Der wandernde Aramäer. Karsten Decker

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Der wandernde Aramäer - Karsten Decker

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zu erwarten war, ablaufen, von welcher Seite musste man am ehesten feindliche Angriffe erwarten, und welcher Teil der alten Stadt war am nächsten, denn man wollte nicht neben einem Bordellviertel enden, oder in einer Armeleutegegend, in deren Gassen sich Räuber und anderes Gesindel herumtrieben. Dazu war zu bedenken, wie die Karawanenstraße verlief. Seine Wahl fiel auf einen der südwestlichen Bezirke. Nun galt es, den Preis auszuhandeln. Die Stadtväter konnten ohne Mühe erkennen, dass Terach vermögend war, und sie hätten wohl gern einen guten Batzen von seinen Edelsteinen, Gold, Silber, Tieren und anderen Waren für die Stadt und für sich bekommen, doch mussten sie vorsichtig und realistisch bleiben, denn sie wussten, dass Terach viele andere Orte offenstanden. Viele Städte in den nördlichen und westlichen Provinzen hatten in den letzten Jahren nach dem Ende der letzten Kleinkriege einen enormen Aufschwung erlebt, ihre Mauern vergrößert und hofften nun auf Neubürger wie Terach. Ninive, weiter östlich am Tigris, dem zweiten Strom des Zweistromlandes, war sicherer, da es mehr im Zentrum des babylonischen Reiches lag, und als Königsstadt hatte es über Jahrhunderte die Kultur gepflegt, eine gewaltige Bibliothek eingerichtet, in der die Sagen und Berichte von Jahrhunderten auf Tausenden von Tontafeln aufgezeichnet waren. Für Assur, ebenfalls am Tigris, galt ähnliches und Rezeph, etwa 70 Meilen südlich an der Euphrat Furt im Zentrum von Paddan-Aram, war auch im Aufschwung. Haraan lag im Grenzbereich zu den Hethitern, die nun zwar verbündet mit Babylon waren, und gerade daher kam ja der Aufschwung im Handel, doch barg die Lage auch gewisse Gefahren, und Charkamis auf der hethitischen Seite der Grenze, am Oberlauf des Euphrat, wetteiferte mit Haraan als neues Provinzzentrum und hatte durch den Euphrat gewisse Vorteile, denn Haraan hatte keinen schiffbaren, ja nicht einmal einen wassersicheren Fluss zu bieten. Man hatte versucht, einige Sklaven in das Lager der Karawane zu schicken, sie sollten in kleinen Gesprächen versuchen herauszufinden, wie entschlossen Terach sei, in Haraan zu siedeln, doch Terach hatte allen strikte Anweisung gegeben, mit Ausflüchten zu antworten, der Sitten des orientalischen Handels gewahr.

      Die Verhandlungen zogen sich über drei Tage und Nächte hin und schienen an den immer wieder gleichen Punkten zu scheitern: eigene Brunnen, eigenes Tor, eigene Weiden. Am dritten Abend holte Terach ein kleines, unscheinbares Ledersäckchen hervor. Die drei Vertreter der Stadt, leicht angeheitert vom südlichen Wein, der seit drei Tagen reichlich floss, starrten auf das kleine Tablett vor ihnen, als Terach den Beutel langsam und nicht ohne Schmunzeln ausschüttete.

      »Oh, ah« entfuhr es ihnen unwillkürlich, als das Licht der Fackeln in hundertfachen, grünen Fassetten gebrochen, an den Stoffwänden entlang widerschien wie die Sterne des Firmaments in einer klaren Neumondnacht im Frühsommer. Drei Smaragde, meisterhaft geschliffen, schimmerten vor ihnen.

      »Wenn wir uns nur bald einigen könnten, ich müsste mich wirklich mal vom Wein erleichtern und euch drei hier einen Augenblick allein lassen« sagte Terach mit einem gewissen Unterton.

      »Nun, mein Freund, dein letztes Angebot, wenn ich es recht bedenke, hört sich doch recht gut an für die Stadt. Für wahr, wir haben ja nur die Interessen der Stadt im Sinn, wie du verstehst, ich glaube, wir sind einig und können den Vertrag schließen«, sagte der älteste der drei, und die beiden anderen nickten eifrig.

      So war das also, dachte sich Terach. Nun, es schien, als sei Haraan keine Ausnahme, wenn es zu Amtsträgern kam. Nach dem Handschlag, stand Terach auf, und ging hinter das Zelt. Er hörte die drei Murmeln, doch zu seiner größten Überraschung lagen die drei Edelsteine noch immer auf dem Tablett, als er zurückkam.

      »Du wirst einer unserer Bürger, Terach, und wir haben drei Tage und Nächte mit dir gesessen, da sollen nicht drei kleine Steine zwischen uns stehen. Wir müssen einander vertrauen können, wenn wir gemeinsam in die Zukunft gehen. Nie würden wir deine Steine nehmen, es sei denn, du gäbst sie uns, gleichsam als kleine Anerkennung für unsere Bemühungen.« Erklärte der Wortführer mit einer freundlichen, die Arme weidenden Geste.

      Terach nahm die Funkelsteine vom Tablett, reichte jedem von den dreien einen in die Hand, und sprach: «ich bin froh von euch in dieser Weise aufgenommen zu sein, nehmt diese Steine als Zeichen meiner Dankbarkeit für eure ehrliche, aufrichtige Freundschaft, die ihr einem Fremden bietet. Ihr habt Recht, diese drei Steine sollen nicht zwischen uns stehen, sondern unsere Freundschaft befestigen.«

      Terach war zufrieden, und so auch die Stadtväter. Das Grundstück war etwa dreimal so groß wie das, das er in Ur zurückgelassen hatte, dazu Land vor den Mauern, das ausschließlich ihm zur Verfügung stand. Drei Brunnen wurden ihm erlaubt zu graben, zwei innerhalb der Mauer, einer außerhalb, um das Vieh zu tränken. Als Baumaterial dienten Balken und Bretter von Bäumen des im Norden beginnenden Hochlandes, dazu gehauene Steine, Marmor, und auch gebrannte Ziegelsteine, die aber von den Flusstälern hergebracht werden mussten. Die üblichen Lehmziegel wollte Terach nicht benutzen. Auch gab es kein Pech zum Verkleben der Steine, stattdessen benutzte man einen hellbraunen Mörtel aus Lehm, Kalksand und Wasser. Und wieder merkte Terach, wie gut es war, seine Sklaven als Knechte zu halten, die ihm treu ergeben waren und bereit, ihr Wissen aus ihrer Heimat mit ihm zu teilen. So bekamen die Mauern ägyptische Fundamente, syrische Torbögen und von den Einheimischen übernahm er die Kuppeldächer, allerdings aus gehauenen Steinen kunstvoll aufgemauert und dann mit Mörtel verputzt. Man hatte ihm von Flachdächern abgeraten, da es in der Hochebene rund um die Stadt sehr viel öfter und stärker regnete als im Südosten bei Ur.

      Ähnlich wie in Ur entschloss sich Terach das Gehöft mit einer eigenen Mauer zu umgeben, indem er die unterschiedlichen Gebäude am Rand des Grundstückes platzierte und mit kurzen Mauerstücken verband. Ein Haupttor mit Rundbogen auf der Altstadtseite diente als standesgemäßer Eingang für Gäste und die Familie, außerdem wurden in allen Richtungen kleinere rechteckige Türen angebracht, um Knechten und Mägden die täglichen Wege zu verkürzen. Für die Tiere wurde ein eigenes Tor dicht am nächsten Stadttor angelegt. Wie das Haupttor auf der gegenüberliegenden Seite, nach dem Vorbild der Tore in Terachs altem Haus, hatte es zwei schwere, dreilagige Torflügel, die mit Querbalken verrammelt werden konnten. Die Brunnen wurden jeweils dicht zu diesen beiden Toren gegraben, der eine um Trinkwasser für den Haushalt zu schöpfen, und dieser Brunnen wurde im begehbaren Bereich mit Marmorplatten ausgelegt, um eine Verschmutzung des Wassers weitestgehend zu vermeiden, während der zweite Brunnen deutlich einfacher ausgeführt wurde, da sein Wasser vorwiegend für den kleinen Garten und als Viehtränke verwandt wurde. Auch ließ Terach Zisternen unter den Unterkünften anlegen, in denen Regenwasser gesammelt wurde. Steinerne Wendeltreppen führen hinunter zu den Zisternen.

      Es dauerte drei Jahre bis die Bauarbeiten endlich an ein Ende kamen. Meschek war zu einem stattlichen jungen Mann herangewachsen, auch Abram bekam deutlich breitere Schultern, und mit Stolz strich er sich durch den ersten Flaum im Gesicht, obgleich man schon genau hinsehen musste, um ihn zu bemerken. Er hatte von Meschek viel gelernt in dieser Zeit. Terach hatte von Anfang an das Talent dieses Jungen erkannt und ihn im häusliche Bereich eingesetzt und zusammen mit Abram weiter geschult. Sarai und Hagar waren nun vier Jahre alt, plapperten unaufhörlich vor sich hin und spielten mit geschnitzten Puppen und seit neuestem auch mit dem Reifen, den Lot nun meisterte wie einst Abram. Zusammen mit den zahlreichen Kindern der Knechte und Mägde war es ein lebhaftes Bild, die Kinder mal kreischend, mal singend, hüpfend, springend und krabbelnd, spielen zu sehen.

      Mittlerweile hatte Terach mit Nahor eine feste Karawane eingerichtet, die ständig zwischen Ur und Haraan als Handelsposten hin und her pendelte. Bald schon wurde Haraan als Handelsposten auch von anderen Kaufleuten aus Ur genutzt, die sich Nahors Karawane anschlossen. Der Handel blühte und die Gewinne waren beträchtlich. Durch Kreuzung mit den Tieren, die man in Haraan erstanden hatte, hatte die Herde ganz neue Qualitäten gewonnen. Wenn sie auch keine goldenen Felle trugen, so waren Ziegen, Schafe und Rinder kräftiger und von besserer Qualität als Terach es je gesehen hatte, aber auch besser als die Tiere, die es sonst in der Stadt gab und weniger Tiere wurden tot geboren. Er war begeistert davon. Abram beobachtet dies sehr genau, und aus Neugier führte er eine kleine Liste. Bald erkannte er bestimmte Muster, welche Kreuzungen die besten Ergebnisse brachten, und bald konnte er die Fellfärbung oder Hörnergröße der nächsten Generation

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