Schwingen des Adlers. Anna-Irene Spindler

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Schwingen des Adlers - Anna-Irene Spindler

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man es mit Worten überhaupt nicht beschreiben kann. Keine Straßenlaterne, kein Reklameschild, kein Licht aus irgendeinem Fenster! Nichts! Kein Geräusch war zu hören. Es war so still, dass man meinen konnte, man wäre allein auf der Welt. Und über Allem das Leuchten der Sterne! Du wirst jetzt vielleicht über mich lachen, weil Du das in Afrika andauernd erlebst, aber für mich war das komplett neu. Dass es soetwas mitten in unserem dichtbesiedelten Europa geben kann, ist eigentlich unvorstellbar. Auf jeden Fall habe ich mich heute Nacht entschieden. Ich werde hierbleiben! Ob ich in einem halben Jahr, wenn der Schnee bis zur Dachrinne reicht und wir hier von der Außenwelt abgeschnitten sind, noch genauso denke, weiß ich nicht. Aber das ist mir im Augenblick auch egal! Ich will es auf jeden Fall versuchen!

       Ich bin mir nicht sicher, ob Du stolz auf mich bist, weil ich so spontan etwas Neues anfange oder ob Du ganz einfach an meinem Verstand zweifelst, weil ich aus einer quirligen Großstadt in ein Kaff ziehe, das die Welt anscheinend vergessen hat. Ich jedenfalls bin sehr stolz auf mich!

       In den nächsten vier Wochen werde ich vermutlich nicht dazu kommen Dir zu schreiben, aber vielleicht könntest ja Du zur Abwechslung mal einen Stift in die Hand nehmen.

       Ich hab’ Dich lieb!

       Sophia

      Sophia steckte den Brief in das Kuvert, schnappte sich ihre Handtasche und zog los, um eine Briefmarke zu besorgen. Die Frau in dem kleinen Laden, in dem sie heute morgen schon ihre Weggli geholt hatte, erklärte ihr, dass sie Postkarten und auch Briefmarken in der Tourist-Information kaufen könnte. Der Briefkasten wäre dort auch direkt daneben, an der Bushaltestelle.

      Mit beschwingten Schritten marschierte sie durch den Ort. Die Menschen, denen sie begegnete musterten sie neugierig. Da hier jeder jeden kannte, fiel ein neues Gesicht sofort auf. Sophia nahm es mit einem Schmunzeln zur Kenntnis. Um in München überhaupt eine Chance zu haben von seinen Mitmenschen wahrgenommen zu werden, musste man schon splitterfasernackt durch die Fußgängerzone spazieren. Und selbst das würde sicher nur der Hälfte der Passanten als etwas Ungewöhnliches auffallen.

      An der Tourist-Information wurde sie jedoch enttäuscht. Die Tür war abgesperrt und ein handgeschriebener Zettel mit einem Reißnagel daran befestigt. Nur mit äußerster Mühe konnte sie das Gekrakel entziffern.

      ‚Bin um 11:00 wieder da!‘ Sophia sah auf die Uhr. Es war kurz vor zwölf. Mit einem Seufzer drehte sie sich um. Eigentlich hatte sie überhaupt keine Lust, wegen einer Briefmarke nach Oberkirch hinunter zu fahren. Spontan entschloss sie sich ein bisschen spazieren zu gehen und nachmittags noch einmal vorbei zu kommen. Zuerst musste sie jedoch zurück zum Kindergarten, um festere Schuhe anzuziehen. Sie wandte sich zum Gehen, als eine Stimme hinter ihr ertönte: „Warten Sie bitte! Ich bin schon da!“

      Sophia drehte sich um. Ein alter, verbeulter Geländewagen ohne Verdeck, der dem Anschein nach nur noch vom Rost zusammengehalten wurde, hielt vor dem Holzhaus. Thomas Anninger stieg aus.

      „Es tut mir leid. Ich habe mich ein bisschen verspätet! Was kann ich denn für Sie tun“, sagte er diensteifrig und kam auf sie zu.

      Abrupt blieb er stehen. Ein breites Grinsen ließ die weißen Zähne in seinem dichten Vollbart leuchten, als er sie erkannte.

      „Ja wenn das mal keine Überraschung ist! Seit wann sind Sie denn hier, Frau ..., Frau....?“

      „Römer!“, half ihm Sophia auf die Sprünge. „Hallo Herr Anninger! Schön Sie wieder zu sehen!“ Sie streckte ihm die Hand entgegen.

      „Ganz meinerseits!“, antwortete Thomas.

      Er ignorierte ihre Hand. Statt dessen packte er Sophia an den Schultern. Er zog sie zu sich heran und drückte ihr auf jede Wange einen so herzhaften Begrüßungskuss, dass ihr Hören und Sehen verging.

      Sophia lachte: „Sie sollten alle Fremden so begrüßen, dann würden die weiblichen Gäste bis hinunter nach Oberkirch Schlange stehen.“

      „So ein Willkommen ist nur ganz besonderen Besuchern vorbehalten“, antwortete er würdevoll.

      Aber als er fortfuhr konnte man die ehrliche Freude aus seiner Stimme heraushören.

      „Es ist schön, dass Sie wieder hier Urlaub machen. Wohnen Sie in Oberkirch?“ „Eigentlich mache ich gar nicht Urlaub. Ich bleibe nur bis zum Sonntag. Pfarrer Maierhofer hat mir geschrieben, dass er händeringend eine Erzieherin hier in Saas Gurin sucht. Er hat mich eingeladen alles vor Ort in Augenschein zu nehmen. Ich wohne drüben im Kindergarten“, antwortete Sophia.

      Das fröhliche Leuchten in Thomas’ Augen vertiefte sich noch.

      „Sie sind also der tolle Fang von dem mir Beat gerade erzählt hat.“

      Als er Sophias fragenden Blick sah, fügte er erklärend hinzu:

      „Ich komme gerade aus Oberkirch. Dort habe ich Beat, ich meine Pfarrer Maierhofer, getroffen. Er hat mir freudestrahlend von der Erzieherin erzählt, die vielleicht in Saas Gurin bleiben will.“

      Sophia konnte ein Lachen nicht unterdrücken.

      „Ja, Pfarrer Maierhofer scheint mir ein sehr mitteilsamer Mensch zu sein.“

      „Sie dürfen ihm das nicht übelnehmen. Er war so verzweifelt, weil er nur Absagen erhalten hatte. Im Geiste sah er Saas Gurin wohl schon als verlassenes Geisterdorf, in dem nur noch zwei, drei verhutzelte Greise leben“, sagte Thomas.

      „Aber ich habe gesehen, dass Sie in die Tourist-Information wollten. Wie kann ich Ihnen helfen?“

      „Ach Sie sind der Bin-um-elf-wieder-da“, meinte Sophia ironisch.

      Thomas Anninger stellte sich mit gewölbter Brust vor sie hin und schlug die Hacken zusammen.

      „Darf ich vorstellen: Thomas Anninger! Bergführer, Leiter der Bergwacht von Oberkirch, Leiter des Fremdenverkehrsbüros Saas Gurin, Weintrinker und persönlicher Betreuer alleinstehender Frauen! Stets zu Ihren Diensten!“ „Hocherfreut Sie kennenzulernen, Herr Fremdenverkehrsbüroleiter. Verkaufen Sie auch Briefmarken?“

      „In allen Farben und Größen! Wenn Sie mich bitte begleiten wollen.“

      Mit einer leichten Verbeugung wies er zur Tür seines Büros. Er riss den Hinweiszettel ab und sperrte die Holztür auf. Sophia folgte ihm.

      „Hier befinden Sie sich in der Schaltzentrale aller touristischen Aktivitäten von Saas Gurin“, sagte Thomas stolz.

      ‚Das können ja nicht allzu viele sein‘, ging es ihr durch den Kopf, als sie die drei einsamen Prospekte begutachtete, die verloren auf dem Holztresen lagen. Diesen naseweisen Gedanken behielt sie jedoch schön brav für sich.

      „Hübsch haben Sie es hier.“

      Der kleine Raum gefiel ihr. Er wirkte so anheimelnd und gemütlich mit seinen Holzwänden. Das Sonnenlicht, das durch die offene Tür hereinfiel, tauchte sie in ein warmes Hellbraun.

      „Sie brauchen sicher Briefmarken für Ansichtskarten“, sagte Thomas, öffnete eine Schublade eines Schreibtisches und kramte darin herum.

      „Nein. Ich habe hier einen Brief, der per Luftpost nach Gabun gehen soll.“ Thomas schaute sie überrascht an. Verlegen kratzte er sich am Kopf.

      „Tja,

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