Die Pferdelords 11 - Die Schmieden von Rumak. Michael Schenk
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„Was meint Ihr, Hauptmann, handelt es sich tatsächlich um einen Fluch oder einen mächtigen Zauber?“
Der Offizier zuckte hilflos mit den gepanzerten Schultern. „Wer sollte ein Interesse daran habe, einen einfachen Hornviehhof mit Feuer zu bewerfen? Nein, Unterführer, ich vermag nicht zu sagen, welche Bedeutung dies hat. Aber ich werde das Ereignis nach unserer Rückkehr an den König in Alneris und Kommandant ta Enderos melden. Was auch immer der Ursprung des Himmelsfeuers sein mag, ich weiß nicht, was es bezweckt und wie man sich dagegen schützen kann.“
Sie waren Soldaten der Gardekavallerie des Reiches Alnoa und hatte an der Schlacht um die Festung Nerianet teilgenommen. Sie fürchteten keinen Feind, dem sie mit der Klinge begegnen konnten, doch nun betrachteten sie den Himmel mit zunehmender Sorge.
Kapitel 4
Das Land des Pferdevolkes bestand, wie auch das Reich von Alnoa, aus weiten Ebenen und Waldgebieten. Ein fruchtbares Land, in dem es reichlich Nahrung und Lebensraum gab. Im Norden, Osten und Westen ragten mächtige Gebirge auf, welche die Grenzen schützten und nur an wenigen Stellen passierbar waren. Der Süden öffnete sich zum Reich Alnoa, mit dem man in Waffenbruderschaft stand. Das Land war in Marken unterteilt, die von ihren jeweiligen Pferdefürsten regiert wurden, aber dem König in Enderonas verpflichtet waren.
Die Hochmark des Pferdevolkes war eine Besonderheit, denn sie lag inmitten des mächtigen Gebirgszuges des Noren-Brak und bestand aus einer Reihe von Tälern, die sich zur Zucht von Schafen und Hornvieh eigneten, obwohl der Bewuchs in den Seitentälern oft nur spärlich war. Doch dort, wo sich der Quellweiler erhob, entsprang der Fluss Eten, und entlang seines Wasserlaufes erblühte die Mark. Im Tal von Eternas, wo sich die gleichnamige Stadt und die Festung erhoben, hatte der Eten bereits das Ausmaß eines kleinen Flusses angenommen. Von hier strömte er, teilweise unterirdisch, immer weiter nach Norden, wo er schließlich ins Meer mündete. Auf seinem Weg lagen zwei der unterirdischen Kristallstädte des Zwergenvolkes, die Öde des untergegangenen Reiches von Rushaan und das tropische Land von Julinaash, dessen heiße Quellen das Überleben inmitten ewigen Eises ermöglichten.
Seit einigen Jahren lenkte ein Mann die Geschicke der Hochmark, der sich schon oft im Kampf bewährt hatte und dem, zumindest gelegentlich, der Griff zum Schwert weit lieber war als der zur Feder. Die Führung einer Mark erforderte bei Weitem nicht nur, ihre Kämpfer in die Schlacht zu führen, sondern bestand vielmehr in der Kunst, über das Wohl ihrer Bewohner zu wachen und es zu bewahren. Die Versorgung der Bevölkerung musste gewährleistet sein, das gesundheitliche Wohl beachtet und der Handel gelenkt werden, der den Wohlstand brachte. Eine Aufgabe, bei der es zwischen den Interessen vieler Gruppen abzuwägen galt und bei der ein Pferdefürst Fingerspitzengefühl aufweisen musste. Aufgaben, die zudem mit viel Schreibarbeit verbunden waren. Obwohl Nedeam zu jenen gehörte, die sich darauf verstanden, die Zeichen der Schrift zu setzen und auch zu deuten, gehörte der Umgang mit Feder und Schreibflüssigkeit nicht zu jenen Dingen, die er besonders schätzte.
Nedeam war als Sohn eines Schafzüchters aufgewachsen und hatte das einfache und raue Leben jener Menschen kennengelernt, die das Rückgrat des Pferdevolkes bildeten. Sein Vater war ein Pferdelord gewesen und hatte den grünen Umhang der Kämpfer in Ehren gehalten. Das Pferdevolk unterhielt kein stehendes Heer, wie dies im Reich von Alnoa üblich war. Zwar standen bei den jeweiligen Pferdefürsten einige Beritte von gut ausgebildeten und ausgerüsteten Kämpfern bereit, die sogenannten Schwertmänner, doch ihre Zahl reichte nicht aus, große Schlachten zu schlagen. Die Aufgabe dieser Kämpfer bestand darin, die Grenzen und Marken zu bestreifen, Schutz vor Raubgesindel und gefährlichen Tieren zu gewähren, und die Grenzfesten zu bemannen. Die wahre Kampfkraft des Pferdevolkes basierte hingegen auf seinen freiwilligen Kriegern. Bestand Gefahr, so gab der Pferdefürst die Losung, und die dem Eid verpflichteten Männer der Gehöfte, Weiler und Städte legten den grünen Umhang der Pferdelords an. Sie nahmen Rundschild und Waffe, um sich unter dem Banner ihres Oberherrn zu sammeln. Die Pferdelords waren Freiwillige, und keiner von ihnen nahm es einem Mann übel, wenn er den grünen Umhang nicht tragen und den Eid der Pferdelords nicht ablegen wollte. Sie wussten genau, dass sie ihr Heim verließen, wenn sie in die Schlacht ritten, und dass die Zurückbleibenden, ob Mann oder Frau, dieses verteidigen mussten, wenn der Feind in die Marken vordrang.
Nedeam stieß schon als Knabe zu den Pferdelords. In weit jüngeren Jahren als sonst üblich. Damals waren die Kämpfer ausgerückt, um nach dem Feind zu suchen, nicht ahnend, dass er längst die Hochmark bestreifte. Nedeam war den Reitern des damaligen Pferdefürsten gefolgt, um diese zu warnen und Hilfe für die Mark zu holen. Das war selbst für einen Knaben des Pferdevolkes eine sehr tapfere Tat gewesen, und zum Dank hatte er den Eid der Pferdelords ablegen dürfen. Seine Fähigkeit und sein Glück im Kampf führten im Verlauf der Jahre dazu, dass er zum Ersten Schwertmann, dem Führer der ständigen Wache des Pferdefürsten, aufstieg. So verließ er das Gehöft und wurde Berufssoldat, eine Entscheidung, die er nie bereute. Er hatte die Pferdelords schon oft unter Garodems Banner in den Kampf geführt, und als ein Nachfolger für Garodem und dessen Gemahlin Larwyn gefunden werden musste, war die einstimmige Wahl auf Nedeam gefallen.
Nedeam, Pferdefürst der Hochmark des Pferdevolkes.
Ein Rang, den er sich nie erträumt und ebenso wenig gewünscht hatte, denn er wusste, wie schwer die Verantwortung für das Wohl einer Mark auf den Schultern ihrer Pferdefürsten lastete.
Er war ein schlanker und nicht sonderlich hochgewachsener Mann, mit dem typischen blonden Haar des Pferdevolkes und blauen Augen, die schon zu viel Grausamkeit und Blut gesehen hatten. Eigentlich war er vierundvierzig Jahre alt, doch wer ihn zum ersten Mal erblickte, hätte ihn auf höchstens Mitte der Zwanzig geschätzt. Auf merkwürdige Weise traf beides zu. Als Nedeam vor vielen Jahren gegen einen bösartigen Grauen Magier des Schwarzen Lords gekämpft und diesen bezwungen hatte, übertrug die Kreatur im Tode unabsichtlich einen Teil ihrer Fähigkeiten auf den Pferdelord. Fähigkeiten, die Fluch und Segen zugleich sein mochten. Nedeams Wunden heilten schneller als gewöhnlich und hinterließen keine Narben, und er verfügte über die Gabe der Aura. Sie ermöglichte es, die Empfindungen anderer Wesen zu erkennen und zu deuten, ob diese feindlich oder freundlich gesonnen waren. Ein Grauer Magier konnte diese Fähigkeit bewusst einsetzen, für Nedeam hingegen war es nicht möglich, sie zu kontrollieren. Manches Mal hatte die Aura ihn vor einer drohenden Gefahr gewarnt, doch ebenso oft ließ sie ihn im Stich.
Überaus willkommen war dem Pferdefürsten hingegen, dass die Teilverschmelzung mit der sterbenden Kreatur auch ein wenig von ihrer Langlebigkeit auf ihn übertragen hatte. Eine Langlebigkeit, die Nedeam wesentlich langsamer altern ließ, und die entscheidend dazu beigetragen hatte, dass er seine geliebte Elfin Llaranya heiraten konnte. Obwohl sie ihn von Herzen liebte, war sie davor zurückgeschreckt, sich mit einem Sterblichen zu verbinden, denn ein unsterbliches Wesen scheute es, dem Verwelken eines geliebten Menschen hilflos zusehen zu müssen. So hatte die grausame Kreatur auch Gutes bewirkt, und Nedeam und Llaranya waren glücklich miteinander.
Llaranya war eine Elfin vom Hause Deshay, des Urbaums aller Elfen, und im Gegensatz zu dem sonst bei Elfen üblichen weißblonden Haar, zeigte das ihre sich in seidig schimmerndem Schwarz. Ihre Schönheit war von jenem Ebenmaß, das der Art ihres Volkes entsprach, und sie war gleichermaßen eine liebende Frau, wie auch eine überaus fähige Kriegerin.
Nedeam und Llaranya hatten an diesem Tag über Belange der Stadt Eternas gesprochen. Nun standen sie auf der Plattform des mächtigen Signalturms der Festung von Eternas und blickten über das weite Tal hinweg. Der Schwertmann der Wache und der Signalposten hatten die vertrauliche Geste bemerkt, mit der sich das Paar an den Händen hielt, und sich diskret zurückgezogen. Die rauen Kämpfer der Hochmark hatten die beiden ins Herz geschlossen und wussten, wie selten die Momente des Glücks waren, die ihnen die Sorge um die Hochmark ließ.