Taschengeld. Frank Habbe

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Taschengeld - Frank Habbe страница 10

Автор:
Серия:
Издательство:
Taschengeld - Frank Habbe

Скачать книгу

machte sich Schlosser auch noch lustig über sie. Nicht nur, dass er sie den ganzen Tag über mit grauenhafter Musik berieselt hatte. Nun hatte er ihnen auch noch einen Kastenwagen direkt vor die Tür geparkt. Laarsen war ausgeflippt und Krauser hatte ihn nur mühsam davon abhalten können, nach draußen zu stürmen und die Sasche auf unkonventionelle Art zu regeln.

      "Das bringt doch alles nichts!" Laarsen schlug wütend auf den Tisch und stand auf. Krauser konnte den Unmut seines Kollegen gut nachvollziehen. Ihre bisherigen Ergebnisse? Kaum existent. Dabei waren sie Schlossers Ring schon so lange auf den Fersen. Sie wussten von seinen Deals, der Verschiebung von Autos, Frauen und Anabolika. Sogar die Zusammenarbeit mit den polnischen Behörden hatte dieses Mal funktioniert. Von denen war auch der Tipp gekommen, dass Schlosser eine größere Summe an Bargeld erwartete. Staatsanwalt Wiegand war Feuer und Flamme gewesen, hatte den Durchsuchungsbeschluss sofort abgezeichnet. Leider hatte sich der Zeitpunkt als falsch erwiesen, denn das Geld fanden sie nicht. Außer ein paar sichergestellten Unterlagen und Rechnern hatten sie - nichts. Verständlich, dass Wiegand tobte und ihnen gehörig Druck machte. Laarsens Wut war daher absolut berechtigt.

      Ihnen blieb nur Andy. Ein ganz kleiner Fisch, Handlanger. Immerhin aber war er in den letzten Tagen auffällig oft hier aufgetaucht und auch vor zwei Stunden in Schlossers Geschäft verschwunden. Wenn sie ihn in die Mangel nehmen würden, käme vielleicht etwas Brauchbares dabei heraus.

      "Ich muss raus. Die Luft hier drinnen ist beschissen. Außerdem hab ich Hunger!"

      Krauser sah von dem Einwand ab, dass sie verdeckt ermittelten. Es war offensichtlich, dass sie entdeckt worden waren.

      „Bringst du mir was mit? Käsebrötchen und Waaser?“ Er zog sein Portemonnaie und gab Laarsen einen Schein. Der nickte, öffnete die Tür und sprang hinaus. Schwungvoll warf er sie wieder zu und ging mit großen Schritten in Richtung Supermarkt davon. Für Krauser sah es aus, als flüchtete sein Partner aus ihrem Kabuff. Er wollte gerade die Geldbörse zuklappen, als sein Blick auf Violas Foto fiel, das aus einem Seitenfach hervorlugte. Wusste gar nicht mehr, dass das noch da drin ist. Nachdenklich betrachtete er das Bild, bis er es seufzend zurücksteckte. In dem Augenblick bog der Abschleppwagen hinter ihnen in die Straße. Krauser schloss die Augen, dachte an Viola. Und an früher.

      * * *

      Seine Kindheit und Jugend im niedersächsischen Cloppenburg? Krauser hatte keine nennenswerten Erinnerungen. Freundinnen? Fehlanzeige. Klar, dass er das ändern wollte. So war er nach Abi und vier verschenkten Jahren bei der Bundeswehr nach Hamburg gezogen, um bei der Polizei ordentlich Karriere zu machen. In Hamburg würde auch mit Frauen mehr laufen. So der Plan.

      Allerdings war die Kombination aus dörflicher Herkunft und ultrakurzem Feldjäger-Haarschnitt in den ausgehenden Achtzigern nicht wirklich das, worauf Frauen warteten. Im besten Fall erntete er von ihnen Mitleid, ansonsten pures Desinteresse. Das sollte sich erst ändern, als er eines Abends in einem Eppendorfer Café Viola traf.

      Klassisch hübsch war sie nicht, aber mit ihrer unmodischen Ponyfrisur samt der hochgeschlossenen Bluse erschien sie Krauser auf eine biedere Art niedlich. Mit kerzengrader Haltung hatte sie auf ihrem Platz gesessen, ab und an zu ihm herübergeschaut. Auch auf die Entfernung waren ihm ihre kreisrunden, für das schmale Gesicht fast schon zu großen Augen aufgefallen. Nachdem er längere Zeit verstohlen in diese schwarze Seen gestarrt hatte, riss er sich zusammen, stand auf und sprach sie an. Und dieses Mal landete er einen Treffer. Einen Volltreffer!

      Was folgte, kannte Krauser bis dahin nur als Phantasie billiger Filme. Mit Viola aber wurde es für ihn zur Realität, für den Anfang zumindest. Sie waren unzertrennlich und beschlossen bereits nach wenigen Wochen, sich zusammen eine Wohnung zu suchen. Zwei Jahre später, nach Abschluss seiner Ausbildung, heirateten sie. Krauser trat eine gut bezahlte Stelle auf einer kleinen Wache im Speckgürtel Hamburgs an und Viola bekam als Steuerfachgehilfin einen Job ganz in der Nähe.

      Also alles gut? Nicht unbedingt. Denn Ende der Neunziger war Krauser gelandet, wo er nie hatte sein wollen. Er, der Bundeswehr und Polizei nicht zuletzt wegen ihrer adrenalingesättigten Atmosphäre gewählt hatte, tat nun Dienst auf einem betulichen Revier im nicht übermäßig mit Verbrechen gesegneten Hamburger Nordosten. Dazu ein Häuschen samt Ehefrau im ländlichen Ammersbek. Es war ein kleines Hexenhaus, umgeben von hohen Tannen auf einem abseits liegenden Grundstück. Neben einer kleinen Erbschaft Violas war der Kauf ihrem zu der Zeit verstärkt aufkommendem Kindewunsch zu verdanken. Der Nachwuchs sollte es schön und behütet haben. Sicher, aber musste es in so einer dunklen, einsamen Bude sein? Getragen von einem nie offen geäußerten Widerwillen hatte Krauser zugestimmt, schließlich kam von Viola das Geld. Wenn sie erst einmal Kinder hatten, würde es sich schon mit Leben füllen, beruhigte er sich.

      Nur, so sehr sie sich mühten und später den Rat zahlloser Ärzte einholten: es sollten keine Kinder kommen. In ihrer Sehnsucht entwickelte Viola ein immer trister erscheinendes Wesen. Anfangs hatte Krauser nichts unversucht gelassen, um für sie da zu sein, wann immer sie ihn brauchte. An ihrem melancholischen Zustand änderte es wenig. Zermürbt von den ewig wiederkehrenden Rückschlägen, verlor er die Hoffnung. Nicht von einem Tag auf den anderen. Es war ein schleichender Prozess, der allerdings durch das Leben in dem bedrückenden Haus beschleunigt wurde. Mit der Zeit wuchs in ihm der Wunsch nach einer Rückkehr in die Stadt immer stärker heran. Schließlich nahm er seine eingefahrene Karriere als Anlass zur Flucht. Unzählige Diskussionen, mit der tränenüberströmten Viola verbrachte Abende und ihre weiteres Abgleiten in die Depression ließen seinen Entschluss nur fester, seine Abneigung gegen das bisherige Leben umso größer werden. Für ihn stand unverrückbar fest: Er brauchte eine neue Aufgabe, er musste raus aus der häuslichen Enge. Einen Monat später schrieb er sich zur Fortbildung in den höheren Dienst ein. Erste Station: Betäubungsmitteldelikte.

      Während Viola immer stiller wurde, lebte Krauser in den folgenden Monaten regelrecht auf. Nachdem er die abschließenden Prüfungen bestanden hatte, ließ er sich auf eine freie Stelle im Präsidium versetzen. Dem Gebiet BTM blieb er treu, wechselte dort in den Bereich Fahndung.

      Hatten seine alten Kollegen auf der Wache eine relativ homogene Gruppe dargestellt, so traf er in der neuen Abteilung auf einen bunten Haufen verschiedenster Charaktere. So war es für Krauser nicht verwunderlich, dass die Truppe von einem ehemaligen General aus altem Adel straff organisiert wurde. Dass dieser, Franz zu Oldenburg, während Krausers Dienstzeit bei den Feldjägern für kurze Zeit Kommandant seines Bataillons gewesen war, sollte sich später als sehr vorteilhaft für den Neueinsteiger erweisen. Zu Beginn aber schob er Dienst wie die übrigen Neulinge und damit um einiges mehr, als die etablierten Kollegen. Es machte ihm nichts aus, auch nicht, dass er bei den Observationen Stunde um Stunde in Autos, angemieteten Wohnungen oder anderen Orten zubringen musste. Die Aussicht auf die Teilnahme an einer der testosteronhaltigen Razzien oder der spontane Abgriff eines Kleindealers ließen ihn leicht über die neunzig Prozent routinemäßiger Ödnis hinwegkommen. Lediglich Anblick und Gestank der ausgemergelten, aus dem Leben gestoßenen Drogentoten mit ihren Abszessen und vernarbten Einstichwunden brachten ihn zu Beginn um den Schlaf. Noch mehr Arbeit und Koffein aber halfen und so hängte er wie alle anderen eine Überstunde an die Nächste. Hatte er anfänglich noch Wert auf ein ausgewogenes Verhältnis seiner Tag- und Nachtschichten gelegt, so bevorzugte er mit der Zeit mehr und mehr die Nachtarbeit. Angesichts all der Familienväter in der Abteilung mit ihrer Vorliebe für geregelte Arbeitszeiten fiel es ihm leicht, dies zu realisieren.

      Kam er nachts oder früh morgens nach Ammersbek, lag Viola meist noch schlafend im Bett. Wenn er leise neben sie kroch, konnte er ihre Nähe und Wärme spüren, ohne mit ihr zu reden oder ihren gequälten Blick ertragen zu müssen. Ein guter Kompromiss, dachte er jedenfalls anfänglich.

      03:23:08

      Warum musste der Wagen

Скачать книгу