Schwingen des Adlers. Anna-Irene Spindler

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Schwingen des Adlers - Anna-Irene Spindler

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er sich zum ersten Mal mit dem Chirurgen, der ihn zusammengenagelt hatte, unterhalten konnte, erzählte ihm dieser etwas von einer mindestens sechsmonatigen Heilungs- und Erholungsphase. Aber bereits nach zwei Wochen, sein Bein war noch von einer monströsen Gipsschiene umgeben, hatte er schon Übungen mit dem Theraband gemacht. Er wollte seine Schultermuskulatur so stärken, dass er trotz des verletzten Schlüsselbeins und der maladen Rippen Krücken benutzen konnte.

      Als er dann endlich nach Hause durfte, bestand er auch darauf, dass Thomas’ Frau Gina nur die Einkäufe für ihn erledigte. Alles Andere wollte er von Anfang an selbst machen. Er musste immer noch schmunzeln, als er an den heftigen Streit zurück dachte, den er darüber mit Thomas hatte. Dieser war tatsächlich fest entschlossen gewesen, bei ihm einzuziehen, um ihn rund um die Uhr zu bemuttern.

      Er schüttelte sein Bein aus, setzte sich wieder aufrecht hin und atmete tief die reine Luft ein. Ja, es war ein tolles Gefühl, wieder auf einem Berg zu sitzen - wenn es auch kein allzu hoher war - und zu wissen, dass man auf seinen eigenen zwei Beinen hinaufgestiegen war.

      Sein Blick wanderte hinauf zum Himmel. Über den Bergen im Osten glänzten die ersten Sterne. Kein Laut war zu hören. Sogar das Gemurmel der Touristengruppe, das selbst durch die geschlossene Hüttentür noch bis zu ihm gedrungen war, war verstummt.

      Ruhe und Frieden lagen über der Natur.

      Ruhe und Frieden herrschten auch in seinem Inneren.

      Er hatte das Gefühl, beinahe so etwas Ähnliches wie Glück zu empfinden.

      Ja, tatsächlich! Verwundert nahm er es zur Kenntnis.

      Niemals hätte er es für möglich gehalten, je wieder so fühlen zu können.

      Er war glücklich! Glücklich darüber, dass er wieder gesund war. Dass er wieder auf einem Berg stehen und die klare, reine Luft atmen konnte.

      Mit Schaudern dachte er daran zurück, wie bereitwillig er das Alles einfach wegwerfen wollte und nur ein gnädiges Schicksal ihn am Leben erhalten hatte. Vollkommen unsinnig, ja beinahe schon frevelhaft, kam ihm jetzt im Nachhinein die Enttäuschung vor, die er empfunden hatte als er im Krankenhaus aufgewacht war und festgestellt hatte, dass er noch am Leben war. Zum Glück hatte er diesen Lebensüberdruss endlich hinter sich gelassen. Und wer weiß, vielleicht würde sich ja auch dauerhaft wieder so etwas wie Lebensfreude einstellen.

      Er wollte gerade aufstehen, als er hinter seinem Rücken ein Geräusch hörte. Mark drehte sich um.

      „Ich dachte, Sie schlafen schon?“

      Im Dunkeln erkannte er Josi Schiller. Sie war aus der Hüttentür getreten und kam jetzt langsam zu ihm herüber.

      „Ich kann nicht schlafen. Es ist alles so ungewohnt hier. So still und ruhig, fast unheimlich“, antwortete sie und ihre Stimme zitterte leicht.

      „Sie sollten einfach im Schlaf reden, dann hören Sie die Stille nicht“, schlug er ihr vor.

      Ein ironisches Grinsen huschte über sein Gesicht, während er sie musterte.

      Josi war eine durchaus ansehnliche Person. Ihre weinrot gefärbten Haare waren kurz geschnitten und am Hinterkopf hochtoupiert. Ihre kurzärmelige, weiße Bluse war am Bauch verknotet. Da sämtliche Knöpfe offen waren, konnte er deutlich erkennen, dass sie keinen BH trug. Trotz der kühlen Nachtluft hatte sie immer noch ihre khakifarbenen Shorts an. Die fingen ein ganzes Stück unterhalb des Nabels an und waren so weit hochgekrempelt, dass sie kaum eine Hand breit über den Po reichten. Ihr sportives Survival-Outfit wurde von schicken Trekkingstiefeln komplettiert, die bestimmt sündteuer waren.

      „Es ist nicht nett von Ihnen, sich über mich lustig zu machen. Ich kann doch nichts dafür, dass ich so viel Ruhe nicht gewöhnt bin.“

      Sie zog einen Schmollmund und setzte sich neben ihn auf den Stein, der eigentlich für zwei Personen viel zu schmal war. Das schien Josi aber überhaupt nicht zu stören. Im Gegenteil! Sie presste sich eng an ihn, legte ihren Kopf an seine Schulter und ihre Hand auf seinen Oberschenkel.

      „Aber wie wäre es, wenn wir die Zeit nutzen um uns ein wenig näher zu kommen?“ Ihre Stimme klang samtweich. Sie erinnerte Mark an das Schnurren einer Katze.

      Josi hob ihren Kopf und sah ihn an. Ihre Lippen waren leicht geöffnet. Selbst in der Dunkelheit konnte er das Blitzen ihrer weißen Zähne sehen. Ihre Blicke trafen sich und Mark stellte mit einer geradezu analytischen Nüchternheit fest, dass er absolut nichts fühlte. Weder ihr verführerischer Blick noch ihr zugegebenermaßen überaus attraktiver Körper, dessen Wärme er durch sein Hemd hindurch fühlen konnte, riefen irgendeine Reaktion bei ihm hervor.

      Er nahm ihre Hand, die zärtlich an der Innenseite seines Schenkels entlang strich, schob sie beiseite, stand auf und sagte:

      „Danke für das nette Angebot, aber ich habe kein Interesse. Im Übrigen wollen wir morgen ziemlich früh wieder weiter. Sie sollten also doch versuchen zu schlafen. Gute Nacht, Josi! Bis morgen!“

      Ohne sich weiter um die Frau, die ihn mit versteinerter Miene anstarrte, zu kümmern drehte er sich um und ging in die Hütte hinein. Er breitete seinen Schlafsack auf einer freien Pritsche aus und kroch hinein. Mit einem Gefühl vollkommener Zufriedenheit fiel er in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

      VI.

      „Auf uns! Weil wir die Größten sind!“

      Katie hob ihr Glas und prostete ihrer Mutter zu.

      Der Trinkspruch war zwischen ihnen zur festen Redewendung geworden, seit ihn Sophia zum ersten Mal benutzt hatte, als sie Katies gutes Übertrittszeugnis in das Gymnasium mit Orangensaft begossen hatten.

      Sophia lachte und schüttelte den Kopf:

      „Nein! Diesmal trinken wir auf dich! Auf dich und die Abenteuer, die dich in Afrika erwarten!“

      „Na gut! Auf dass ich den Kannibalen jedesmal rechtzeitig aus dem Kochtopf springen kann!“

      Katies Augen blitzten vor Übermut und ihr Gesicht strahlte vor Freude über das große Abenteuer, das am nächsten Morgen beginnen sollte.

      „Ich finde es übrigens super von dir, dass du mir meine Pläne nicht mit irgendwelchen blöden Undwennnunwaspassiert-Kommentaren vermiest hast“, meinte Katie, während sie ihr Glas zurückstellte und sich wieder dem Steak auf ihrem Teller zuwandte.

      Sophia schnitt eine Grimasse und erwiderte trocken:

      „Es hätte ja auch nichts genutzt. Richtig?“

      „Richtig!“

      Genussvoll schob Katie eine Gabel mit Erbsen in den Mund, die sie am Nachmittag so mühsam gezupft und ausgepalt hatte.

      Es war eine großartige Idee von ihrer Mutter gewesen, ihren Abschied mit einem Diner for Two zu feiern.

      Katie war sehr stolz auf Sophia. Nicht nur weil sie eine tolle Köchin war. Viele Mitschüler hatten Katie beim Abiturball ihretwegen Komplimente gemacht. Sie war die bei weitem jüngste aller Mütter, hatte eine tadellose Figur und gut tanzen konnte sie auch. Sogar der jüngere Bruder ihrer besten Freundin hatte seine frisch erworbenen Tanzkurserfahrungen genutzt und mit ihr Samba getanzt. Sein Kommentar ‚Boah, deine Mutter hat vielleicht eine affengeile Figur‘

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