Kuckucksspucke. Gloria Fröhlich

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Kuckucksspucke - Gloria Fröhlich

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sie anständigerweise dann doch um das Leben des Schafes zu beten begann.

      Still für sich in ihrem Kopf.

      Von dem Schaf schaute nur noch der laut blökende Kopf, mit vor Todesangst geweiteten Augen, heraus. Der dicke Wollpelz hatte sich mit Wasser voll gesogen und hing so schwer an ihm, dass es nicht in der Lage war, sich aus eigener Kraft an das Ufer zu retten.

      Nun kamen die dicken Stricke und die flinken Hände der Männer zum Einsatz.

      Die hatten schon reichlich Erfahrung mit solchen Missgeschicken, banden den Strick mit groben Griffen um den wolligen Schafhals und zogen dann mit gemeinsam kräftig gebrülltem: „Hau ruck, hau ruck“ an dem Strick, bis das Schaf einen Schwanenhals bekam und nur noch das Weiße seiner Augen zu sehen war, das ziemliches Entsetzen kundtat.

      Schlammverschmiert vom satten Marschboden, wurde es am Ufer nach oben auf die Weide geschleift. Seine staksigen Vorderbeine bohrten vorher noch tiefe Löcher in den Uferschlamm, während seine Hinterbeine heftig das braune Grabenwasser aufwirbelten, so dass es schäumte.

      Und dabei schrie das Schaf ganz erbärmlich und empört.

      Häufig dauerte es ziemlich lange, bis das völlig erschöpfte Tier endlich wieder auf allen Vieren auf der Weide stand und schwer atmend um Fassung rang, während das Wasser aus seinem dichten Fell unter ihm zu einer großen, blanken Pfütze zusammenlief.

      Solch schwerwiegende Erlebnisse hatten aber ab und zu auch Pferde und Kühe.

      Dann war meistens sogar die Hilfe der Feuerwehr nötig.

      Line sollte seit der Geschichte mit der Ofenkrone nicht mehr allein zuhause bleiben. Sie musste mit, auch wenn ihre Mutter nur kurz mit dem Fahrrad zum Einkaufen fuhr. Dann saß sie auf dem Gepäckträger und hielt ihre Beine weit weg von dem bunten Fahrradnetz, das die obere Hälfte des Hinterrades auf beiden Seiten verkleidete und verhinderte, dass etwas in die Speichen geriet. Und während ihre Mutter kräftig in die Pedale trat, hörte Line unter sich das angenehme Prasseln der Gummireifen auf den dunkelblauen Basaltsteinen der Landstraße. Und auf so einer Fahrt ins Dorf, erfuhr sie, was mit einem Strick auch noch gemacht werden konnte, und zwar aus dem bebenden Mund einer Frau, die ihnen entgegengekommen und dann von ihrem Fahrrad gestiegen war, nachdem sie freundlich gegrüßt und Lines Mutter dadurch aufgefordert hatte, auch stehen zu bleiben. Dann hatte sie neben den Fahrrädern so leise gesprochen, dass Line sich sehr anstrengen musste, um überhaupt etwas zu verstehen.

      In dem Bauernhaus mit zwei Stallungen und dem tief heruntergezogenen Reetdach, das über und über mit dicken, dunkelgrünen Mooskissen bewachsen war, und das an der Landstraße lag, die ins Moor führte, war etwas geschehen, das es der Frau die Mundwinkel unaufhaltsam nach unten zog.

      Line wusste sofort, von welchem Bauernhaus sie sprach.

      Auf einer Seite des Hauses floss ein breiter Graben, gehalten von einem üppigen Binsenufer. Dort stand halb über dem Graben der „Abtritt“.

      Eine windige Bretterbude, dem eine alte Wolldecke die Tür ersetzte, hinter der die kleinen und großen Geschäfte der Bauersleute direkt ins Grabenwasser liefen, tropften und plumpsten.

      Einen Meter weiter schöpfte die Bäuerin täglich das Trinkwasser.

      Über dieser Idylle lag immer auch ein Hauch von sonderbarer Stille, mehr noch und so ganz anders als ringsherum.

      Es gab dort einen riesigen, bisswütigen Ganter, der sich an Kinderbeinen ausgetobt, für alle Zeit gehörigen Respekt verschafft hatte und einige dicke, braune, ewig scharrende und pickende Hühner.

      Außer dem Federvieh hatte Line dort nur hin und wieder mal den alten Bauer und zwei Frauen gesehen. Eine hatte graues, zu einem kleinen, festen Dutt gebundenes Haar, die andere eine aufwendig braune geflochtene Haarkrone und war die schon erwachsene Tochter.

      Bisher war es Line jedoch versagt geblieben, auch mal die alte Jungfer zu Gesicht zu bekommen, von der der Briefträger mal gesagt hatte: „Die alte Jungfer da, die ist ganz ordentlich, ich weiß nicht, warum die keiner nimmt“.

      Und dabei hatten seine Augen kurz das kleine Bauernhaus gestreift.

      Line wusste von Tim, dass der Bauer im Sommer manchmal mit einem Blutegel im Nacken herumlief. „Das ist wie Aderlass, vielleicht ist er krank“, hatte Frau Mu gesagt, als Line ihr davon erzählte und sich schüttelte, weil sie Blutegel so eklig fand und sich Aderlass widerlich blutig anhörte. An kühlen Sommertagen sprangen die großen Jungen zunächst in einen der Gräben, bevor sie im kalten Fleet badeten. In den Gräben war das Wasser zwar angenehm warm, aber dort lauerte eine Menge hungriger Blutegel, die sofort ihre Saugnäpfe benutzten und fest an den nackten Körpern der Jungen klebten, um Blut zu saugen. Sie sahen den schwarzen Nacktschnecken ähnlich, die umherzogen und silberne Schleimspuren hinterließen.

      Die Jungen verließen dann fluchtartig den Graben, rissen sich in aller Eile gegenseitig die Blutegel von den Leibern und sprangen gehetzt kopfüber ins Fleet, um sich die blutigen Rinnsale von ihrer Haut zu waschen. Das geschah dann mit kämpferischem Gebrüll und einer enormen Wichtigtuerei, wegen des Mutes, sich nicht vor den Blutegeln zu fürchten.

      Line verstand nicht, warum die Jungen erst zu feige waren, im kalten Fleetwasser zu baden, was sie nicht so schlimm fand, wie den Umweg über die Blutegel, um dann sowieso ins kalte Fleet zu springen.

      Sie rutschte jetzt gelangweilt auf dem Gepäckträger hin und her.

      Die harten Verstrebungen drückten sich mehr und mehr in ihre mageren Oberschenkel.

      Dadurch, dass sie sich anders hinsetzte, wurde der Schmerz gelindert und dann sofort unwichtig, als sie hörte:

      „Er hat sie gefunden. Sie baumelte an einem Strick am Balken auf dem Heuboden“.

      Line schaute neugierig nach oben in das Gesicht ihrer Mutter und erkannte darin großes Unbehagen. Dann sah sie das zitternde Kinn der anderen Frau, die jetzt heftig nickte und dabei die Lippen fest zusammenpresste, so als wollte sie einen Schrei verhindern.

      Dann öffnete sie den Mund und flüsterte:

      „So jung war sie ja nicht mehr, aber dafür nun doch noch zu jung“.

      „Warum hat sie das getan, gab es einen bekannten Grund?“

      Lines Mutter klang außerordentlich mitfühlend.

      Die Frau hob und senkte die Schultern und flüsterte: „Sie hat es ja schon einmal versucht, und ist ins Wasser gegangen, aber es war nicht tief genug“, bekam sie zur Antwort.

      Das mit dem Wasser fand Line blöd, natürlich kann man dann nicht schwimmen, aber das mit dem Balken fand sie eine ziemlich gute Idee, um Spaß zu haben.

      Die war bestimmt mit viel Schwung richtig weit über den Heuboden gebaumelt, und dass das doch einen Heidenspaß gemacht haben musste.

      Und sie verstand nicht, warum sie dafür doch noch zu jung war, wo sie doch angeblich nicht mehr so jung war.

      „Der Alte kam völlig aufgelöst zu uns rüber.

      Mein Mann ist dann mitgegangen und hat sie abgeschnitten.

      Es muss schrecklich gewesen sein.

      Seitdem trinkt er einen Apfelkorn nach dem anderen, um wieder zu sich

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