Kuckucksspucke. Gloria Fröhlich

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Kuckucksspucke - Gloria Fröhlich

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dann erfuhr sie zum ersten Mal in ihrem Leben etwas von Eierstöcken.

      Beates nahe Angehörige wühlte weiter in den kalten Eingeweiden der toten Beate.

      „Nichts“.

      Aber vielleicht steckt er noch im Schlund“, hoffte sie und schob sogleich ihre Faust mit ausgestrecktem Zeigefinger und ohne großes Feingefühl durch den breiten Hautschlitz bis hinter das feste Brustbein und dann ganz nach oben in Beate, so dass der kopflose Hals sich ein letztes Mal krümmte.

      Und dann - mit einem kleinen, spitzen Schrei, hielt sie zwischen Daumen und Zeigefinger etwas in die Höhe, von dem sie behauptete: „Das ist er“.

      Mit einem müden Lächeln streifte sie noch einmal die tote Beate, ihre Beate.

      Und mit einem Seufzer flehte sie: „Esst sie bitte mit Bedacht, ich kann das nicht, der hier reicht mir“.

      Dabei schaute sie auf ihre Faust mit dem begehrten Inhalt, drehte sich rasch um und erreichte mit eiligen, federnden Schritten die Tür.

      Line folgte ihr in der Hoffnung, wenigstens einen kurzen Blick auf eine wirklich echte Perle werfen zu können. Doch dazu sollte es nicht kommen, denn die Perlenfrau saß blitzschnell auf ihrem Fahrrad und fuhr davon. Der Rock ihres bunten Sommerkleides flatterte im Wind, als Line ihr enttäuscht hinterher sah.

      So war dann Lines Phantasie weiterhin gefordert, da Perlenbeschreibungen nicht zum dörflichen Geschwätz gehörten, so wie Vieles, was Lines Sicht auf das Leben und ihre subjektiven Eindrücke oftmals beinahe wöchentlich ins Wanken brachten oder sogar rigoros veränderten.

      So auch nach wenigen Tagen, als sie, nicht einmal besonders überrascht, im duftenden Bäckerladen neben ihrer Mutter begreifen sollte, dass Ome, dessen Verschwinden im gurgelndem Fleet von ihr erfolgreich verdrängt worden war, überhaupt nicht ertrunken war.

      Und es war Line sogar ziemlich egal, dass Ome weiterhin quicklebendig herumspazierte. Sie hörte jetzt beinahe gelangweilt einen lebhaften Dialog zwischen der Bäckersfrau und einer Frau mit an, die sich nach langem Hin und Her endlich für ein „Angeschobenes“ entschieden hatte. Sie waren sich schnell und mit einem tiefen Atemzug auch darin einig, dass ein Unglück selten allein kommt. Line hörte dann aber doch noch genauer hin, was mit Ome wirklich passiert war.

      Der große Junge von der Schmiede, der den Auftrag hatte, im Verrücktenheim etwas abzuliefern, hatte sich über das auf einige Quadratmeter begrenzte, heftig bewegte Wasser im Fleet gewundert und dann Ome entdeckt, der mit sämtlichen Extremitäten wie wild zappelnd, um sein Leben gekämpft hatte. Nicht nur einmal hatte er ihn nach Luft schnappen und immer wieder auftauchen und versinken sehen, war dann beherzt ins Fleet gesprungen und hatte Ome mit großer Kraftanstrengung ans Ufer und auf den Sommerweg gezogen. Dort hatte der Gerettete sich durch verzweifeltes Hin- und Herwälzen am nassen Körper mit dem weichen Sand dick paniert, wobei ihm hustend reichlich Wasser aus dem Mund gesprudelt war. Aber er lebte, war jedoch völlig erschöpft liegen geblieben und dann von seinem Retter und einigen herbeigeeilten Helfern wie ein nasser Sack ins Verrücktenheim geschleppt und auf sein Bett gehievt worden.

      Ome war kräftig und hatte sich schnell von den Strapazen seines Überlebenskampfes erholt. Der Lebensretter wurde weit über die Grenzen des Dorfes hinaus bekannt und dermaßen übertrieben bejubelt, dass es Tille, einer Pubertierenden in schwieriger Phase, unsagbar auf die Nerven gegangen war.

      Es hatte sie gedrängt da rigoros einzugreifen und dem Ganzen schnell ein Ende zu setzen. Sie war so neidisch auf seinen Ruhm und hatte selbst nach derartiger Beachtung gelechzt, dass sie ihre Phantasien mobilisierte und dann eine Idee hatte.

      So verlor Tille keine Zeit und setzte diese schon einen Tag später und bei herrlichem Sonnenschein, in die Tat um.

      Sie lockte einen jüngeren, dicken, unbeliebten Nichtschwimmer unter einem Vorwand ganz nah an das Fleetufer, versetzte ihm mit der flachen Hand auf den Rücken einen kräftigen Schlag, der ihm den Atem und das Gleichgewicht nahm, und ihn stumm vor Entsetzen und ohne große Umstände Hals über Kopf in die Fluten stürzen und wie einen Stein untergehen ließ.

      Nach dieser von Tille gut durchdachten und perfekt ausgeführten Vorbereitung für die eigentliche Aktion, wollte sie nun wie wild beginnen, den wieder Aufgetauchten zu retten.

      Unvorhergesehenerweise wurde das jedoch mehr als beschwerlich, denn der wehrte die helfenden und nun dringend erforderlichen, rettenden Zugriffe ganz energisch und prustend ab, weil er nicht zu Unrecht annehmen musste, dass seine Angreiferin ihm weiterhin nach dem Leben trachtete, und er sich vor ihr mit verzweifelter Abwehr und planschender Schnelligkeit in Sicherheit bringen musste, um das zu verhindern.

      Tille hatte inzwischen Panik, dass ihre Rettung misslingen könnte, was nun auch nach den glucksenden Geräuschen außer Sichtweite im dichten Schilf zu urteilen, zur schrecklichen Wahrheit zu werden schien.

      Aus Leibeskräften schrie sie um Hilfe und büßte damit die Möglichkeit ein, eine Lebensretterin zu werden und zu geplantem Ruhm und gewollter Ehre zu gelangen.

      Zu ihrem Ärger war der, der ihr das gründlich vermasselte, ausgerechnet derselbe Junge, der schon Ome aus dem Fleet gerettet hatte, und der nun auch ihr „Opfer“ packte und aus dem Wasser zog.

      Und zu ihrer Schande schrie der Gerettete empört und röchelnd: „Die hat mich absichtlich ins Fleet geschmissen, die blöde Ziege!“

      Und während sich der Ruhm des nun zweifachen Lebensretters festigte, wurde Tille kreidebleich und versuchte, sich durch einen Schreikrampf der Verantwortung zu entziehen, was eine schallende Ohrfeige eines der herbeigeeilten Erwachsenen im Keim erstickte.

      Tille litt während der folgenden Tage und Wochen aufgrund der Niedertracht, die sie sich geleistet hatte, und nun auch wegen ihrer schon lange negativ aufgefallenen Kleidung, ihrer wüsten Frisur, und wie sie sich sonst noch schrecklich aufführte, unter dem üblen Gerede und der nun legitim gewordenen Verachtung nicht nur der Kinder und Lehrer, sondern so ziemlich aller Dorfbewohner, Höllenqualen.

      Ihre sorgsam überlegte Konsequenz war, sich eine Weile, so gut es ihr mit fadenscheinigen Ausreden gelang, aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen, bis Gras über die Sache gewachsen sein würde, wusste die Bäckersfrau von Tilles Stiefvater, der sich für Tille überhaupt nicht schämte, was auf Unverständnis stieß und mit heftigem Kopfschütteln zusätzlich unterstrichen wurde.

      Von Omes Rettung und Tilles Drang zum Ruhm, hatte Line bisher nichts mitbekommen.

      Kein Wunder, sie konnte ja nicht überall zur selben Zeit sein.

      Es hatte sie während der vergangenen Tage auch ein seltsames Gefühl hinter dem Brustbein wegen Omes Sturz ins Wasser davon abgehalten, mehr als nötig an ihn zu denken, geschweige denn zur Brücke zu gehen und sich vorzustellen, wie sich der schlammige Grund des Fleetes langsam über ihn legte und er von den grauenvollen Wollhandkrabben bekrabbelt wurde.

      In diese Gedanken verloren, verließ sie nun an der Hand ihrer Mutter den Bäckerladen, schaute hinauf zu der dicken weißen Wolke, der sich zwei dunkelgraue Wolkentupfen zögernd näherten und dann in immer gleichem Abstand in Unbeweglichkeit verharrten.

      Da oben regt sich kein Lüftchen, dachte Line.

      3. Kapitel

      Line traf Ome nie wieder in der Nähe des Fleetes und sah ihn auch sonst nur

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