Sucht Ho Ki Su. Hans Gerd Scholz

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Sucht Ho Ki Su - Hans Gerd Scholz

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jetzt den übrigen Atommächten gleich zu sein. Niemand konnte daran denken, Nordkorea anzugreifen. Eine Invasion vom Süden her war unmöglich geworden.

      Doch Südkorea hatte andere Sorgen. Da gab es die Asienkrise, unter das Land zu leiden hatte. Da wollte sich niemand den darbenden Norden aufhalsen. Gut, dass es die Demarkationslinie gab, dass kein Flüchtling sie überwinden konnte. Gut, dass man nicht Milliarden in den Norden transferieren und eine neue Regierung beim Aufbau des Landes unterstützt werden musste. Oder noch schlimmer: Eine Wiedervereinigung zu bezahlen. Gut, dass es zwei Koreas gab.

      Wen störte da schon das Säbelrasseln dieser Komiker aus Pjöngjang? Wie sagte dieser Mitarbeiter der nordkoreanischen Nachrichtenagentur doch gleich? „Wir hoffen, dass die Lage geklärt ist, bevor es zu einem unglücklichen Zwischenfall kommt und wir eine Atomrakete abfeuern!“

      Oder die Drohung Kim Jong-Uns, einen atomaren Präventivschlag gegen die USA zu führen. Zu all dem kam es bislang nicht und wird es wohl auch nie kommen. Auch nicht, als das amerikanische Spionageschiff hops genommen wurde und der militärische Stützpunkt mit Hunderten von Granaten beschossen wurde, wobei mehrere Menschen starben. Und auch nicht, als man das Kriegsrecht ausrief, weil Südkorea und die USA ein Flottenmanöver im chinesischen Meer abhielten.

      Die Regierung des Nordens lebte in ständiger Angst. Angst vor der übrigen Welt, von der sie sich ausgegrenzt fühlte. Angst vor der eigenen Bevölkerung, die sie deshalb in engen Grenzen halten musste.

      Pang La-wan begann zu verstehen, verstand immer mehr. Begann, die täglichen Nachrichten einzuordnen. Sah sie von der anderen Seite und begriff, was passierte. Mit den Menschen, mit ihr.

      Irgend etwas musste sie tun. Sie wusste nicht was. Sie griff zum Telefonhörer.

      „Hallo, hier La-Wan. Können wir uns sehen?“

      „Heute Abend wäre es mir möglich, mich für zwei Stunden loszueisen. Wo brennt es denn?“.

      „Ich muss mit dir reden. Dir etwas zeigen. Dinge, die du nicht für möglich hälts. Aber kein Wort zu niemandem!“

      „Hört sich ja interessant an. Na, da bin ich mal gespannt“; meinte ihr Freund lachend.

      Wütend knallte sie den Hörer auf die Gabel. Er schien sie nicht ernst zu nehmen. Aber das würde sich ändern.

      Als er in ihrer Wohnung erschien, stellte sie den Computer an. Während sie wartete, dass das Gerät hochfuhr, bot sie ihm einen Drink an.

      „Den wirst du brauchen!“, meinte sie mit ernster Stimme.

      Und zeigte ihm die Wirklichkeit, die sie auf die kleinen USB-Sticks gespeichert hatte.

      „Wo hast du das her?“

      Geht dich nichts an. Konzentriere dich auf die Inhalte“.

      Und dann begann er zu lesen. Sah sie ab und an mit hochrotem Kopf an.

      „Alles dumme Propaganda. Wir leben in Nordkorea. Die wollen uns schlecht machen. Glaubst du den Blödsinn denn?“

      Wütend entgegnete sie: „Wie kann man nur so blöd sein. Du bist wie ein Geisterfahrer auf der Autobahn, der glaubt, auf der richtigen Spur zu sein und alle anderen führen falsch. Nimm nur für eine Sekunde an, dass die Nachrichten, die du gerade gelesen hast, der Wahrheit entsprechen. Die so auf der ganzen Welt verbreitet werden. Von Peking bis Tokio, von New York bis London. Nur in Pjöngjang klingen sie völlig anders“-

      Gemeint war die Meldung über den neuesten Atomtest ihres Landes. Und die internationalen Reaktionen darauf.

      „Sieh die die Bilder der Einkaufsstraße in Tokio an. Die Lichtreklamen. Vergleiche das doch mal mit dem, was du draußen siehst. Egal, wohin man blättert, überall scheint es den Menschen besser zu gehen als bei uns. Woran kann das liegen?“, wollte sie von ihm wissen.

      „Warum lässt man uns nicht ins Netz, was haben die da oben zu verbergen, wovor haben sie Angst?“, insistierte sie.

      Ihr Geliebter hatte darauf keine Antwort.

      „Ich muss nachdenken“; sagte er und legte sich auf das Sofa.

      Sie kuschelte sich an ihn, begann ihn zärtlich zu streicheln. Doch er schob ihre Hand weg.

      „Nein, komm lass mich. Ich bin zu aufgewühlt, muss das alles erst mal verarbeiten“.

      Dafür hate sie volles Verständnis. Ihr war es ja ähnlich ergangen. Und morgen war ein neuer Tag, um sich den Kopf zu zerbrechen oder zur Abwechslung mal wieder an Sex zu denken.

      ******

      Seit mehreren Tagen war Sun Kim verstört. Wirkte abwesend, setzte plötzlich zum Reden an, unterbrach sich nach wenigen Wörtern. Irgendetwas stimmte nicht. Nicht mit ihm, sondern mit seinem Freund, dem er mehr vertraute als irgend jemandem sonst unter den Kameraden. Das war etwas ganz besonderes. Vertrauen, jemandem vertrauen in einer Welt, in der jeder jeden bespitzelte. „Selbst dein Rücken ist dir fremd“, warnt eine nordkoreanische Volksweisheit vor zu viel Vertrauensseligkeit. Und doch, seinem Freund vertraute er. Denn irgend jemandem musste man vertrauen. Denn ohne kann man nicht leben. Nirgendwo.

      Sun Kim vertraute ihm ebenfalls. Mehr als irgendjemandem sonst. Das wusste Ki Su. Deshalb fragte er nicht. Fragte nicht nach dem sonderbaren Verhalten. Er würde ihm schon sagen, was ihn bedrückte. Dann, wann er es wollte. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen war.

      Hai Sun Kim schloss und verriegelte die Tür des Zimmers, das sie gemeinsam bewohnten. Des Zimmers mit dem Computer, an dem sie arbeiteten. Der die streng geheimen Pläne mit den Raketenstellungen enthielt. Die niemals in die Hände der Feinde gelangen durften.

      Plötzlich zog Hai Sun einen winzigen USB-Stick aus der Tasche, steckte ihn in den Slot. Wenige Augenblicke später flimmerten Bilder über den Bildschirm. Bilder, wie Ki Su sie noch nie gesehen hatte. Eine Straßenschlucht in Tokio. Menschengewimmel. Luxuslimousinen. Ein Meer bunter Neonreklamen, deren grelles Licht in den Augen schmerzte.

      „Was war das?“

      Ki Su erschrak bis ins Mark, wollte nicht glauben, was ihm seine Augen vorgaukelten. Unmöglich. Dies war absolut unmöglich.

      Wütend fuhr er seinen Freund an: „Was soll der Scheiß? Wo hast du das her?“.

      Sun Kim hatte mit dieser Reaktion gerechnet. Genau so hatte er selbst reagiert, als er zum ersten Mal diese Bilder sah. Bilder aus einer anderen Welt. Von einem anderen Planeten. Bilder, die es nicht geben konnte.

      Und Informationen. Texte aus Zeitschriften, Magazinen und Journalen. Fernsehnachrichten aus

      Südkorea. Er wollte alles abtun als Propaganda. Doch es gelang ihm irgendwie nicht. Wollte nicht daran glauben, dass es diese Dinge wirklich geben konnte.

      Die aber existierten. Wie ihm sein Kamerad versicherte, waren sie ebenso wirklich, ebenso real wie das was er sah, wenn er den kleinen alten schwarz-weiß Fernseher einschaltete oder wenn er aus dem Fenster blickte. Nichts sei getrickst, nichts gelogen. So hatte es ihm Hai Sun Kim versichert.

      Dann hatten sie sich gemeinsam im Internet umgeschaut.

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