kante! Dort wo die berühmten Kreidefelsen sind?“

      „Ja, haben wir inzwischen schon erkundet“, erwiderte Degoth. „Und das war die ganze Story oder gab es noch weitere Anhaltspunkte?“, fügte er dann doch neugierig an.

      „Hier endet die Geschichte, aber es verfolgt mich seit dem. Mit Grauen denke ich daran.“

      Der Unbekannte, der sich Raimund nannte, drehte sich um und ging wortlos weiter. Degoth und seine Frau schauten ihm irritiert nach! Jetzt schaltete sich Chantal ein, die davor bloß Zuhörerin war. „Hast du die drei Narben am rechten Oberarm gesehen? Sahen aus als wären sie durch feine Messerschnitte entstanden“. Degoth nickte, maß aber der Sache keine besondere Bedeutung zu.

      Den Wagen Scholtyseks, der auf dem Weg nach Bergen fuhr, sahen sie bloß noch aus der Ferne. Sie nahmen währenddessen den Pfad zurück zur Kurpromenade. Unheimlich war ihnen schon, doch nun hatte Degoth sich entschieden. Sein Wort halten, war ihm immer wichtig. Was war, wenn sie beobachtet würden? Immerhin war da der Fremde, der sie ansprach. Dann gab es den dubiosen Kellner. Steckten die vielleicht doch gemeinsam unter einer Decke? Während sie durch die Seitenstraße flanierten überdachte Degoth diese Situationen erneut. Er wollte zumindest innerlich Klarheit haben, wenn in wenigen Stunden das Treffen mit dem Polizeichef stattfand. Und dazu musste er, so weit möglich, korrekte Informationen bieten. Chantal warf ständig ihre Blicke in die Schaufenster. Es war eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen. Danach fassten sie einen Besuch in der Eisdiele, unweit der Ecke neben dem Hotel Marina, ins Auge. Seine Blicke schweiften unruhig umher. Dann, siehe da, wie der Zufall es will, stand in nicht allzu weiter Ferne, der besagte Kellner. Diesmal war der Fremde vom Strand wieder dabei. Genau an der Ecke, wo es zur Landungsbrücke ging. Vielleicht hundert Meter von ihnen. Schätzte er! Auf deren linken Seite konnte er bereits die Bootsanlegeplätze erkennen.

      „Die werden doch nicht .....?“, schwirrte es ihm durch den Kopf“, das Weite suchen. Ist es vielleicht ein Fluchtweg und ihr Schnellboot liegt dort? Oder werden auf dem Wasserweg irgendwelche Transporte mit Ha..... und ....oder ...........gesteuert?“

      Plötzlich war er atemlos und musste seine Gedanken zügeln, so nah ging es ihm, den Faden weiter zu spinnen! Chantal war einige Meter

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