Der Traumlord. David Pawn

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Traumlord - David Pawn страница 5

Автор:
Серия:
Издательство:
Der Traumlord - David Pawn

Скачать книгу

er Brot und Wurst verzehrte und zwischendurch in einen Apfel biss, dachte er an den bisher zurückgelegten Weg. Er war vor nicht ganz zwei Wochen in seinem Heimatdorf Ramos aufgebrochen, um den Traumlord zum Kampf zu stellen und zu besiegen. Niemand hatte ihn ausgesandt. Die Menschen in Ramos waren alle ihrer Träume beraubt und daher nicht in der Lage, eigene Entscheidungen von solcher Tragweite zu treffen, wie jene, einen Mann auszusenden, um ihren Peiniger zu vernichten. Sie, die Männer und Frauen von Ramos, waren ebenso wie die meisten Menschen im Reich gerade noch in der Lage zu entscheiden, wann sie Essen und Trinken mussten, um nicht zu sterben, und dass sie den Befehlen des Traumlords gehorchen mussten, um keine Schmerzen oder den Tod zu erleiden.

      Der Vater des Guten Träumers, ein stattlicher und schöner Mann, dessen Traum viele glückliche Kinder waren, war vom Schwert eines Ninja getötet worden, den der Traumlord ausgesandt hatte. Michaels Vater hatte einfach nicht mehr den Willen aufgebracht, sich aus dem Bett zu erheben, um seine Arbeit auf den Feldern des Traumlords zu tun. Er hatte im Bett auf seine Träume warten wollen, die ihm gestohlen worden waren. Deshalb hatte der Traumlord ihn ermorden lassen. Er nannte das ‚ein Exempel statuieren‘. Das war geschehen, bevor Michael entdeckt hatte, dass seine Träume stark genug waren, die des Traumlords zu besiegen.

      Das hatte er erst begriffen, als die Sache mit Luisa geschehen war. Luisa war einmal das Mädchen des Guten Träumers gewesen. Sie hatte immer davon geträumt, Tänzerin und Schauspielerin zu werden. Sie hatte sogar Talent, jedenfalls glaubte Michael das noch immer. Aber dann hatte man ihr die Träume gestohlen, und sie war zu einer billigen Schlampe geworden. Jeder hatte sie haben können, der ihr im Wirtshaus nur einen Schnaps spendierte. Weil sie schön war, bekam sie viel Schnaps.

      Trotzdem hatte Michael nie ganz aufgehört, sie zu lieben. Er hatte gewusst, dass nicht Luisa selbst, sondern der Traumlord an ihrem neuen Schicksal die Schuld trug.

      Eines Tages hatte er gesehen, wie ein Ritter der Dunklen Garde Luisa aus dem Wirtshaus herauszerrte. Es war ganz offensichtlich, dass er sie zu seinem Pferd bringen wollte, um sie zu verschleppen. Luisa mochte zu einer verkommenen Hure geworden sein, doch so verdorben, dass sie es für einen von der Dunklen Garde getan hätte, war sie nicht. Michael konnte sich nicht vorstellen, dass ein Mädchen so verdorben sein könnte. Luisa hatte sich gewehrt, hatte dem Ritter das Gesicht zerkratzt und ihn gebissen. Sie hatte sich gebärdet wie eine tolle Hündin, obwohl sie sich bei anderen Männern eher wie läufig aufführte. Schließlich war sie doch auf dem Pferd des Ritters der Dunklen Garde gelandet.

      Da hatte Michael zum ersten Mal den Weißen Ritter herbeizitiert. Er war erschienen, hatte den fremden, dunklen Ritter besiegt und Luisa befreit. Luisa war noch in derselben Nacht aufgebrochen und in ein Kloster gegangen. Das änderte für Michael nichts an seiner Situation bezüglich des geliebten Mädchens, aber es war dem Herz angenehmer als ihr Hurenleben.

      Michael hatte begriffen, welche Macht seine Träume hatten, und ihm war zum ersten Mal der Gedanke gekommen, den Traumlord zu besiegen. Zwar vergingen noch fast vier Monate, ehe er wirklich aufbrach, aber der Grundstein zu seinem Entschluss wurde an jenem Tag gelegt. In der Zwischenzeit trainierte der Gute Träumer seine Phantasie, um für den großen Kampf gerüstet zu sein.

      Michael brach von Ramos an einem Frühlingsmorgen, wie er schöner nicht hätte sein können, auf. Die Sonne erhob sich als strahlender Ball aus Gold über den fernen Bergen und goss ihr wärmendes Licht über der grünen Ebene aus. Schmetterlinge, Bienen und allerlei andere Insekten auf der Suche nach süßem Blütensaft berauschten sich an den Düften, die die Wärme weckte. Vögel jubilierten hoch in der Luft und priesen die Schönheit des Frühlings mit ihren besten Liebesliedern. Sie warben umeinander und bald würden vielfach gesprenkelte Eier in warmen, wohlbehüteten Nestern liegen, um von besorgten und eifrigen Eltern liebevoll ausgebrütet zu werden.

      Michael wusste, dass auch diese Idylle um Ramos nicht mehr lange währen würde, denn der Traumlord hatte Pläne mit dem gesamten Reich und in diese Pläne passten keine unberührten Wiesen. Michael wusste nicht, woher er diese Information hatte, er wusste auch nicht, was der Traumlord genau vor hatte, aber er wusste genug über diesen Tyrannen, um die Wahrheit dieser Information nicht anzuzweifeln.

      Zwei Tage später hatte der Gute Träumer Toulux erreicht. Dort hatte er zum ersten Mal erfahren müssen, dass der Traumlord über alle Aktivitäten im Reich ausgezeichnet informiert war. Er hatte ihm ein Rudel wilde Hunde auf den Hals gehetzt, wie es wilder nicht hätte sein können. Michael hatte für einen winzigen Augenblick geglaubt, seine Reisen, die zum Traumlord und die durch sein Leben im Diesseits, wären zu Ende. Doch dann war ihm ein rettender Gedanke gekommen, der sich tatsächlich als wirkungsvoll erwiesen hatte.

      In Toulux hatte Michael den greisen Stephan aufgesucht, den man auch den Weisen nannte. Er hatte noch vor seinem Aufbruch aus Ramos herausgefunden, dass dieser Mann vermutlich der einzige im Reich war, der ihm sagen konnte, wo er den Traumlord fand und wie er ihn besiegen konnte. Wenn Michael jetzt im Nachhinein an seinen Besuch beim Weisen Stephan dachte, kamen ihm die gewonnenen Informationen spärlich, ja geradezu nichtig vor. Aber er wollte nicht undenkbar sein.

      Als Michael das Haus des alten Mannes betreten hatte, war ihm sofort der Geruch aufgefallen. Es war nicht der Geruch, den Michael in einer Alchimistenküche oder dem Haus eines Weisen erwartet hätte. Es roch nach Urin und Schmutz. Es roch wie alter Mann.

      Stephan war ein alter Mann. Vermutlich lebte er bereits weit mehr als hundert Sommer. Die Zeit hatte eine wahre Gebirgslandschaft aus Falten und Runzeln in sein Gesicht eingeprägt. Der Kopf war völlig kahl und zeigte dunkle Altersflecken. Was Michael sofort auffiel, waren Stephens wasserhelle Knopfaugen, die ihn abschätzend betrachteten, kaum dass er den Raum betreten hatte, in dem der alte Mann saß. Michael glaubte, dieser alte Mann würde in ihm lesen wie in einem offenen Buch.

      Das Kinn und die nach unten gebogene Nase des Alten sprangen scharf aus dem Gesicht hervor. Sie kamen sich mit den Spitzen so nahe, dass man sofort an den Schnabel eines Vogels denken musste. Selbst wenn er sprach, war die Täuschung noch immer perfekt.

      Stephan trug alte, zerlumpte Kleidung, die vermutlich auch eine geraume Weile keiner Reinigung mehr unterzogen worden war. Er saß mit untergeschlagenen Beinen auf einem kleinen Teppich mitten im Zimmer auf dem Boden. Aus einem seiner Mundwinkel rann ein wenig Speichel. Das gab ihm einen keineswegs weisen Ausdruck.

      Aber die Augen, diese Augen machten Michael klar, dass man ihn nicht zum falschen Mann geschickt hatte.

      „Guten Tag, mein Sohn“, begrüßte Stephan seinen Gast. Seine Stimme klang, als säßen eingerostete Scharniere in seinen Mundwinkeln.

      „Guten Tag, Weiser, ich grüße dich. Ich, Michael aus Ramos, Sohn des David.“ Michael verbeugte sich so tief vor dem weisen Mann, dass sein Kopf fast den Boden berührte. Man hatte ihm gesagt, dass für Stephan Ehrerbietung alles bedeutet. Geld wollte er nicht, aber Hochachtung.

      ‚Wenn er mir sagen kann, wie ich den Traumlord besiege, werde ich ihm selbst den Hintern küssen, wenn er es verlangt‘, dachte Michael.

      „Nimm Platz, mein Sohn und sage mir, weshalb du zu mir kamst.“

      Michael sah sich hilflos um, denn da war nichts im Zimmer, wo er hätte Platz nehmen können außer auf dem Boden. Etwas ungeschickt ließ er sich fallen und versuchte eine einigermaßen bequeme Sitzhaltung zu finden. Im Gesicht des Weisen Stephan zeigte sich ein feines Lächeln, das Michael jedoch übersah. Er war zu sehr mit seinen Beinen beschäftigt.

      „Sitzt du bequem?“ War das ein Anflug von Ironie? „Dann sage mir, was du von mir willst, mein Sohn“, erneuerte Stephan seine Frage.

      „Ich will den Traumlord besiegen“, platzte Michael heraus „Man sagt, du kannst einem dabei helfen.“

Скачать книгу