Der Verachtete. Marieke Hinterding

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Der Verachtete - Marieke Hinterding

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sich finden, überlegte er; man sollte ja optimistisch denken.-

      Zwei Wochen später hatte Udo 40 Bewerbungen geschrieben und in Briefumschläge gesteckt. Die Firmen hatte er sich aus dem Telefonbuch gesucht und je nach Branche hatte er sich mal als Bäcker und Konditor, mal als LKW Fahrer und sogar als Steuerfachgehilfe beworben .Und das, obwohl er noch niemals einen Kuchen gebacken , auch keinen Führerschein für Lastwagen oder die geringste Ahnung vom deutschen Steuerrecht hatte; aber was sollte er tun, Jobs für Ungelernte wie ihn waren selten ausgeschrieben. Und die Arge saß ihm im Nacken!

      Tag für Tag hatte er lediglich zwei seiner zahlreichen Bewerbungen losgeschickt; er musste auf das Porto achten denn mehr als 1-Euro 10 täglich konnte er nicht mehr abzweigen.

      Für die nächsten 20 Tage hatte er nun wegen des Bewerbungs-Portos statt der errechneten 4 Euro 10 nur noch 3 Euro zur Verfügung für den täglichen Bedarf und bei der Bank hatte er ein überzogenes Konto, von dem er noch nicht wusste, wie er das jemals wieder ausgleichen sollte...!-

      So vegetierte Udo S. die nächsten Monate vor sich hin: Zum Frühstück gab es täglich geröstete Haferflocken, mittags gebratenen Kohl und Kartoffeln und abends Quark mit Marmelade.

      Nur manchmal- manchmal hielt er es einfach nicht mehr aus, dann musste es sein: Er kaufte sich eine billige Packung Bratwurst! Einmal hatte er sogar ohne Rücksicht auf Verluste 3 Kassler Stiel-Kotelett für 3,13 Euro vom Netto gekauft.-

      Es war Samstagvormittag, einige Wochen später, als Udo den Anruf bekam. Zeitarbeitsfirma T. war am Telefon, der Chef höchstpersönlich. Man hätte seine Bewerbung erhalten und wolle ihn kennenlernen. Heute noch, sagte der Mann am anderen Ende der Leitung und obwohl Wochenende war und er sich gerne den preisgekrönten Film im Fernsehen angesehen hätte, der schon seit Wochen angekündigt war, verabredete sich Udo für 15 Uhr im Büro der Zeitarbeitsfirma T. Udo stiegen die Tränen in die Augen, denn die Fahrt würde ihn wiederum über 4 Euro kosten. Udo checkte via Internet bei seiner Bank ein und mit großer Besorgnis stellte er fest, das sein Konto bereits seit einigen Wochen um mehrere Hundert Euro überzogen war!

      Udos Rechnung war nicht aufgegangen: Er hatte umgerechnet weit mehr als 4 Euro täglich ausgeben müssen! Immer kam etwas dazwischen!

      Mal hatten sich die Sohlen seiner bereits sehr alten Schuhe gelöst, mal ging das Toilettenpapier aus oder das Waschpulver, ein andermal meldete sich seine Haftpflichtversicherung und wollte Geld sehen!

      Wie lange würde seine Bank noch mitspielen? Bei dem Gedanken bekam Udo eine Panikattacke und er wagte es nicht, ihn zu Ende zu denken.-

      Es war 13 Uhr, als sich Udo langsam auf das ihm bevorstehende Bewerbungsgespräch vorbereitete. Schon während er duschte, überlegte er sich, wie er dem Personalchef am besten seine langjährige Arbeitslosigkeit erklären konnte: Wenn er den Job haben wollte, durfte er keineswegs seine physisch und psychisch instabile Gesundheit erwähnen, dachte er. Seine Depressionen zu verschweigen wäre kein Kunststück, aber was war mit seinem chronischen Husten? Oft genug hatte der Arzt ihn gemahnt, endlich das Rauchen aufzugeben, aber Udo konnte es einfach nicht lassen! Zu stark war die Sucht und bisher hatten ihn weder monatelange Schlafstörungen noch Ohnmachtsanfälle, die ihn eben wegen des ständigen Dauerhustens quälten, von seinem Laster abhalten können!

      Doch dieses Mal, so schwor sich Udo, würde sich alles zum Guten wenden! Wenn er den Job hätte, würde ihm sowieso die Zeit fehlen, ununterbrochen zu rauchen, dachte er und vielleicht konnte er ja sogar Anschluss finden bei seinen zukünftigen Kollegen. Während er sich nun frische Wäsche aus dem Schrank holte, malte er sich seinen nächsten Geburtstag aus: Viele Freunde wollte er dann einladen und der Arbeitsplatz wäre der ideale Ort, Menschen kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Seine jahrelange Armut, seine Einsamkeit im sozialen Abseits –das sollte nun ein schnelles Ende haben!

      Udo war plötzlich beseelt von einem unerschütterlichen Optimismus. Alles würde sich zum Besten wenden! Seine Zukunft schien ihm mit einem Mal rosarot und er verbat sich jeden aufkommenden Zweifel, zu lange hatte er auf eine Chance wie diese gewartet...-

      Ein starker Regen hatte den Tag begleitet und Udo war völlig durchnässt, als er das relativ kurze Stück Fußweg von der Bushaltestelle hin zur Zeitarbeitsfirma T. zurückgelegt hatte. Zwischen mehreren Arztpraxen, einer Immobilienfirma und einem Sonnenstudio war auch Udos Firma ausgewiesen, sie befand sich laut Hinweisschild im 3.Stockwerk rechts.

      Udo zögerte. Eine Viertelstunde hatte er noch Zeit bis zum Vorstellungstermin und so nutzte er die verbliebene Zeit, sich noch eine Zigarette anzustecken. Um seine Nervosität zu bekämpfen - wie er sich Glauben machte.-

      Um Punkt 15 Uhr

      klingelte Udo S. bei Zeitarbeitsfirma T. und er stand keine halbe Minute vor der Tür, da wurde ihm aufgetan. Ein elegant gekleideter, gut 1.90m großer Mann hatte ihn mit den Worten: „Sie sind sicher Herr S.“ in Empfang genommen und ehe Udo etwas erwidern konnte, wurde er auch schon in das kleine Personalbüro gebeten. Kaum hatte Udo Platz genommen, wurde ihm von Herrn T. ein Personalbogen vorgelegt. „Den füllen Sie bitte aus“, wies der Chef an und Udo machte sich sogleich daran, alle Fragen, die auf dem Bogen gestellt waren, nach bestem Wissen zu beantworten. Seinen vollständigen Namen wollte man wissen, Wohnort, Familienstand, Krankenkasse und Geburtsort. Haben Sie Ihren Wehrdienst absolviert und: Sind Sie vorbestraft? hieß es weiter. Rasch hatte Udo seine persönlichen Daten angegeben, aber bald wurden dort Fragen gestellt, die Udo in Konflikte bringen konnten, egal wie er sie beantwortete: Sind Sie gesundheitlich eingeschränkt?

      Udo wusste genau, dass er sehr wohl eingeschränkt war, körperlich und auch psychisch aber sollte er e h r l i c h antworten? Keine seiner Krankheiten war bisher von einem Arzt als Handicap eingestuft worden! Wahrscheinlich war seine persönliche Einschätzung nicht maßgeblich, dachte er und wenn er jetzt mit „Ja“ antwortete und seine Gebrechen zu Protokoll gab, wäre wohl nicht nur der Job weg, sondern es könnten ihn auch weitere Sanktionen der Arge treffen, wenn diese davon erführe: „Sie werden mich zum Amtsarzt schicken,“ dachte Udo. „Und die werden mich garantiert für gesund erklären.“ Dann hätte er gelogen!

      Durfte er mit „Nein“ antworten? , überlegte er. Wenn er nun wieder mal an einer Psychose erkranken würde und die Firma bekäme heraus, dass dies nicht das erste Mal war, könnte das wohl unweigerlich eine Kündigung zur Folge haben! Und ob da die Arge kulanter reagieren und ihm anstandslos Geld aus ihrem Leistungstopf zahlen würde, daran hatte er seine Zweifel. Man könnte ihm eine Mitschuld an der Kündigung wegen unwahrer Angaben geben.

      „Schwamm drüber“, dachte er schließlich, „ich werde es riskieren, mit Nein zu antworten!“. Vielleicht waren die zukünftigen Kollegen nett und das Rauchen hatte er ja auch schon etwas eingeschränkt... -

      Sind Sie zur Nachtschicht und Sonntagsarbeit bereit, sind Sie zeitlich flexibel , ungebunden und einsetzbar im gesamten Bundesgebiet, sind sie bereit Überstunden zu leisten und Akkordarbeit?

      Ja, ja, ja, ja, ja! Udo musste nicht nur wollen, er wollte auch und das unbedingt und darum schob er alle Bedenken beiseite und schließlich hatte er das lange Formular ausgefüllt und dem Chef herüber gereicht.

      Herr T. begutachtete den Personalbogen, legte ihn schließlich beiseite und wandte sich nun Udo zu: „Herr S., wir können Ihnen Arbeit in einer kleinen Elektronikfirma bieten, es handelt sich dabei um die Bestückung elektronischer Bauteile auf Platinen“, sagte der Mann. „Sind Sie motorisiert?“

      „Nein“, antwortete Udo S., „ich bin auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen.“

      „Das Problem ist, die Firma liegt im Gewerbegebiet von

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