Die Pferdelords 11 - Die Schmieden von Rumak. Michael Schenk
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Pferdelords 11 - Die Schmieden von Rumak - Michael Schenk страница 4
Hemrenus schwang die Beine von der Bettstatt und erhob sich gähnend. Es erforderte ein wenig Mühe, sich zu erheben, denn das nächtliche Ruhelager wies inzwischen eine deutliche Mulde auf. Es bestand aus einem hölzernen Rahmen, in den zahlreiche Löcher gebohrt waren. Durch diese verlief eine Leine, die ein Gitter bildete, auf dem die Polster aufgelegt wurden. Um eine gute Bettstatt zu errichten, wurde die Leine normalerweise vorher mit Gewichten behangen, damit sie sich schon vor dem Verschnüren dehnte. Hemrenus hatte sich diese Arbeit erspart, und so gab die Leine in den vielen Nächten allmählich nach. Eigentlich müsste er die Bettstatt neu schnüren, doch im Grunde empfand er die Mulde als sehr bequem und gemütlich. Vor allem im Winter, wenn es draußen kalt war.
Hemrenus reckte sich, gähnte und kratzte sich dann ausgiebig, bevor er zu der Kommode mit der Waschschüssel schlurfte. Er hatte in seinem Unterzeug geschlafen. Eine Angewohnheit aus dem Winter, wo es durchaus praktisch gewesen war. Auch jetzt empfand er dies als nützlich, denn es ersparte ihm am Morgen das umständliche Verschnüren der Beinlinge mit dem langen Hemd. Er schnüffelte kurz an seiner Tunika, zuckte die Schultern und streifte sie dann über. Für die Arbeit mit dem Hornvieh brauchte er keine saubere anzuziehen. Ein paar Stunden auf den Weiden, und sie wäre ohnehin verschmutzt.
Hemrenus war nicht immer Hornviehzüchter gewesen. Er war dem Ruf des Königs gefolgt, oder vielmehr dem der goldenen Schüsselchen, die der König jenen zahlte, die von der Stadt hinaus aufs Land zogen. Die Städte und ihre Bevölkerung wuchsen, und dies galt auch für den Bedarf an Nahrungsmitteln, vor allem an Fleisch. Letzteres wurde gesalzen, gewürzt und dann getrocknet, um in den Vorratsspeichern des Reiches für Notzeiten gelagert zu werden.
Eine Hornviehzucht einzurichten, war im Grunde recht einfach und erforderte nicht viele Mittel. In den weiten Ebenen der Provinzen gab es viele kleine Herden von wildem Hornvieh, und früher hatte man sie gejagt, um das Fleisch und die Häute in die Städte zu schaffen. Es war nicht schwer, eine Reihe von Wildvieh einzufangen und mit ihnen eine Zucht zu beginnen. Viel schwieriger war es, die störrischen Horntiere am Weglaufen zu hindern. So hatten die Züchter begonnen, ihre Weiden mit Zäunen zu umgeben. Stabilen Zäunen, damit die brünstigen Bullen sie nicht einfach niederrissen. Die Züchter und deren Gehilfen waren oft genug mit der Ausbesserung der Absperrungen beschäftigt. Aber es lohnte sich. Das eingefangene Hornvieh vermehrte sich, bekamen zusätzlich Getreide zu dem üblichen Futter aus Gras und Kräutern und nahmen an Größe und Gewicht zu. Der Verkauf von Schlachtvieh an die Händler brachte guten Gewinn, und Hemrenus hatte es in den vergangenen Jahren zu ein wenig Wohlstand gebracht. Sein Beutel war gut mit goldenen Schüsselchen gefüllt, was auch daran lag, dass er sie nicht leichtfertig ausgab. Und vor allem wohl daran, wie er überzeugt war, dass er kein Weib hatte, das die Schüsselchen für nutzlosen Tand, wie bunte Fenstertücher, verschleuderte.
Aber ein Weib bot auch seine Vorzüge, wie Hemrenus durchaus eingestand. Irgendwann würde er in einem der umliegenden Dörfer Ausschau halten, aber das hatte Zeit und eilte nicht. Zudem würde es nicht leicht werden, eine Frau für seinen Hornviehhof zu finden. Auch wenn er und seine beiden Gehilfen sich um das Hornvieh kümmerten und es versorgten, so gab es im Haus und den beiden anderen Gebäuden doch stets reichlich zu tun. Nun, vieles davon war nicht ganz so dringlich. Aber es musste ein Weib sein, welches keine Arbeit scheute und welches damit zufrieden war, dass er nicht gerade das Aussehen eines Gardekavalleristen hatte. Er war groß und hager, und seine Nase und die Ohren galten als recht ausgeprägt. Was, Hemrenus’ fester Überzeugung nach, auch Vorteile mit sich brachte, denn sein Gehör und sein Geruchssinn waren ausgezeichnet.
Er schlang ein hastiges Frühstück hinunter, stopfte etwas Brot, Trockenfrüchte und Käse in seinen Brotbeutel und trat dann vor das Haus. Am Ziehbrunnen vorbei sah er die kleine Hütte, die seinen Gehilfen als Unterkunft diente. Seit dem vorletzten Winter stand dort ein Metallofen, da seine Männer über die Kälte geklagt hatten. Es fiel Hemrenus nicht leicht, Gehilfen zu finden, und so tätigte er die Anschaffung, obwohl er sich sagte, dass seine Leute genug goldene Schüsselchen erhielten, um sich ausreichend warme Bekleidung leisten zu können. Einer der Männer bereitete ihm ein wenig Sorgen. Der Mann schien mit einer Frau aus dem nahen Dorf anzubandeln, und dies konnte für Hemrenus Probleme bedeuten. Entweder zog der Mann ins Dorf und ihm ging ein Gehilfe verloren, oder die Frau wollte auf den Hof ziehen, und dann musste eine größere Hütte gebaut werden. Schließlich hatte ein Paar Anspruch auf ein eigenes Heim. Diese Vorstellung ließ Hemrenus abgrundtief seufzen, denn dann würde er noch einen zweiten Ofen beschaffen müssen.
Er blickte über den kleinen Hof, um sich zu vergewissern, dass alles seine Ordnung hatte. Neben seinem bescheidenen Wohnhaus, und der noch bescheideneren Unterkunft seiner Gehilfen, bestand die Anlage aus der großen Vorratsscheune, einem Lagerschuppen und dem Ziehbrunnen. Alles war vor wenigen Jahren hastig erbaut worden, denn Hemrenus war erst im Spätherbst in die Ostprovinz gekommen, und der Winter hatte damals kurz bevor gestanden. Die Dorfbewohner hatten ihm bereitwillig geholfen, denn die Menschen in den Provinzen wussten, dass sie aufeinander angewiesen waren. Damals riet man Hemrenus, sich mehr Zeit zu nehmen und das frisch geschlagene Holz zu schälen und eine Weile zu lagern, doch er hatte nicht auf den gut gemeinten Rat gehört. Inzwischen musste er akzeptieren, dass dies ein Fehler gewesen war. Die verarbeiteten Balken und Bohlen trockneten und verzogen sich dabei. In den Wänden der Gebäude waren Fugen entstanden, durch die der kalte Wind des Winters eingedrungen war. Die Ritzen wurden provisorisch mit Moos und Erde gestopft, aber Hemrenus wusste, dass dies nur ein Behelf war. Vor dem kommenden Winter war manche Ausbesserung erforderlich.
Die beiden Gehilfen, zwei Brüder, die wie Hemrenus dem Aufruf des Königs gefolgt waren, standen unter dem Vordach ihrer Unterkunft und sahen ihm entgegen. Ursprünglich waren es drei Helfer gewesen, doch einer von ihnen hatte zu einem Getreidefarmer gewechselt, bei dem er bessere Bedingungen vorgefunden hatte. Hemrenus empfand das Verhalten des Mannes als undankbar, hatte den beiden anderen aber vorsichtshalber den Lohn ein wenig erhöht. Sie schienen zufrieden und arbeiteten gut. Wenn nur der eine nicht derart diesem Weib hinterhersteigen würde …
„Wir haben den Käfer“, sagte einer der Brüder anstelle eines Morgengrußes. Er deutete auf einen Stützpfosten des Daches und klopfte leicht dagegen. „Das Holz ist voll davon.“
„Den Käfer?“ Hemrenus´ Gesichtsausdruck verfinsterte sich. „Bei den Finsteren Abgründen, das fehlte uns noch. Wirklich der Käfer?“
„Wie ich es sage“, bestätigte der Gehilfe. Erneut klopfte er gegen das Holz. „Man hätte das Holz von der Rinde befreien sollen, bevor man es verbaute, dann wäre der Käfer nicht hineingegangen.“
Hemrenus überhörte den leichten Vorwurf, der mit den Worten anklang, und trat dicht an den Pfosten. Die Rinde war rissig und hatte sich stellenweise gelöst. Er zupfte ein Stück davon ab und fand die Worte des Mannes bestätigt. Die Löcher und Fressgänge der Holzkäfer waren nicht zu übersehen. „Verdammt.“
„Spätestens zum Herbst wird die Hütte zusammenfallen“, stellte der andere Gehilfe schonungslos fest. „Und das gilt wohl auch für die anderen Gebäude.“ Er wippte leicht auf den Fersen. „Sind ja alle aus dem gleichen Holz und alle nicht geschält worden.“
Hemrenus erblasste ein wenig. Der Gehilfe hatte recht. Er hätte wirklich auf den Rat der Dorfbewohner hören sollen. Wenn er Pech hatte, waren tatsächlich alle Gebäude