Der wandernde Aramäer. Karsten Decker

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Der wandernde Aramäer - Karsten Decker

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Inanna-Ischtar mit dem Halbgott und König Dumuzi »Heilige Hochzeit« gefeiert. Die Göttin Ischtar, Abram war sich nicht sicher, ob es die gleiche war, die mit Dumuzi Hochzeit hatte, war es, die sich in den jungen Heldenhaften Gilgamesch verliebt haben sollte, aber abgewiesen wurde, worauf Anu, der Obergott, ihr für ihre Rache ein Himmelstier - wo doch das Wort Höllendrache viel passender gewesen wäre - gab, um Gilgamesch, und mit ihm die Stadt Uruk, zu zerstören.

      »Zurückgewiesene Liebende sind gefährlich« sagte Terach. Gilgamesch, selber teils Gott, teils Mensch, zusammen mit seinem Halbgottfreund Enkidu, einst gesandt, um Gilgamesch zu töten, kämpften nun gemeinsam gegen dieses Himmelstier und besiegten es. Doch der Zorn der Götter war nicht besänftigt. Eine Krankheit raffte Enkidu dahin, worauf Gilgamesch die Stadt verließ, um das Geheimnis des Lebens zu finden. Dazu suchte er im Reich der Toten nach seinem Urahn, dem einzigen, der die gewaltige Sintflut überlebt haben sollte. Mit seiner Hilfe fand er das Lebenskraut, doch eine Schlange stahl es von ihm, so dass ihm nur die Unsterblichkeit in Form der gewaltigen Mauer blieb.

      Nippur, ein wenig nordöstlich und seit Jahrhunderten eine Rivalin von Uruk, war die nächste große Stadt. Sie war einst die Heimat des Obergottes Ellil, der noch immer im großen Tempel verehrt wurde, obgleich Marduk, der Stadtgott Babels, ihn gemäß der offiziellen Religion längst als Obergott abgelöst hatte. Angeblich hatte Hammurabi dies verkündet, als er Babel zur Königsstadt erklärte, was Abrams Skepsis bezüglich der Vielgötterei nur noch vermehrte. Nippur hatte noch weitere beeindruckende Bauwerke, darunter ein berühmtes Inanna Heiligtum, außerdem Tempel für die Gestirnsgötter Schamasch, Sin, und Ischtar-Anunitu.

      Am meisten Eindruck aber machte Babel. Gewaltige Tempeltürme ragten bis hinauf in 180 Ellen Höhe, und Ruinenhügel vor der Stadt zeugten von anderen, längst verfallen Bauten. Hammurabi hatte seine Residenz in Babel und hatte dann die Stadt zur Königsstadt ohne gleichen ausgebaut. Der höchste Turm hieß Etemenanki, was Verbindung zwischen Himmel und Erde hieß. Man konnte ihn schon von weitem sehen, doch behaupteten die Einwohner, einst habe es einen Turm gegeben, der 10-mal höher gewesen sei und der jetzige Turm sei nur eine Miniaturausgabe des Originals.

      Einige Etappen weiter, traf die Karawane auf eine Station, in der am gleichen Tag schon vier Karawanen waren. An diesem Abend, als der dritte Monat bereits verstrichen war, fragte Abram seinen Vater, angeregt vom Kauderwelsch im Lager, wieso es eigentlich so viele Sprachen gäbe.

      »Hast du nicht immer erzählt, dass Gott am Anfang nur ein Menschenpaar geschaffen hatte? Dann müssten doch auch alle die gleiche Sprache sprechen. Ich spreche doch auch dieselbe Sprache wie Du.«

      »Wie klug du bist, Abram, aber Gott ist eben doch klüger als Du! Ich will dir eine Geschichte erzählen, lauf, hol die anderen Kinder auch her, wir werden uns hier ans Lagerfeuer setzen. Dann werde ich euch erzählen, was geschehen ist.«

      Als eine kleine Gruppe Kinder und ein paar der Erwachsenen zusammen waren, begann Terach:

      »Erinnert ihr euch, als wir vor etwa einer Woche an den gewaltigen Ruinen kurz vor Babel vorbeikamen? Das hat mit den vielen Sprachen zu tun, die uns immer wieder verwirren, wenn wir Menschen von anderen Völkern treffen.

      Gott hatte den überlebenden Menschen der großen Flut aufgetragen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde. Der Mensch ist aber ein geselliges Wesen, und so blieben die Menschen alle beieinander, anstatt sich in der Welt auszubreiten und sie zu füllen. Generationen kamen und Generationen gingen. Sie wanderten zusammen durch diese Gegend. Als sie in die Ebene Schinear bei dem heutigen Babel kamen, beschlossen sie, eine Stadt zu bauen. Sie hatten gemerkt, dass der Lehmboden am Euphratufer unter den Feuerstellen hart wie Stein wurde. So erfanden sie die Ziegel, aus denen sich nun fast alles bauen ließ. Als Mörtel nahmen sie das Pech, das es hier ja zur Fülle gibt, die schwarze Masse in den Gruben, ihr wisst schon. Sie waren begeistert, wie sich ihre Stadt entwickelte, und bald beschlossen sie, dass sie selber viel bessere Schöpfer seien als Gott, und so kam der Entschluss, einen Turm zu bauen: Einen Turm, der sie berühmt machen sollte, einen Turm, den man von überall auf der Welt sehen konnte, so dass keiner verloren gehen konnte, einen Turm bis in den Himmel, um auch diesen Bereich zu erobern.

      Voller Elan gingen sie an die Arbeit. Alles war genau bedacht und geplant. Es gab Arbeitsgruppen für die verschiedenen Aufgaben: Die einen gruben den Lehm und Ton aus, die anderen schnitten Strohhalme klein, wieder andere stampften den Lehm mit dem Stroh zusammen. Dann strichen sie Ziegeln, die in der Sonne zu Stein trockneten. Die besten Baumeister unter ihnen machten die Pläne. Und dann fingen die Maurer an, und die Zimmerleute errichteten Gerüste, zogen Zwischendecken ein und bauten Türen und Fenster. Oh, es war ein beeindruckender Turm. Höher und höher wuchs er in den Himmel.«

      »Was hat Gott gemacht?« fragte Abram. »Hat er sich das gefallen lassen?«

      »Nun lass mich doch erzählen, ich komme ja dazu. Also, wo war ich? Ach ja:

      Nun, Gott wusste natürlich längst, was vorging. Denn Gott weiß alles, was war, was ist, und auch was noch sein wird. Es amüsierte ihn in gewisser Weise, den Turmbau zu verfolgen. Das waren seine Menschen! Was sie nicht schon alles konnten. Wie erfinderisch sie doch waren. Doch, waren sie wirklich in der Lage, mit so viel Fortschritt mitzuhalten. Zu viele Veränderungen in kurzer Zeit können einem ja auch Angst machen. Nein, es war nicht gut für die Menschen, wenn dies so weiterging. Am Ende würden sie in ihrem Größenwahn noch seine ganze schöne Schöpfung zerstören. Nein, sie brauchten noch nicht alles zu wissen und nicht alles zu können. Es kommt nicht nur darauf an, die Dinge richtig zu tun, sondern viel wichtiger ist es, die richtigen Dinge zu tun. Es wird irgendwann so weit sein, dass sie den Himmel bereisen, aber nicht jetzt, dachte Gott bei sich selber. Irgendwann werden sie um die Unendlichkeit wissen, aber noch ist es besser für sie, wenn ich ihnen Grenzen setze. Sie sind ja noch wie kleine Kinder, die man an die Hand nehmen muss. Und so sprach er zu den Engeln: Lasst uns hinabsteigen, um uns diesen gewaltigen Turm überhaupt erst mal anzusehen. Denn obgleich die Menschen glaubten, sie seien dem Himmel schon ganz nahegekommen, war ihr Turm doch noch weit vom Himmel entfernt. Seht, sprach Gott, sie alle haben eine Sprache. Und was sie sich vornehmen, das können sie so auch verwirklichen. Ich denke, es ist besser, wenn sie sich nicht zu gut verstehen. Sollen doch die verschiedenen Familien ihre eigene Sprache haben. Wenn sie enge Verwandte sind, dann sollen ihre Sprachen auch verwandt sein, die anderen Sprachen aber sollen ganz anders und fremd sein. Und außer, wenn ich sie verstehen lasse, sollen nur einige in der Lage sein, die verschiedenen Sprachen zu lernen. Und so geschah es.

      Nun könnt ihr euch vorstellen, was das für ein Durcheinander war auf der Baustelle, damals am nächsten Morgen. Sagte einer: »Gib mir einen Stein«, verstand der andere: »Du dummes Schwein!« Oder: »Wer hat die Säge«, und man hörte: »Sei nicht so träge!« »Ich brauch einen Nagel!« »Morgen gibt es Hagel! « »Kürze diesen Balken! »Fang schon mal an mit Kalken!« »Hei, das ist ein gutes Fenster!« »Du siehst wohl Gespenster!« »Bringt mir noch einen Ziegel!« »Du gehörst hinter Schloss und Riegel.«

      Mittlerweile waren alle Kinder, und nicht nur sie, fürchterlich am Lachen, und immer andere sprangen auf und machten ähnliche Reime. Bis Terach schließlich die Hand hob und sprach:

      Nun, ihr könnt euch vorstellen, dass sie weder den Turm weiter bauen konnten, noch länger zusammenwohnen wollten. Ein jeder nahm seine Familie, und sie zogen los, so wie wir auf der Reise sind. Und sie zogen in die vielen verschiedenen Länder, und dort lehrten sie ihre Kinder und Kindeskinder ihre Sprachen. Und so breiteten sich die Menschen aus von einem Ende der Erde zum anderen. Und die Stadt mit dem Turm zerfiel. Bei den Leuten hieß sie nur noch Babel, weil alle von dem Gebabbel gehört hatten, als Gott dort die Sprachen verwirrte. Tja, und nun sieht man nur noch Ruinen von dem einstigen Turm.«

      »Eine wunderbare Geschichte«, rief ein Kaufmann aus Damaskus. »Doch sag mir eins, Terach, welches war die erste Sprache, die, die alle gemeinsam sprachen?«

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