Kuckucksspucke. Gloria Fröhlich

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Kuckucksspucke - Gloria Fröhlich

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betont wichtig, während er Lines staunendes und erwartungsvolles Gesicht genoss und es liebte, wenn ihre Augen an seinen Lippen hingen.

      Wenn das Wetter es zuließ, stand die Tür des Krämerladens gegenüber der Kirche offen.

      Eines Tages war Tim mit seinem Freund und einer ganz besonderen Absicht dort hineinspaziert. Und während Tim sich ausgiebig mit dem Ladenbesitzer unterhielt und so tat, als könnte er sich nicht entscheiden, ob er Brausepulver, Prickel Pitt, Kaugummi oder die Zitronenbonbons, von denen er leider immer einen wunden Gaumen bekam, kaufen sollte und deswegen beraten werden wollte, schaute sich sein Freund interessiert nach rechts und links zwischen den gut sortierten Angeboten um und strebte gezielt schlendernd dem kleinen Flur entgegen, der zu dem hinteren Ausgang führte.

      Vom Ladeninhaber unbemerkt, verschwand er dort im Dämmerlicht und stand dann vor dem großen, offenen Sauerkrautfass, in das er in aller Ruhe, wie mit Tim abgesprochen, hineinpinkelte. Verrichteter Dinge und zufrieden, wegen des gelungenen Streiches, kam er zurück zum Tresen.

      Dort sorgte Tim gerade für geringfügigen Umsatz.

      Sie schwatzten dann noch freundlich mit dem Krämer, bevor sie vergnügt den Laden verließen, ganz ohne Sorge vor Entdeckung, nicht einmal von denjenigen, die das Sauerkraut irgendwann kaufen und mit großem Appetit essen würden.

      Nach dem Geständnis von Tim, biss Line sich auf die Lippen und fragte in sein stolzes Gesicht: „Das habt ihr euch getraut?“

      Und Tim sagte: „ Na, klar!“

      Tim traute sich nicht nur viel, er gab auch gern an wie Graf Rotz.

      Eines Tages rief er alle Kinder zusammen und verkündete, dass er in genau einer Stunde etwas vorführen würde. Er machte die Sache ziemlich spannend und versprach ein Spektakel, das alles Bisherige in den Schatten stellen würde.

      Die viel versprechende Vorstellung sollte diesmal an einer Mauer stattfinden.

      Nicht an irgendeiner, sondern an dem beliebten, verschwiegenen Ort für diejenigen, die die Einsamkeit allein oder zu Zweit suchten, denn der Trampelpfad an der Mauer vorbei, führte, so weit das Auge reichte, ins Nirgendwo.

      Dort hatte Line vor einiger Zeit im langen Gras eine kleine, blaue Schachtel gefunden, aus der sie einen zusammengerollten und weiß gepuderten, transparenten, hellen Luftballon gefischt hatte. Es hatte lange gedauert, bis sie ihn aufgepustet hatte, weil ihr dabei schwindelig geworden war und sie einige Pausen machen musste. Aber er wurde riesig, bis in ihn kein einziger Atemzug mehr hineinging. So einen großen Luftballon hatte auch Lines Mutter noch nie gesehen. Vor Staunen war sie ganz blass geworden, als Line ihn umständlich durch die Tür vor sich her ins Wohnzimmer geschoben hatte. Lines Mutter hatte ihn nicht aus den Augen gelassen und gehaucht: „Woher hast du das?“

      Wieso „Das?“, „Den“, dachte Line und jubelte: „Den habe ich gefunden!“

      Und dann schien sich Lines Mutter doch etwas zu freuen, als sie Lines detaillierter Schilderung entnehmen konnte, dass er in einem weißen Puder gelegen hatte, bevor sie ihn zwischen die Lippen genommen und zu dieser enormen Größe aufgeblasen hatte.

      Aber Line konnte nicht verstehen, warum ihre Mutter plötzlich so ernst wurde und ihr verbot, mit dem Luftballon zu spielen und wenn schon das nicht, ihn doch wenigstens behalten zu dürfen, was mit Empörung ausgeschlossen wurde. Lines Mutter hatte es dann mit seiner Vernichtung sehr eilig gehabt. Sie hatte hektisch nach einer Stecknadel im Nähkasten gesucht und ihn vor Lines entsetzten Blicken und durch einen gezielten Piecks in seine dickste Stelle mit lautem Knall zerplatzen lassen und das schrumpelige Elend dann mit spitzen Fingern in die Küche getragen, in der er für immer verschwunden blieb.

      Line hatte wie ein Rohrspatz geschimpft und war wegen der daraufhin tröstenden Worte ihrer Mutter mehr als empört gewesen, hatte sie doch absichtlich für Lines Ärger gesorgt.

      Am nächsten Tag beschwerte sie sich bei Tim über diese Gemeinheit.

      Aber der hatte sich die Hände vor das Gesicht gehalten und gerufen:

      „Mensch, Line, das hast du aufgeblasen, das ist ja eklig!“

      Line sah durch ihn hindurch, als sie überlegte, wieso er auch „das“ und nicht „den“ sagte. Und Line warf ihm vor: „Das war nicht irgendein „das“ und eklig schon gar nicht, das war ein wunderschöner, riesiger Luftballon, du verstehst aber auch gar nichts, genau wie meine Mutter!“

      Vergnügt und voller Erwartung ging Line nun mit den anderen Kindern rechtzeitig zu besagter Mauer.

      Der Wind jonglierte mit den cremefarbigen Blütentellern des Holunderbusches, und die Sonne warf wackelnde Schatten auf die Mauer, an der Tim lehnte und schon auf sein Publikum wartete.

      Ganz wichtig bewegte er sich auf die Kinder zu und forderte sie auf, sich dicht nebeneinander zu stellen, denn es sollte nur eine Reihe geben, in der zweiten würde man nicht zu sehen bekommen, was so sehenswert werden würde.

      Und nun erklärte er, worum es ging.

      Mit allem hatte Line gerechnet, aber damit nicht.

      Es ging um eine Warze, und zwar um seine dicke Warze am Knie.

      Und er machte es zur Bedingung, dass noch ein letzter Blick auf sie geworfen werden sollte, und zwar aus nächster Nähe.

      Dazu hob er das Bein leicht an und hielt es dann mit gefalteten Händen in der Kniekehle in die Höhe.

      Das ist ja widerlich, dachte Line.

      Jeder wüsste doch, wie eklig eine Warze aussah.

      Doch sie hatte sich geirrt, wenn sie das glaubte, denn die Nasen der anderen Kinder berührten inzwischen ziemlich begeistert beinahe diesen ekelhaften, bleichen, blumenkohlähnlichen Auswuchs. Dann stellte Tim sich breitbeinig hin und gab zu verstehen, dass sie gleich die einmalige Gelegenheit hätten, zuzusehen, wie er in kurzer Zeit dieses eklige Ding loswerden würde. Von der Großmutter wusste Line, dass man eine Warze mit einem Zwirnfaden abband, damit keine Blutversorgung mehr stattfand. Das bewirkte, dass sie abstarb und nach wenigen Tagen abfiel.

      Bei Vollmond begrub man sie dann unter einer tropfenden Regenrinne und war sie für immer los. Es gab aber auch Frauen, mit einer besonderen Gabe, die Warzen besprachen, damit sie verschwanden. Aber beides funktionierte nur, wenn man ganz fest daran glaubte.

      Nun bat Tim seine Zuschauer um die volle Aufmerksamkeit.

      Er holte tief Luft, nahm allen Mut zusammen und rief mit starker Stimme: „Achtung, seid ihr bereit zu erleben, wie diese Warze entfernt wird, dann wendet eure Blicke nicht ab!“

      Nicht nur Line stockte der Atem und niemand gab einen Laut von sich.

      Und sie hielt sich vorsichtshalber die Augen zu, aber nur so weit, dass sie trotzdem noch freie Sicht auf Tim hatte, denn verpassen wollte sie auf keinen Fall etwas.

      Tim presste seine Lippen zu einem feinen Strich zusammen, sah noch einmal beschwörend in die gespannten Gesichter, fand mit der flachen Hand an der Mauer Halt, schwenkte dann entschlossen sein Bein erst nach rechts, dann mit Schwung nach links und schabte mit einem lauten „Ratsch“ die Kniescheibe mit der dicken Warze an der rauen Mauer entlang.

      Line bekam eine Gänsehaut bei der Vorstellung, was da geschehen war.

      Die

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