Taschengeld. Frank Habbe

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Taschengeld - Frank Habbe

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zurückkehren.

      Sorgsam schüttelte er das Handtuch im Waschbecken aus und spülte den Staub den Ausguss hinunter. Dann nahm er die Päckchen und ging mit ihnen ins Wohnzimmer. Auf dem Beistelltisch neben dem Sessel legte er sie ab, zog die Vorhänge zu und setzte sich. Eine Weile betrachtete er stumm die aus ihrer Versenkung befreiten Gegenstände und horchte hinaus. Bis auf die unten ab und zu vorbeifahrenden Autos war es still.

      Sogar das kaum vernehmbare Ticken des Zeigers seiner alten Armbanduhr konnte er hören, während er nachdachte. Vor etwa sechs Monaten hatte er genauso in dem Sessel gesessen. Da hatte er jedoch die Pakete gerade hinter den Kacheln verstaut und gehofft, nie wieder an das Versteck zu müssen. Wäre er Schlosser nicht diesen einen Gefallen schuldig gewesen, er hätte sie schon damals irgendwo vergraben oder in einem See versenkt.

      Übermäßige Gewalt und Brutalität waren ihm schon immer Zuwider gewesen. Wer sich den Respekt anderer damit verschaffen musste, hatte diesen überhaupt nicht verdient. Natürlich kam auch der Mann in seinem Metier nicht ohne sie aus, nur legte er stets Wert auf ihren dosierten Einsatz. Anfänglich, vor vielen Jahren, hatte er seine Entschlossenheit noch demonstrieren müssen. Nachdem er aber ein paar der Jobs mit Hilfe einer scharfkantigen, von Rost zerfressenen Eisenschelle erledigt hatte, eilte ihm ein gewisser Ruf voraus. Berichte über die verstümmelten Gesichter seiner Opfer entbanden ihn später von der Last, seinen Durchsetzungswillen erneut unter Beweis stellen zu müssen. Seine Kunden kooperierten meist lieber gleich. Er wusste, dass es eine harte, manchmal auch blutige Arbeit war, aber es erfüllte ihn mit Stolz, dass seine Art von seinen Auftraggebern geschätzt wurde.

      Im Laufe der Jahre waren die Sitten jedoch weiter verroht und vielen seiner Kunden war das Gefühl für Anstand und Respekt abhanden gekommen. Immer mehr von ihnen trugen Schusswaffen, gaben sich furchtlos und machten es ihm unnötig schwer. Er persönlich zog es vor, ohne Pistole zu arbeiten und wünschte sich, auch bei dem anliegenden Job auf sie verzichten zu können. Und danach? Dann würde er sie wegwerfen.

      * * *

      Das der Zeitpunkt für einen endgültigen Schlussstrich gekommen war, spürte der Mann nach dem verunglückten Job mit dem BMW. Der Wagen war wie bestellt geliefert worden, leider waren die Käufer seit einer Woche mit der Zahlung der zweiten Rate überfällig. Ware im Wert von läppischen fünftausend Euro. Keine große Sache. Sie hatten guten Stoff versprochen und mit ihren libanesischen Kontakten geprahlt. Schlosser aber misstraute dem jungen Volk rund um den Kiez am Kottbusser Tor. Mit diesem ersten Deal hatte er sie testen wollen, und es war gleich schiefgegangen. Der Wagen sei nicht in Ordnung, mäkelten sie und verweigerten die Zahlung. Schlosser hatte sich zum Handeln gezwungen gesehen und bei ihm angerufen. Der Mann hatte von Beginn an kein gutes Gefühl gehabt. Diese Gangs, ihre Anführer fast noch Kinder, aufgeputscht von Hormonen und Amphetaminen, würden Probleme machen. Mit seinem hergebrachten Stil würde er bei ihnen nicht weiterkommen. Also hatte er sich mit Piet verabredet, der zu dem Termin mit einem dunklen Kastenwagen vorgefahren kam. Erst als er auf dem Beifahrersitz Platz nahm, hatte der Mann hinter sich die fünf breitschultrigen Männer bemerkt. In schwarze Bomberjacken gehüllt saßen sie mit entschlossenen Mienen auf den Rückbänken und hantierten mit ihren Baseballschlägern und Eisenketten. Resigniert hatte der Mann zu Piet geschaut, der bloß mit den Schultern gezuckt hatte. Nur eine kleine Unterstützung ihres Auftraggebers, hatte er beiläufig gemeint.

      Wie sehr sie ihnen noch nützen würde, sollte der Mann kurz darauf erleben. Vor der Hofeinfahrt hatte Piet den Wagen geparkt und sie waren zu zweit hineingegangen. Natürlich war es eine Falle gewesen. Die Gegenseite wollte klare Verhältnisse schaffen und dafür sollten der Mann und Piet herhalten. Kaum hatten sie den spärlich beleuchteten Hof betraten, wurde hinter ihnen die Zufahrt mit einem Zaun aus Maschendraht verschlossen. Von mehreren Seiten kamen acht oder neun Gestalten drohend auf sie zu, als Piet zwei Finger in den Mund steckte und gellend pfiff. Der Mann war unmerklich zusammengezuckt und hatte fragend zu seinem Partner herübergesehen, der ihm im gleichen Moment einen Teleskopschlagstock in die Hand gedrückt hatte. Auch ihre Angreifer verharrten einen Moment ratlos, ihre Holzlatten zögernd auf den Boden gestützt. Der Mann nutzte die Gelegenheit, indem er den Stock blitzartig ausfuhr und diesen dem am nächsten Stehenden mit voller Wucht in den Magen stieß. Nach Luft schnappend krümmte sich sein Opfer, als der Mann ihm den Stock krachend auf den Schädel schlug. Er klappte wortlos zusammen. Dann sprinteten die beiden über den leblosen Körper und stellten sich mit der Wand im Rücken in Position. Nach einem Moment der Verblüffung gingen ihre Gegner zum Angriff über.

      Zwei gegen acht. Sie hatten keine Chance. Mit dieser Gewissheit wehrte der Mann die ersten Hiebe ab, während er im Gegenzug einige Treffer bei seinen weniger routinierten Widersachern landete. Piet daneben hielt sich ähnlich gut, obwohl er bereits aus einer Platzwunde auf der Stirn stark blutete. Seit Piets Pfiff und dem ersten Schlag waren keine dreißig Sekunden vergangen, als mit lautem Motorenlärm und aufgeblendeten Scheinwerfern der Lieferwagen die Barriere durchbrach und in der Mitte des Hofs zum Stehen kam. Sofort öffnete sich die seitliche Schiebtür und ihre Helfer sprangen heraus. Weitere dreißig Sekunden später stand von den Angreifern keiner mehr. Bis auf vereinzelte, stöhnende Laute war es still.

      Der Mann nahm den Schuldschein mit der offenen Forderung, ging zu einem der gekrümmt auf der Erde Liegenden. Er beugte sich zu ihm nieder, zog sein Messer und rammte es mit dem aufgespießten Zettel durch dessen linke Hand in den Boden. Ein gellender Schmerzensschrei hallte durch die Nacht, sie aber stiegen wortlos in den Wagen und fuhren zu Schlosser.

      Auf der Rückfahrt noch beschloss der Mann, keine Aufträge mehr anzunehmen. In den letzten Jahren hatte er ein wenig Geld beiseite legen können. Viel brauchte er sowieso nicht. Er hatte alle Rechnungen beglichen und schuldete niemandem etwas.

      Mit Ausnahme von Schlosser, für seine kleine Unterstützung an diesem Abend

      03:19:41

      Sorgfältig nahm er jedes der Pakete nacheinander in die Hand, befreite sie aus ihrer Wachspapierverpackung und legte sie vor sich auf den Tisch. Ein feiner Geruch nach geöltem Metall stieg ihm in die Nase, als er die matt glänzende Glock betrachtete. Neben der Waffe lagen das Magazin, eine Schachtel Patronen und der Schalldämpfer. Der dunkelbraune Lederbeutel daneben enthielt einen slowakischen Pass und etwa zehntausend Euro in bar. Zusammen mit dem Geld, dass er Rania abgenommen hatte, würde es für die Jagd reichen.

      Bei dem kleinen Funkwellenscanner prüfte der Mann den Status der Batterien, eher er ihn wieder zur Seite legte. Dann ging er hinüber ins Schlafzimmer und kehrte mit einer Reisetasche aus reißfestem Nylon zurück. Er packte die Gegenstände hinein und ging zum Kleiderschrank, dem er sorgsam eine Auswahl an Wäsche entnahm. Die Tasche legte er auf das Fußende des Betts und setzte sich daneben. Er sah auf die Uhr. Viertel nach Zwölf.

      Aller Voraussicht stand ihm morgen ein langer Tag bevor. Also zog er Hemd, Hose und Schuhe aus, legte sich hin und löschte das Licht. Eingeschaltet lag der Blackberry neben ihm. Sollte Malik sich mit seinem Handy in ein Netz eloggen, würde er ihn mit einem lauten Alarmton wecken. Nur zu, Junge, dachte der Mann und schlief ein.

      03:19:30

      Mit seiner im Schein der Laterne schmutzig grau schimmernden, schindelverkleideten Fassade und dem wild wuchernden Unkraut davor, vermittelte der Gasthof auf Malik einen heruntergekommenen Eindruck. Aber er hatte geöffnet und Malik keine Lust, in der Einöde bei Schwerin nach einer ansprechenderen Unterkunft zu suchen. Außerdem war er müde. Also parkte er seinen Wagen auf dem unebenen Kiesbett neben dem Eingang, schnappte sich den Koffer und ging durch die giftgrün gestrichene Tür in einen nach kaltem Rauch und Desinfektionsmitteln riechenden Wirtsraum. Hinter dem Tresen stand eine Frau in einem abgewetzten roten Kittel. Mit missmutiger Miene schaute sie von einer Illustrierten

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