Sucht Ho Ki Su. Hans Gerd Scholz

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Sucht Ho Ki Su - Hans Gerd Scholz

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dich nichts an2; antwortete der nKommandant scharf.

      „Ich frage nicht noch einmal?“, zischte Ho Ki Su und presste die scharfe Klinge fester unter das Ohr. Ein dünner Faden Blut begann zu rinnen.

      „Zu einer Frau“.

      „Wo?“

      „Im nächsten Dorf“, kam die Antwort.

      „Was ist in der Tasche“ wollte er dann wissen.

      „Ein paar Lebensmittel“, erwiderte der Kommandant.

      Die hat er bestimmt von den Rationen der Wachmannschaft abgezweigt, dachte Ki Su bei sich. Wenn dem so war, er würde sie gut gebrauchen können.

      Auf der rechten Straßenseite tauchte eine Buschreihe auf. Ki Su befahl, dahinter anzuhalten. Sie waren das einzige Auto weit und breit auf der Straße, die ansonsten nur von den uralten Kippern zum Abtransport des Magnesiumerzes genutzt wurde. Privatbesitz von Autos war in diesem Land nur den obersten Schichten der Bevölkerung vorbehalten. Dieser Russenjeep war eine Ausnahme, die der Kommandant irgendwie gedreht haben musste. Das Fahrzeug selbst stammte aus einer Zeit, als die Russen mit Nordkorea Geschäfte machten. Damals, vor den Neunzigern, arbeiteten viele koreanische Strafgefangene in Sibirien, meistens als Holzfäller. Da war es noch leicht, die Biege zu machen, dachte Ki Su voller Bedauern.

      Er formte eine Schlaufe aus der Kordel, die bisher seine Hose gehalten hatte. Dann befahl er dem Kommandanten, die Arme hinter den Fahrersitz zu strecken. Während Ki Su den Nagel nach wie vor am Ohr seines Gefangenen hatte, schlang er ihm blitzschnell die Schlaufe über die Unterarme und zog fest. Nun waren sie hinter dem Sitz fixiert und er konnte seine rechte Hand herunternehmen, um die Fesselung provisorisch zu beenden.

      So gut es in dieser Stellung ging, begann er den Gefangenen nach Waffen abzusuchen. Auch wenn er seine Uniform im Dienstzimmer gelassen und mittlerweile Zivilklamotten trug, konnte er trotzdem eine Schusswaffe bei sich führen. Und so war es auch. Ki Su fand in der inneren Tasche der braunen Wattejacke eine kleine Pistole, Kaliber 7,65. Schnell untersuchte er, ob sie durchgeladen war.

      Dann prüfte er, wieviel Schuss sich im Magazin befanden. Er war zufrieden. Mit einer tausendfach geübten Bewegung zog er den Schlitten nach hinten, wodurch der Hahn gespannt und die erste Patrone aus dem Magazin in den Lauf geschoben wurde. Jetzt war die Waffe feuerbereit.

      Er löste die Fesseln und befahl dem Gefangenen auszusteigen. Diese Situation war kritisch, möglicherweise würde sein Gegner jetzt einen Angriff starten. Deshalb hielt er ihm die Pistole an den Hinterkopf. Er würde im Fall des Falles abdrücken. Und das wusste auch der Kommandant.

      Er brauchte die Zivilkleidung des Mannes.

      „Zieh deine Klamotten aus!2, befahl er.

      „Was soll das? Soll ich erfrieren?“.

      „Ich geb dir meine dafür. Werden dir bestimmt gut stehen!“.

      Ho Ki Su bereitete es eine gewisse Genugtuung, das angewiderte gesicht des Lagerkommandanten zu sehen. Er in Häftlingskleidung. Da waren ihm Hohn und Spott der gefangenen sowie aller Wachsoldaten gewiss.

      Doch daran dachte der Kommandant jetzt nicht. Er wollte mit dem Leben davon kommen. Er hatte durch seine oft ungerechtfertigten Bestrafungen so viel Wut und Hass auf sich gezogen, dass dem kerl zuzutrauen war, dass er bei der kleinsten Gelegenheit abdrückte.

      Ho Ki Su entledigte sich seiner verschmutzten Lumpen und forderte seinen Gefangenen auf, diese anzuziehen. Als die Kleidung gewechselt war, befahl Ki Su ihm, sich mit der Stirn am Wagen abzustützen, die Beine zu spreizen und einen Schritt zurückzutreten. Dann fesselte er ihm die Hände erneut auf den Rücken.

      Vorn rechts im Fußraum befand sich die Halterung für den Verbandskasten. Er war gegen alle Wahrscheinlichkeit noch vorhanden. In ihm lag noch etwas Heftpflaster, drei Mullbinden und eine rostige Schere. Mit einer der Binden fesselte er die Füße des Kommandanten. Das Heftpflaster klebte er ihm über den Mund.

      Dann zog er ihn weiter ins Gebüsch und ließ ihn liegen. Wahrscheinlich würde er sich selbst befreien können. Wenn nicht, hatte er eben Pech gehabt. Darüber dachte Ki Su im Moment nicht nach. Es beunruhigte sein Gewissen auch nicht weiter. Er brauchte nur an das Verhalten dieses Lagerkommandanten gegenüber den Gefangenen zu denken.

      Nachdem er in die Kleidungsstücke seines Opfers geschlüpft war, schwang er sich in den Wagen. Ki Su freute sich über die warmen, sauberen Sachen, den fast neuen, dicken Wollpullover, die derben Lederstiefel und die saubere Baumwollhose. In ihr fand er ein kleines Gasfeuerzeug und eines dieser billigen Werkzeugmesser aus chinesischer Produktion, die mittlerweile auch nach Nordkorea gelangt waren. In der Manteltasche entdeckte er ein Portemonnaie mit einem ansehnlichen Geldbetrag. Alles Dinge, über die er sehr glücklich war und die für seine Flucht von großem Wert sein würden.

      **********

      Lange hatte er darüber nachgedacht, wie er nun vorgehen sollte. In den schlaflosen Nächten der letzten Wochen war ihm klargeworden, dass die Regierung es unter keinen Umständen zulassen konnte, dass er das Land verließ. Da waren nicht nur die Vorbildfunktion einer geglückte Flucht für Nachahmer unter den Soldaten, nicht nur die Tatsache, dass er ein unbedingt zur Bestrafung zu führender Verräter und Verbrecher war, sondern vor allem seine Kenntnisse über die Stationierung der Atomraketen, die das gesamte Verteidigungsprogramm des Landes Makulatur werden ließen, sollten sie in die Hände des Feindes fallen. Sie würden alles, wirklich alles daran setzen, ihn zu finden.

      Sollte seine Flucht Erfolg haben, musste er sich völlig anders verhalten, als sie es von ihm erwarten würden. Die logische Fluchtroute wäre in Richtung des Grenzabschnitts im Nordosten des Landes nach Russland. Die knapp zwanzig Kilometer entlang des Flusses Tumen würden sie vollständig abriegeln. Und zwar so lange, bis sie ihn gefasst hätten. Sollte er die Grenzanlagen überwinden können, wäre es von dort nach Wladiwostok nur noch ein Katzensprung. In der Hafenstadt sollte es möglich sein, auf einem Frachter nach Japan zu gelangen. Dort wäre er vor einer Auslieferung sicher. Aber dieser Weg war versperrt, davon konnte er ausgehen.

      Die Küste würden sie ebenfalls genauestens überwachen. Von dort, sowohl im Osten wie im Westen, verließen immer wieder Flüchtlinge auf kleinen, zerbrechlichen Booten das Land.

      Vertrauten sich der See an, obwohl ihre Gefährte meist weder über die erforderlichen Sicherheitseinrichtungen, Rettungsmittel noch über ausreichende Seeerfahrung ihrer Kapitäne verfügten. Hinzu kam, dass jetzt alle Häfen genauestens kontrolliert wurde, ein Heer von Spitzeln und Aufpassern angeheuert würde, um seine Flucht zu verhindern. Er war der meistgesuchte Mann. Nein, über See nach Südkorea zu gelangen, war zumindest ihm unmöglich.

      Die chinesische Grenze im Norden war dagegen verhältnismäßig schwach bewacht. Noch vor nicht allzu langer Zeit herrschten ja brüderliche Beziehungen zu dem Riesenreich. Nordkorea konnte sicher sein, dass alle aufgegriffenen Flüchtlinge umgehend zurückgeschickt wurden. Doch dies war der einzige Weg. Rund eintausendfünfhundert Kilometer lang war diese Grenze. Da musste es ein Loch geben, durch das er verschwinden konnte. Selbst dem mächtigen Geheimdienst konnte es nicht gelingen, sie hermetisch abzuriegeln. Hier blühte immer noch der Schmuggel, mit dem der größte Mangel im Land behoben wurde und allein deshalb schon nicht völlig unterbunden wurde. So gelangten hochwertige elektronische Güter ins Land, für die es in Nordkorea keine Produktionsstätten gab. Fernseher in Digitaltechnik, Handys, Kameras und vieles mehr. Es gab

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