Herzbrecher. K.P. Hand

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Herzbrecher - K.P. Hand

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       Ersticken mit dem Kissen.

       Ersticken. Kissen.

      Für einen siebenjährigen Jungen waren diese Worte gleichzeitig unbegreiflich und doch bis zur Schockstarre erschreckend verständlich. Besonders nach dem ersten Mal, wenn sie erneut gesprochen wurden und man wusste, was darauffolgte.

      Und Mutter? Mutter war nicht besser. Sie kam auch, sie kam dazu, oder wenn ihr Lover fertig mit ihm war. »Du musst Mami glücklich machen, sonst lass ich dich mit ihm allein. Willst du das?«

       Mami glücklich machen, sonst allein mit ihm.

      Leben und leiden, oder leiden und sterben?

      Ein Junge sollte diese Entscheidung nicht treffen müssen. Im Nachhinein wäre es vermutlich besser gewesen, von diesem Kissen erstickt zu werden.

      Wie oft war es passiert? Wie oft hatten sie ihn verunreinigt? Und wie oft hatten sie es festgehalten? Mit der Kamera gefilmt, was sie ihm tagtäglich antaten. Mutter hinter der Kamera, ihr Lover auf ihm. Wie oft hatte er unter der Dusche gestanden und versucht, sich wieder rein zu waschen?

      Er wünschte, damals wäre ihm jemand über den Weg gelaufen, der ihn erlöst und gewaschen hätte, damit er so friedlich ewig schlafen konnte wie der Junge, den er in der Sackgasse abgelegt hatte.

      Und der Rest der Welt musste es auch begreifen, sie mussten erkennen, dass diesen Kindern nur noch so geholfen werden kann. Das Einzige, was sie noch für sie tun können, war, dafür zu sorgen, dass ihr schönes, totes Ansehen nicht in Vergessenheit geriet. Durch den Fund des Jungen hatte er dafür gesorgt, dass er nicht vergessen wird. Vermutlich würden viele Menschen Spenden sammeln und ihm sogar ein schönes Begräbnis organisieren und einen hübschen Grabstein. All das hätte der Junge nie von seiner mittellosen Mutter bekommen. Niemals.

      Er fühlte sich gut. Wie ein richtiger Gutmensch. Als hätte er mit einer Hilfsorganisation Häuser für Arme gebaut. Obwohl seine Tat um ein Vielfaches anerkennender war.

      Er hatte Leben genommen, um eine Seele zu retten. Den Jungen hatte er erlöst, der Mutter hatte er das Herz gebrochen. Beide hatten bekommen, was sie verdienten.

      Ja, er würde es wieder tun.

      Und auch dann würde er sich gut fühlen.

      6

      Als Norman den verlassenen Bahnhof betrat, dämmerte es bereits, aber immerhin hatte der Regen aufgehört. Frischer Wind war aufgezogen, doch es war nur ein leichtes Lüftchen, das ihm durch das volle, dunkle Haar wehte, das er im Wagen vor dem Aussteigen noch einmal mit den Fingern durchkämmt hatte, in der Hoffnung, er würde dadurch etwas besser aussehen.

      Tat er nicht.

      Aber um so auszusehen, wie er sich dem anderen nun gerne zeigen würde, bräuchte er vermutlich eine Woche Schlaf, einen Schönheitschirurgen und zehn Jahre weniger auf dem Buckel. So gerne er auch als jener Mann diesen Bahnhof betreten würde, der er vor sieben Jahren gewesen war, er musste sich zeigen, wie er war: verbraucht und alt.

      Er erklomm die Stufen zu einer Verbindungsbrücke über den Gleisen, die Bahnsteig A mit Bahnsteig B verband. Und dort oben stand er. Angestrahlt vom letzten fahlen Licht des verregneten Tages, die trainierten Unterarme auf das dünne Schutzgeländer gestützt, das mittlerweile von Kletterpflanzen eingenommen worden war.

      »Du kommst spät.« Mehr sagte er nicht, er sah Norman nicht einmal an.

      Das ärgerte Norman etwas. Er blieb gut zwei Meter von dem anderen entfernt stehen und dachte gar nicht daran, sich zu rechtfertigen.

      Die Wahrheit war, dass er vom Fundort der Leiche bis zum anderen Ende der Stadt zu dieser verlassenen Bahnhofstation, deren Instandsetzung sich die Stadt seit Jahren nicht leisten konnte, schon eine halbe Stunde gebraucht hatte. Und davon abgesehen, hatte er weitere zwanzig Minuten versucht, sein Äußeres ansehnlicher wirken zu lassen, indem er an einer Tankstelle gehalten und sich in den Kundenwaschräumen das Gesicht nass gespritzt hatte.

      Und jetzt sah ihn der andere nicht einmal an.

      Norman vergrub die Hände in seiner Hose. »Du bist wieder da.«

      »Ich war nie weg.«

      Noch immer kein Blick.

      Norman senkte den Kopf. »Ich weiß, ich meinte ja auch, du sprichst wieder mit mir.«

      »Ich würde mich nicht wieder daran gewöhnen.«

      Norman nickte stumm und enttäuscht. Aber was hatte er denn bitte erwartet? Tränen? Ein Feuerwerk der Wiedersehensfreude? Hatte er vergessen, mit wem er es hier zu tun hatte?

      »Wir müssen wirklich reden.«

      Norman sah ihn Hoffnungsvoll an. »Sandro, ich ...«

      »Nicht darüber!« Endlich sah Alessandro ihn an und richtete sich auf. Seine grünen Augen begegneten Normans braunen, dessen Innenleben sich sofort zusammenkrampfte vor Sehnsucht.

      Alessandro Martin, Enio Martins kleiner Bruder, ehemaliger Auftragsmörder, Normans einzig verlässliche Hilfe, als er damals gegen den Sklavenhändler Franklin Bosco ermittelt hatte. Ohne Alessandro hätte Norman den Scheißkerl niemals einbuchten können. Alessandro, dessen Name Norman nicht einmal denken konnte, ohne vor Sehnsucht zu vergehen.

      Als Alessandro ihn endlich ansah, konnte Norman in seinem Blick deutlich erkennen, wie schockierend Normans Anblick für ihn war. Mit offenem Mund sah Alessandro ihn an und blinzelte, als glaubte er, sich in einem Traum zu befinden. Keinem schönen Traum.

      »Du siehst scheiße aus.«

      Norman schnaubte sarkastisch. »Danke für das Kompliment. Ich hatte schon ganz vergessen, wie erfrischend ehrlich du sein kannst.«

      Beinahe gelangweilt lehnte sich Alessandro seitlich gegen das Geländer und zuckte gleichgültig mit einer Schulter. »Ich bin nicht hier um dein Aussehen zu bewundern.«

      »Anders als früher, hm?«, versuchte sich Norman an einem Flirt. Doch von seinem früheren Charme war nicht mehr genug übrig um Alessandro daran zu erinnern.

      Dennoch lag auf Alessandros schmalen Gesichtszügen nun ein leichtes Lächeln, das er jedoch schnell mit einem kurzen Schütteln seines Kopfes verschwinden ließ, als habe er sich rechtzeitig besonnen.

      Norman musterte ihn eingehend. Er sah aus wie immer. Groß und schlank. Schlaksig, drahtig. Stramme aber schlanke Muskeln verborgen unter einem locker sitzenden, einfachen, schwarzen T-Shirt, kräftige und lange Beine, die von einer perfekt sitzenden Jeans umschlungen waren. Seine Augen leuchteten grün und waren von dunklen Wimpern umrundet, sein Haar war noch immer braunschwarz, seine Wangen frisch rasiert, seine Lippen hatten eine kühle Blässe, die einladend wirkte. Genau wie vor fünfzehn Jahre, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren, damals, als Norman ihn verhört hatte.

      Wie viel Zeit seither vergangen war. Wie viel geschehen war. Die Geschehnisse vor sieben Jahre hatten sie zusammengeführt und zusammengeschweißt, trotz, dass sie zu Anfang gegeneinander gespielt hatten. Jetzt war die ganze Welt hinter Alessandro her, weil er aufgeflogen war, obwohl er Franklin gefasst hatte, nicht Norman.

      Und

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