Schwingen des Adlers. Anna-Irene Spindler

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Schwingen des Adlers - Anna-Irene Spindler

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er, ohne sie dabei anzusehen. Das Ganze klang ziemlich holprig.

      Obwohl Sophia sicher war, dass es nicht das war, was er eigentlich sagen wollte, nickte sie und meinte: „Ja, das wird es wohl gewesen sein.“

       Thomas Anninger sah sie mit einem leisen Lächeln an. Er schien sichtlich erleichtert zu sein, dass sie keine weiteren Fragen stellte.

      „Auf jeden Fall bin ich ihnen unendlich dankbar für das, was Sie heute getan haben. Sie haben ihm das Leben gerettet! Es wären möglicherweise viele Stunden vergangen, ehe man sein Verschwinden bemerkt hätte.“

      Er zögerte kurz und fuhr dann fort: „Wenn er wieder auf den Beinen ist, wird er sich bestimmt persönlich bei Ihnen bedanken.“

      Sophia legte ihre gesunde Hand auf seinen Arm.

      „Hören Sie! Ich möchte das nicht. Was ich getan habe war selbstverständlich. Jeder Andere hätte das auch getan. Ich will nicht, dass er das Gefühl hat, er schulde mir etwas. Tun Sie mir einen Gefallen und erzählen ihm nichts von mir. Sie können ihm ja von mir aus sagen, dass irgend jemand das Ganze beobachtet und per Handy die Bergwacht verständigt hat. Aber sagen Sie nicht wer es war und auf gar keinen Fall wo ich wohne. Und es wäre furchtbar nett, wenn Sie das auch dem Krankenhauspersonal plausibel machen könnten. Werden Sie das für mich tun?“ Bittend schaute sie ihn an.

      „Na gut! Wenn es das ist, was Sie wollen. Von mir wird er nichts erfahren. Und das mit den Anderen kläre ich auch“, versprach er ihr.

      Inzwischen waren sie bei der gläsernen Eingangstür des Krankenhauses angelangt. Sophia gab ihm seine Jacke mit einem Dankeschön zurück. Er fasste sie bei den Schultern, zog sie zu sich heran und küsste sie auf beide Wangen. „Es war mir eine Ehre Sie kennengelernt zu haben“, sagte er. „Ich hoffe wir sehen uns einmal wieder.“

      „Auf Wiedersehen“, flüsterte Sophia, zog ihre eigene Jacke an und stieg in eines der wartenden Taxis. Thomas Anninger öffnete die Beifahrertür.

      „Bringen Sie die Dame gut nach Hause. Die Fahrtkosten übernimmt die Bergwacht. Schicken Sie die Abrechnung in die Zentrale.“

      Er warf die Tür wieder zu und das Taxi fuhr los.

      „Wohin soll es denn gehen?“ Fragend sah der Fahrer in den Rückspiegel.

      „Nach Oberkirch. Zum Hotel Almrose“, antwortete Sophia und lehnte ihren Kopf gegen die Nackenstütze.

      Sophia öffnete die Glastür und trat auf den Holzbalkon hinaus. Auf der Brüstung lag der Schnee fast zwanzig Zentimeter hoch. Der zusammengeklappte Sonnenstuhl war vollkommen zugeschneit. Es sah aus als wäre er in Styropor verpackt. Dicke Schneeflocken schwebten noch immer langsam, aber stetig zu Boden, genauso wie am Nachmittag, als sie spazierengegangen war. Sie schüttelte den Kopf und schmunzelte. Es war schon verrückt, dass sie ausgerechnet zur gleichen Zeit dort unterwegs sein musste, wie dieser leichtsinnige Skifahrer.

      Wie hatte der Mann von der Bergwacht doch gleich gesagt?

      ‚Mark Suttner ist mein bester Freund.... Er ist der beste Bergführer weit und breit.... Er hat die Situation möglicherweise falsch eingeschätzt.‘

      „Das passt überhaupt nicht zusammen!“ Sophia dachte laut.

      Auch die Art wie Thomas Anninger auf ihre Frage geantwortet hatte, war sehr seltsam. Es klang so, als wäre er selbst nicht davon überzeugt gewesen.

      „Na, was soll’s!“ Sophia zuckte mit den Schultern.

      Auf jeden Fall war heute für sie der aufregendste Tag seit mindestens zehn Jahren gewesen. So etwas hätte sie in Tunesien bestimmt nicht erlebt. Zumindest hätte sie dort niemanden aus einer Schneelawine buddeln müssen. Und nachdem ihr Erlebnis ja letztendlich so glimpflich abgelaufen war, konnte sie es auch ohne Gewissensbisse in die Kategorie ‚aufregende Urlaubsabenteuer‘ abheften, von denen man zu Hause stolz erzählen konnte. Sophia streckte ihre bandagierte Hand aus. Mit den Fingerspitzen fing sie eine der vorbeischwebenden Schneeflocken auf. Sie sah zu, wie sich das zarte Gebilde in kürzester Zeit wieder in Wasser verwandelte und nur Tropfen zurückblieben. Sie hatte plötzlich das Gefühl, als spüre sie wieder den Puls des Mannes an ihren Fingerspitzen. Da wurde ihr bewusst, dass es fünfzehn Jahre her war, seit sie zum letzten Mal den Herzschlag eines Mannes auf ihrer Haut gespürt hatte. Und mit einem Schlag war es wieder da, dieses grenzenlose Gefühl des Verlassenseins und der Einsamkeit. Nach Stefans Tod hatte sie es eine so unglaublich lange Zeit mit sich herumgetragen, dass sie manchmal geglaubt hatte, sie würde es niemals wieder los werden. Es war zwar irgendwann, als sie selbst schon nicht mehr damit gerechnet hatte, allmählich erträglicher geworden und ihre Lebensfreude war nach und nach wieder zurückgekehrt. Doch ab und zu war es, wie aus heiterem Himmel, wieder da und erinnerte sie daran, wie allein sie war. Dann half auch der Gedanke an ihre Tochter Katie nicht mehr weiter. Das Gefühl des Alleinseins war dann so übermächtig, dass es ihr fast körperliche Schmerzen bereitete.

      Ein Schauer überlief sie. Fröstelnd presste sie die Arme an ihre Brust und versuchte krampfhaft dieses so unerwartet aus der Vergangenheit aufgetauchte Schreckgespenst zu verjagen. Noch hatte sie schließlich einen Tag Urlaub. Den wollte sie sich auf keinen Fall mit trüben Gedanken selbst vermiesen. Sie atmete tief die kalte Nachtluft ein.

      ‚Morgen werde ich mir zum Abschluss noch einmal eine Massage gönnen‘, beschloss sie spontan, ging zurück in ihr Zimmer und zog die Balkontür mit einer energischen Bewegung hinter sich zu.

      III.

      Ein dicker Spatz landete auf dem dünnen, elastischen Zweig der Birke. Der bog sich unter dem Gewicht weit nach unten und wippte auf und ab. Der Vogel verlor das Gleichgewicht und flatterte so knapp über den Kopf des Mannes davon, dass dieser den Luftzug der kleinen Flügel spüren konnte. Mark hob kurz den Kopf und sah dem ungeschickten, kleinen Flieger nach, ehe er sich wieder bückte um seinen Wanderstiefel zuzuschnüren. Danach hob er seinen Rucksack auf, schulterte ihn und schnallte ihn über der Hüfte fest.

      Er war froh, dass es endlich wieder los ging. Die vergangenen vier Monate hatten ihn fast um den Verstand gebracht.

      Mark sperrte die Haustür ab, steckte den Schlüssel in die Innentasche seiner Daunenweste und zog den Reißverschluss zu. Es war kurz nach sechs Uhr und noch empfindlich kalt, obwohl der Himmel schon strahlend blau war. Die Morgensonne tauchte die Spitzen der schneebedeckten Berge in gleißendes Licht. Jetzt Ende April war der Schnee im Dorf bis auf einige wenige schmutzige Haufen verschwunden. Das schmuddelige Graubraun der Wiesen verwandelte sich da und dort schon in ein zartes Hellgrün.

      Mit langsamen, bedächtigen Schritten ging er quer über seinen geschotterten Hof zu der schmalen geteerten Straße, die ins Dorf führte. Sein Haus lag am Ortsrand. Bis zur Tourist-Information, die auch gleichzeitig als Bergwacht-Station diente, waren es gut fünfhundert Meter.

      Die Gruppe schien noch nicht da zu sein. Also schnallte er seinen Rucksack ab und lehnte ihn an die Außenwand. Schwungvoll öffnete er die dunkle Holztür. Mit einem gut gelaunten „Guten Morgen! Ist der Kaffee fertig!“ trat er ein. „Komm rein mein Junge! Er wartet schon auf dich!“, kam eine tiefe Stimme aus dem Hintergrund.

      Thomas Anninger schüttete Kaffee aus einer Kanne in eine Tasse und hielt sie ihm hin.

      „Schön dich wieder hier zu haben, Mark“, sagte er und nahm einen großen Schluck Kaffee aus seiner eigenen Tasse.

      „Ja, ich bin auch froh, dass dieses Herumlungern

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