Sucht Ho Ki Su. Hans Gerd Scholz

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Sucht Ho Ki Su - Hans Gerd Scholz

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      Dies war mehr als Rache. Dies war seine Verantwortung. Die Verantwortung für sein Land, für seine Menschen. Für den Frieden. Den Schutz all derer, die im atomaren Feuer verglühen würden.

      Ki Su lag auf seiner Pritsche in der Gefangenenbaracke und überlegte. Gab es einen Weg zu entkommen? Wie konnte es gelingen, aus der Anlage zu verschwinden und nicht schon nach wenigen Stunden eingefangen zu werden? Er musste damit rechnen, entweder sofort erschossen oder zur Abschreckung der Mithäftlinge von den Suchhunden zerfleischt zu werden.

      Einfach während des täglichen Wegs in den Steinbruch weglaufen, war aussichtslos. Nachts über die Stacheldrahtzäune zu klettern, zu gefährlich. Sie waren in doppelter Reihe angelegt; zwischen ihnen befand sich der Laufgraben mit den Hunden, die an langen Drähten geführt, sich schnell bewegen konnten. Dabei war davon auszugehen, dass die oberen Drähte Starkstrom führten. Und dann waren da ja noch die Scheinwerfer und Wärmebildkameras. Nein, so ging das nicht.

      Er musste durch das von Wachen gesicherte Tor. Einen anderen Weg gab es nicht. Aber wie? Ihm kam der alte russische Geländewagen vom Typ UAZ 469 in den Sinn, mit dem der Lagerkommandant öfter am frühen Abend verschwand. Meistens am Mittwoch, aber nicht immer. Ki Su hatte öfter, kurz vor dem einschlafen, den Motor des wegfahrenden Autos gehört. Konnte er unbemerkt in das Fahrzeug gelangen? Würden die Torwachen diesen Wagen überhaupt kontrollieren?

      Der Kommandant war bei allen, nicht nur den Gefangenen sondern auch den Bediensteten, wegen seiner Härte und den oft unvorhersehbaren Wutausbrüchen gefürchtet. Wie Ki Su erfahren hatte, hatte man ihn erst seit einem halben Jahr nach hier versetzt. Sein Vorgänger war aus irgend einem Grund in Ungnade gefallen und entfernt worden. Vielleicht, weil er zu weich war. Das würde man dem jetzigen Chef wohl kaum nachsagen können. Es war damit zu rechnen, dass ihn deshalb die Wachmannschaft ohne großes Aufhebens durchwinken würde.

      Seit ein paar Tagen war Ki Su im Besitz des etwa zwölf Zentimeter langen Nagels, in seinen Händen eine gefährliche Waffe. Mühsam hatte er ihn aus dem vermoderten Balken des stinkenden Klohäuschens gepuhlt. Dort war man allein; er konnte unauffällig arbeiten. Dennoch war es sehr mühsam und zeitaufwändig, den rostigen Nagel zu lockern, das mürbe Holz soweit zu entfernen, dass er den Nagelkopf zu fassen bekam und mit dem faustgroßen Stein vorsichtig nach hinten ziehen und herausschlagen konnte. Seine relativ lange Verweildauer auf dem Scheißhaus erklärte er seinem Pritschennachbarn mit Durchfall, unter dem er leide.

      Dann hatte er mit dem Schleifen der Nagelspitze begonnen. In jeder unbeobachteten Minute schliff er ihn an dem kleinen Kieselstein, den er in der Hosentasche mitführte.

      „Was machst du denn da?“, fragte sein Pritschennnachbar, als er nachts vor dem Einschlafen unter der dünnen Decke an dem Nagel schliff.

      Erschrocken hielt Ki Su inne. Hatte der Kerl etwas gemerkt? Dabei dachte Ki Su, er würde fest schlafen.

      „Penn einfach weiter“, entgegnete er scharf.

      Hatte der Mann ihn bewusst getäuscht, indem er sich schlafend stellte? Ahnte er, dass Ki Su etwas vorbereitete, vielleicht einen Ausbruch plante? Wenn er ihn verriet, oder vielleicht nur einen Verdacht äußerte, war Ho Ki Su in größter Gefahr. Auf keinen Fall durfte der Nagel bei ihm gefunden werden. Ihn wie bislang unter der Matratze zu verstecken, kam nicht in Frage.

      Er deponierte ihn am nächsten Morgen in der Gemeinschaftslatrine. Sollte man das angeschliffene Metallstück dort finden, waren alle gleich verdächtig. Bei jedem gang zur Toilette arbeitete er an seiner Waffe. Natürlich hatte jeder ungehindert Zugang zu der Toilette. Sie war zwar durch eine Tür geschlossen, aber nicht verriegelbar. So musste Ho Ki Su während er auf der primitiven Holzplatte mit dem Loch in der Mitte hockte, aufmerksam lauschen, ob sich kein anderer näherte.

      Er schliff wann immer es ihm möglich war, und irgendwann wurde die Spitze des Nagels zu einer messerscharfen Klinge.

      Heute war wieder Mittwoch. Heute oder nie.

      „Ich geh noch mal aufs Scheißhaus“, sagte er zu dem Kerl neben sich auf der Pritsche. Der war schon am eindösen und würde hoffentlich nicht bemerken, dass der Platz neben ihm in dieser Nacht leer bleiben würde.

      Ganz fair war das gegenüber den Mithäftlingen nicht. Sie wurden hart dafür bestraft, wenn einer die Flucht wagte, weil sie es nicht rechtzeitig gemeldet hatten. Aber konnte er darauf Rücksicht nehmen? Ihnen drohte Essensentzug, Stockschläge und der Verlust aller Vergünstigungen, wie dem warmen Feuer in der Baracke. Das gehörte jedoch zum Schicksal eines Gefangenen dazu und konnte ohnehin zu jeder Zeit aus nichtigem Grund über sie hereinbrechen.

      Geduckt schlich er im Schatten der Baracke in Richtung auf den Abstellplatz des Geländewagens. Bloß nicht dabei gesehen werden, wie er zu den verbotenen Bereichen des Lagers unterwegs war. Er musste warten, bis sich der Scheinwerfer über ihn hinweggedreht hatte und hoffen, dass ihn niemand in dem gleißenden Licht bemerkte. Dann spurtete er los. Als er das Auto erreicht hatte, kroch er schnell darunter, um das helle Licht erneut vorüber streichen zu lasse. Dann kam wieder die kurze Dunkelphase. Blitzschnell öffnete er die hintere Tür.

      Dieser Fahrzeugtyp verfügte in der Militärversion über keine abschließbaren Türschlösser. Niemand hätte es gewagt, weder in der Sowjetunion früher noch jetzt in Nordkorea, sich am Eigentum der Streitkräfte zu vergreifen.

      Eng presste er sich hinter die Vordersitze und hoffte, dass er die ungemütliche, zusammengekauerte Stellung noch eine Weile durchhalten könnte. Wenigstens so lange, bis sie das Tor passiert und er mit dem Kommandanten allein war.

      Ki Su hoffte natürlich, dass dieser keinen weiteren Mitfahrer einsteigen lassen würde. Aber auf Grund des Rufes, den der Lagerleiter hatte, war damit eigentlich nicht zu rechnen. Weiter musste er hoffen, dass dieser seinen Wagen in der Dunkelphase besteigen würde, weil er sonst den blinden Passagier möglicherweise entdecken konnte.

      Schwere Schritte näherten sich. Ki Sus Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Mit einem Ruck wurde die Fahrertür geöffnet. Der Kommandant warf eine schwere Tragetasche auf den Beifahrersitz. Dann steckte er den Zündschlüssel ins Schloss, drehte. Der Anlasser begann mühsam seinen Dienst aufzunehmen. Die Batterie war fast am Ende. Auch nach mehreren Versuchen wollte der Motor nicht anspringen.

      Wenn es ihm beim nächsten Versuch nicht gelang, den Wagen zu starten, würde der Kommandant wahrscheinlich Hilfe holen. Dann war Ki Su geliefert.

      Das Wunder geschah. Auf den letzten Rest Batteriestrom begann der Motor stotternd, sich in Bewegung zu setzen. In Bewegung setzte sich auch der alte Geländewagen, hielt dann vor dem Tor. Das schwere, rund drei Meter hohe rostige Eisengitter schwang auf. Sie waren draußen.

      Ki Su wartete noch zehn Minuten, während denen sie in Richtung auf das etwa 20 km entfernte Dorf zufuhren. Dann begann er zu handeln. Er zog den Nagel aus dem Ärmel, richtete sich vorsichtig auf. Der Fahrer war voll damit beschäftigt, sich auf die Straße zu konzentrieren, um den tiefsten Löchern und dicksten Steinbrocken auszuweichen, die immer wieder im trüben Scheinwerferlicht auftauchten. Auch das laute Brummen der Maschine trug dazu bei, dass Ki Su nicht vorzeitig entdeckt wurde.

      „Fahr einfach geradeaus weiter“, zischte er dem Kommandanten ins Ohr. Dabei presste er die Nagelspitze schmerzhaft unter dessen rechte Ohrmuschel. „Komm auf keine dummen Gedanken, oder du hast einen rostigen Nagel im Kopf“. Dem Fahrer war sofort klar, dass er keine Chance hatte. Dieser verdammte Kerl würde umgehend Ernst machen, wenn er nur das kleinste Zeichen von Widerstand spürte. Er musste seinen Anweisungen folgen. Aber das würde er ihn später spüren lassen.

      „Wo

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