Schwingen des Adlers. Anna-Irene Spindler

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Schwingen des Adlers - Anna-Irene Spindler

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zu viel zumutest?“

      „Ich denke nicht. Seit Anfang Februar habe ich jeden Tag Krafttraining gemacht. Wenn sogar der Krankengymnast mit mir zufrieden ist, will das schon was heißen“, erwiderte Mark.

      „Das kann schon sein. Aber Training an der Hantelbank und auf dem Laufband ist etwas anderes als eine Zwei-Tages-Tour über holprige, unebene Bergpfade.“ Thomas sah ihn eindringlich an.

      „Willst du es dir nicht doch noch einmal überlegen? Ich kann die Tour übernehmen. Das ist kein Problem für mich.“

      „Unsinn! Schenk mir lieber noch einen Kaffee ein“, sagte Mark und streckte seinem Gegenüber die leere Tasse hin. „Die Strecke zur Niederwaldhütte ist doch nicht weiter anspruchsvoll. Die Anstiege sind so gemächlich, da kommt jeder Opa aus dem Altersheim noch hinauf. Und der Abstieg über die Reiteralm führt fast ausschließlich über Bergwiesen. Da kann auch nicht viel passieren.“ „Wenn du meinst! Du musst es selbst wissen. Alt genug bist du ja.“

      Thomas gab sich geschlagen. Wenn Mark sich etwas in den Kopf gesetzt hatte konnte ihn Nichts und Niemand davon abbringen. Das wusste er nur zu genau. Er sah zu seinem Freund hinüber. Die tiefe Sonnenbräune, die Mark sonst das ganze Jahr über zur Schau trug, war einer fahlen Blässe gewichen. Auch seine blonden Haare, oben am Scheitel von der Sonne normalerweise fast weiß gebleicht, waren ziemlich nachgedunkelt. So fielen auch die grauen Haare, die sich an den Schläfen eingeschlichen hatten, deutlich auf. Thomas hatte den Eindruck, dass in den Wintermonaten einige neue hinzu gekommen waren. Trotzdem war Mark Suttner ohne Zweifel ein wirklich gut aussehender Mann. Mit seinen einundvierzig Jahren war er auch nach dieser viermonatigen Zwangspause so fit, dass er ohne weiteres mit jedem Fünfundzwanzigjährigen konkurrieren konnte. Nur die beiden steilen Falten zwischen den Augenbrauen und die tiefen Furchen neben den Mundwinkeln, die trotz des Dreitagebartes noch gut sichtbar waren, gefielen Thomas gar nicht.

      ‚Er hatte den Winter über viel zu viel Zeit zum Grübeln‘, ging es ihm durch den Kopf.

      Vielleicht war es ja tatsächlich das Beste wenn Mark endlich wieder unterwegs war. Mit einem Haufen schnatternder Touristen im Schlepptau hatte man keine Zeit zum Nachdenken.

      „He! Was geht dir denn schon wieder durch den Kopf? Vergiss es einfach! Du kannst mich nicht umstimmen.“

      Marks hellblaue Augen ruhten mit einem amüsierten Blick auf seinem Freund, der ihn so nachdenklich anstarrte, dass er sich wie ein Frosch auf dem Seziertisch vorkam. Obwohl Thomas nur fünf Jahre älter war, behandelte er Mark oft wie einen kleinen Jungen, den man nicht aus den Augen lassen durfte. „Sag mir lieber, was das heute für eine Gruppe ist.“

      Thomas ging hinüber zum Tresen der Tourist-Information, öffnete einen Ordner und holte einen Zettel heraus.

      „Es sind sieben Personen. Vier Männer und drei Frauen. Es sind lauter unterschiedliche Namen. Offensichtlich gehören sie nicht zusammen, obwohl man heutzutage nach den Namen ja nicht mehr gehen kann. Eine Journalistin ist dabei. Sie hat uns in einem Brief mitgeteilt, dass sie Berichte für Frauenzeitschriften schreibt. Anscheinend testet sie Urlaubsgebiete auf ihre Tauglichkeit als Ziele für alleinreisende Frauen. Von den Anderen weiß ich nichts.“

      „Oh je! Das ist bestimmt wieder so eine Pseudoemanze. Eine von der Sorte, die bei jeder Gelegenheit erwähnen, wie wunderbar sie ohne Mann klarkommen. Und am Ende erwarten sie doch, dass man sie über jede Pfütze trägt. Das kann ja heiter werden.“

      „Kann es sein, dass du gewisse Vorurteile gegenüber gewissen Frauen hast?“ Thomas’ Worte trieften vor Sarkasmus.

      „Du weißt doch: Vorsicht ist besser als Nachsicht“, antwortete Mark und grinste seinen Freund an.

      Plötzlich stutzte er. Erwartungsvoll hob er seinen Zeigefinger.

      „Hörst du das? Ich glaube sie kommen. Das Geschnatter hört man schon meilenweit. Also, auf ins Getümmel.“

      Thomas legte seinem Freund den Arm auf die Schulter und begleitete ihn zur Tür.

      „Reiß dich bloß zusammen! Vergiss nie, dass Touristen eine der wenigen Einnahmequelle sind, die wir hier haben. Also sei freundlich und charmant und kehr auf keinen Fall den knurrigen Bergsonderling hervor, wenn dir die Mädels schöne Augen machen. Verstanden?!“

      „Ja Papa!“, lachte Mark und öffnete die Tür.

      „Mach’s gut! Bis übermorgen!“ Thomas klopfte seinem Freund zum Abschied auf die Schulter und schloss die Tür hinter ihm.

      IV.

      Sophia stellte den letzten Kinderstuhl auf einen der Spieltische, schnappte sich den Besen und fing an die Papierschnipsel zusammen zu fegen. Sie hatte mit der Nachmittagsgruppe begonnen das Muttertagsgeschenk zu basteln. In diesem Jahr sollten es große Herzen aus Pappmaschee werden.

      Das Aufblasen der herzförmigen Luftballons und das Zerreißen des Zeitungspapiers hatte ja noch hervorragend funktioniert. Aber das anschließende Einkleistern und Aufkleben der Papierstreifen auf die Ballons war im Handumdrehen in eine fürchterliche Schweinerei ausgeartet. Der Tapetenkleister war überall gelandet nur nicht dort wo er eigentlich hin sollte. Aber nach eineinhalb Stunden war doch jeder der elf Herzerl-Ballons mit mindestens drei Schichten Papier überzogen. Danach hatte sie fast die gleiche Zeit noch einmal gebraucht um die Kinder zumindest von den gröbsten Spuren des ‚kreativen Bastelns‘ zu befreien. Jeder Ballon hatte ein Namensfähnchen erhalten und wurde mit einer stabilen Schnur versehen an dem dicken Holzbalken, der die Galerie abstützte, zum Trocknen aufgehängt.

      Sie bückte sich, um die Hinterlassenschaften der eifrigen, kleinen Künstler unter den niedrigen Tischen mit dem Besen zu erwischen.

      „Die sind ja toll geworden!“

      Sophia sah hoch. Schwester Marie-Agnes stand unter der Tür. Sie bewunderte die Zeitungspapierherzen, die sich im Luftzug langsam um die eigene Achse drehten.

      „Wart’s nur ab, wenn sie erst noch mit Transparentpapier beklebt sind. Jede Galerie in der Stadt würde sich dann um die Kunstwerke der Kinder reißen“, sagte Sophia nicht ohne Stolz in der Stimme.

      Sie fegte die letzten Reste der Bastelei zusammen, schob diese auf die Kehrschaufel und entsorgte sie im Mülleimer.

      Schwester Marie-Agnes setzte sich auf einen der niedrigen Tische. Sie kannte Sophia nun schon seit beinahe zwanzig Jahren und fast genauso lange arbeiteten sie bereits gemeinsam im Kindergarten. Und immer wieder war sie aufs Neue verblüfft, wieviel Eifer und Begeisterung Sophia trotz dieser langen Zeit noch an den Tag legte. Sie schaute ihr zu wie sie den Besen aufräumte und dann die Fenster der Reihe nach wieder schloss.

      „Wie geht es Katie? Die Prüfungen haben doch schon angefangen, nicht wahr?“ „Ja! Deutsch hat sie schon hinter sich. Ihrer Einschätzung nach ist es wohl ganz gut gelaufen. Morgen schreibt sie Französisch und am Freitag dann noch Mathe. Die mündlichen Prüfungen sind dann nächste und übernächste Woche dran. Physik und Geschichte.“

      „Na dann hat sie es ja bald überstanden.“

      „Und ich auch“, fügte Sophia schmunzelnd hinzu. „Wenn ich zurückdenke, war es bedeutend einfacher selbst Abitur zu schreiben, als jetzt Katie´s permanente Hektik und Launen zu ertragen. Wenn man sie so beobachtet könnte man meinen, sie hätte die letzten neun Jahre geschlafen und müsste jetzt den gesamten Lehrstoff des Gymnasiums in zwei Wochen nachlernen. Sie ist

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