Schwingen des Adlers. Anna-Irene Spindler

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Schwingen des Adlers - Anna-Irene Spindler

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passte zu seinem robusten Äußeren. Mit einem Aufschrei entriss sie ihm ihre verletzte Hand und presste sie mit einem lauten Stöhnen an ihre Brust.

      „Lassen Sie mich mal schauen!“ Sein Tonfall duldete keine Widerrede.

      Ohne ihre Reaktion abzuwarten nahm er ihr rechtes Handgelenk und drehte die Handfläche nach oben. Durch den festen Händedruck war der Schorf, der sich zwischenzeitlich gebildet hatte, wieder aufgerissen und an mehreren Stellen sickerte wieder Blut aus der Wunde.

      „Wie ist das passiert?“

      „Ich habe mich beim Graben im Schnee an der Stahlkante seines Skis geschnitten“, klärte ihn Sophia kleinlaut auf.

      „Kommen Sie mit! Das soll sich ein Arzt ansehen!“

      Mit einem strengen Blick schob er den linken Ärmel ihres Pullovers in die Höhe und legte seine Hand auf ihren Unterarm.

      „Mein Gott! Sie sind ja eiskalt!“

      Er zog seine eigene Daunenjacke aus und legte sie ihr über die Schultern.

      „Ist ja auch kein Wunder! Sie sind schon eine Ewigkeit ohne Jacke unterwegs! Warum haben Sie denn nichts gesagt?“

      „Sie hatten ja wohl etwas Besseres zu tun, als sich um eine frierende Tussi mit einem lächerlichen Kratzer zu kümmern“, antwortete sie mit einem schiefen Grinsen.

      Gleichzeitig kuschelte sie sich ganz fest in seine warme Jacke. Er nahm ihr ihre eigene Jacke aus der Hand, fasste sie am Arm und bugsierte sie zu der Tür am anderen Ende der Halle.

      „Du schon wieder!“, rief der Arzt in der Ambulanz, als er den Mann von der Bergwacht hereinkommen sah.

      „Schau dir bitte ihre Hand an. Sie hat Mark aus dem Schnee gebuddelt und sich dabei verletzt.“

      Der Arzt wusch sich die Hände, bat Sophia sich auf die Liege zu setzen und nahm dann ihre Handfläche in Augenschein.

      „Nur mal so nebenbei: Wie kann man sich denn im frischen Pulverschnee einen so tiefen Schnitt zuziehen?“, fragte er neugierig, während er ihre Hand verarztete.

      „Ich habe mich mit der Stahlkante seines Skis angelegt.“ Und nach einer kurzen Pause fuhr sie fort: „Wie geht es ihm eigentlich? Kommt er wieder in Ordnung?“

      „Machen Sie sich keine Sorgen. Der wird schon wieder. Mark ist hart im Nehmen. Er hält Einiges aus“, antwortete Thomas leichthin.

      „Naja! Ganz so harmlos ist es nun auch nicht“, unterbrach ihn der Arzt. „Er hat fünf gebrochene Rippen. Es grenzt beinahe an ein Wunder, dass die Lunge nichts abbekommen hat. Außerdem wären da noch das gebrochene Schlüsselbein und eine üble Gehirnerschütterung zu nennen. Die Risswunde reicht von der Wange bis über den halben Kopf und seinen Unterschenkel haben Sie ja selbst gesehen. Der wird momentan im Operationssaal zusammengenagelt. Es wird wohl Einiges an Metall benötigt um das wieder hinzubekommen. Er hat unheimliches Glück gehabt.“

      „War ziemlich nahe dran, nicht wahr?“ Fragend schaute Sophia den Arzt an. „Das kann man wohl sagen“, antwortete er mit ernstem Gesicht.

      „So das hätten wir.“ Zufrieden betrachtete der Arzt sein Werk. „Ich gehe einmal davon aus, dass ihre letzte Tetanus-Impfung noch nicht länger als zehn Jahre zurückliegt.“

      Er schaute über die Schulter zu Sophia während er sich die Hände säuberte. „Die Auffrischung ist vor zwei Jahren gemacht worden“, antwortete sie eifrig. „So ist’s brav. Das höre ich gerne.“ Er grinste sie an. „In zwei Tagen kommen Sie noch einmal zum Verbandwechseln vorbei.“

      Bedauernd schüttelte Sophia den Kopf: „Das wird nicht gehen. Da bin ich bereits auf dem Weg nach Hause. Mein Zug geht um kurz nach zehn Uhr. Da reicht die Zeit einfach nicht mehr um vorher noch vorbei zu kommen.“

      „Dann gehen Sie eben zu Ihrem Hausarzt. Aber ja nicht vergessen“, mahnte er sie.

      „Bestimmt nicht“, versprach Sophia und fügte noch hinzu „Wie wollen wir es mit der Abrechnung machen? Ich könnte Ihnen morgen meine Versicherungskarte vorbei bringen.“

      Der Arzt winkte lächelnd ab: „Das ist nicht nötig. Betrachten Sie es einfach als kleines Dankeschön für Ihre heutige Heldentat.“

      Er streckte ihr die linke Hand entgegen. „Alles Gute! Ich hoffe wir sehen uns einmal wieder!“

      Sophia reichte ihm ebenfalls die linke Hand. „Auf Wiedersehen! Und vielen Dank für den schicken Verband.“

      „Sie haben sich heute nachmittag da draußen richtig gut verhalten“, lobte sie Thomas Anninger, während sie nebeneinander den Gang entlang gingen. „Nicht nur dass Sie sofort Hilfe angefordert haben, sondern auch wie besonnen Sie danach vorgegangen sind. Das war toll!“

      Er warf Sophia einen anerkennenden Blick zu. Gleichzeitig musterte er die Frau an seiner Seite ein wenig genauer. Ihre schulterlangen, leicht gewellten Haare waren ziemlich zerzaust. Sie hatten den Farbton von altem Mahagoniholz. Am Scheitel glitzerten vereinzelt ein paar graue Haare. Ihr Gesicht war bei Weitem nicht so braungebrannt wie sein eigenes, aber sie sah überhaupt nicht nach bleichgesichtigem Stubenhocker aus. Die Fältchen in den Augenwinkeln sagten ihm, dass er keinen Teenager mehr vor sich hatte. Er schätzte sie auf Mitte dreißig.

      „Ich bin Erzieherin in einem Kindergarten, der von Klosterschwestern betrieben wird. Die sind da sehr genau was die Sicherheit der Kinder anbelangt. Wir müssen alle einmal im Jahr an einem zweitägigen Erste-Hilfe-Kurs für Kinder teilnehmen. Da erfährt man zwar nichts über Lawinenunfälle, aber das Verhalten bei Knochenbrüchen, Kopf- und Wirbelsäulenverletzungen, stabile Seitenlage und so weiter bekommt man dort schon beigebracht. Und so groß ist der Unterschied zwischen einem Kind und einem Erwachsenen ja auch wieder nicht.“

      Sophia blieb stehen und sah ihm in die Augen.

      „Halten Sie mich jetzt bitte nicht für neugierig. Aber da Sie den Verunglückten offensichtlich zu kennen scheinen, würde mich jetzt doch interessieren, wer er eigentlich ist.“

      „Mark Suttner ist mein bester Freund!“

      Alles hatte Sophia erwartet, aber das sicher nicht. „Er kommt hier aus der Gegend?“ Die Verblüffung stand ihr im Gesicht geschrieben.

      „Ja! Mark kommt aus Saas Gurin, genau wie ich auch.“ Als er die Falten auf ihrer Stirn sah, fügte er erklärend hinzu: „Ungefähr zwei Kilometer außerhalb von Oberkirch geht es in ein Seitental hoch.“

      Sophia überlegte kurz und nickte dann.

      „Mark und ich kennen uns schon seit wir kleine Jungs waren. Er ist auch bei der Bergwacht. Und außerdem ist er der beste Bergführer weit und breit.“

      „Das ist aber komisch“, erwiderte Sophia. „Mein erster Gedanke heute Nachmittag war, dass es sich um einen leichtsinnigen, jungen Touristen handeln müsste. Im ganzen Ort stehen die Tafeln mit den Lawinenwarnungen herum. Wie kommt es, dass ein erfahrener Bergführer, der ja soweit ich das erkennen konnte auch kein Jungspund mehr ist, bei einem solchen Wetter in dieser Steilwand unterwegs ist?“ Fragend schaute sie ihren Gegenüber an.

      Er antwortete nicht sofort. Der Mann von der Bergwacht sah sie prüfend an und schien angestrengt zu überlegen.

      „Tja...

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