Der Traumlord. David Pawn

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Der Traumlord - David Pawn

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aus wie gedungene Mörder.

      Robert war vor einem halben Jahr auf die Insel gekommen, und vom ersten Tage an beobachtet Sylvester ihn voller Furcht und Misstrauen. Keiner auf der Insel wusste, woher dieser Mann gekommen war, keiner wusste, was er hier trieb und wovon er lebte.

      Vor etwas mehr als zwei Wachen hatte das seltsame Treiben begonnen. Täglich waren merkwürdige Gestalten in Roberts Haus ein- und ausgegangen. Sylvester wusste nicht, ob es stets dieselben Männer waren oder immer andere, denn meist waren sie maskiert.

      Einen hatte Sylvester allerdings wiedererkannt. Er war an zwei aufeinanderfolgenden Tagen bei Robert gewesen. Er war ein kleiner rundlicher Mann mit rundem Schädel gewesen. Auffällig war aber vor allem seine Haartracht. Am ersten Tag hatte Sylvester zunächst angenommen, der Unbekannte hätte eine Glatze, doch als der Mann dann in der zweiten Nacht direkt unter Sylvesters Fenster vorbeiging, er klimperte dabei unablässig mit Münzen in seiner Hand und lachte, erkannte Sylvester, dass die Haare nur kurz wie Stoppeln geschoren waren.

      Sylvester wusste nicht, wer dieser Mann war. Er wusste auch nicht, was Robert von diesem Mann gewollt hatte. Aber Robert hatte diesem Mann Geld gegeben, dem Klang der Münzen nach zu urteilen viel Geld. Und das Lachen dieses Mannes hatte etwas so Verschlagenes an sich gehabt, dass Sylvester eine Gänsehaut bekommen hatte und ihm ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen war. So lachten nur Gauner der übelsten Sorte.

      Jetzt besuchten diese schwarzen, vermummten Männer Robert, und dies war keineswegs beruhigend für Sylvester.

      Er lebte seit seiner Geburt vor 45 Jahren auf der kleinen Insel. Er war ohne Beine auf die Welt gekommen. Also konnte er nicht oder nur sehr selten hinaus und verbrachte viel Zeit damit aus dem Fenster seiner Wohnung zu sehen und die Menschen zu beobachten. Außerdem las er viel. Er las Geschichten von Räubern und Mördern, von entführten Prinzessinnen, wilden Drachen und bösen Zauberern. Sein einziger wirklicher Traum war, laufen zu können, doch er war so unerfüllbar, dass ihm der Traumlord diesen ließ. Ein Mann, der nicht laufen konnte, war kein Gegner für den Traumlord.

      Bevor der Traumlord gekommen war, war die Insel ein kleines Paradies gewesen. Alle Menschen waren fröhlich. Sie sangen bei der Arbeit, sie tanzten durch die sonnenhellen Straßen, statt zu gehen. Im Sommer, wenn der betäubende Duft tropischer Blüten die Insel einhüllte, kamen Menschen aus dem ganzen Reich auf die Insel, um im dunkelblauen Meer zu baden. Kinder erfüllten dann die Straßen mit ihren Rufen bei wildem Spiel. Aber die Menschen auf der Insel nahmen keinen Anstoß daran.

      Jetzt war alles anders. Selbst das Meer war nicht mehr blau, sondern zeigte eine schiefergraue Färbung, die alle Menschen in eine trübsinnige Stimmung versetzte. Die meisten Leute auf der Insel waren ihrer guten Träume beraubt. Sie waren entweder apathisch, willenlos wie Vieh, das man zum Schlachthaus treibt, oder sie wurden aggressiv. Es kam täglich zu Prügeleien auf den Straßen und in den Wirtshäusern der Insel. Es genügte oft, dass einer den anderen nicht oder zu lange ansah, dann begann der Streit und fünf Minuten später prügelte man sich. Immer wieder war dann einer dabei, der ein Messer hatte und es euch hervorzog. Blut besudelte die Insel.

      Sylvester sah mit verzweifeltem Blick zum Himmel hinauf. Er betete, dass sich einer fände, der dem Treiben des Traumlords ein Ende bereitete.

      Selbst zu den glücklichen Zeiten des Reiches war Sylvester aufgrund seines Leidens ein recht einsamer Mensch gewesen. Aber hin und wieder blieb jemand vor seinem Fenster stehen und sprach mit ihm. Manchmal kamen Freunde zu Besuch, man spielte eine Partie Karten, trank Wein und redete über die neuesten Ereignisse und natürlich über die Träume, die jeder hatte. Jetzt hatte niemand mehr Träume und es gab also nichts, worüber man hätte reden können.

      Nur Marie kam noch einmal pro Woche zu Sylvester. Sie war so etwas wie sein guter Geist. Sie versorgte ihn mit Lebensmitteln, machte in den Zimmern seiner Wohnung sauber und an den Nachmittagen fuhr sie ihn mit einem Rollstuhl durch die Straßen und am Strand entlang. In den guten Zeiten war Marie zweimal in jeder Woche zu Sylvester gekommen, doch jetzt hatte sie zu viele Sorgen mit ihrem eigenen, trunksüchtigen Mann, der sie oftmals auf brutale und hinterhältige Weise misshandelte. Marie hatte nie besonders große Träume gehabt. Sie waren bereits genommen worden, als ihre Eltern sie mit dem Sohn von Gregor verbanden. Dieser war schon immer ein grobschlächtiger, herrschsüchtiger Kerl gewesen, es hatte bei ihm nicht des Traumlords bedurft, um ihn ins Wirtshaus zu treiben.

      Marie war jetzt vierunddreißig, doch sie sah fest zehn Jahre älter aus. Das Leben neben einem ungeliebten Mann, immer wieder geschlagen und gedemütigt, hatte sie geprägt. Die Angst vor diesem zweibeinigen Monster, hatte nicht gerade dazu beigetragen, sie jung und schön zu erhalten. Sie war klein und zierlich gewesen, als sie zwanzig war. Jetzt wirkte sie knochig, ausgezehrt, wie nach einem jahrelangen Marsch durch die Wüste. Durch ihr Gesicht liefen Falten wie Bewässerungsgräben, die ständig Tränen führten. Ihr Haar war dunkel gewesen, doch wies es heute schon graue Strähnen auf und täglich kamen neue hinzu. Ihr Gang war zaghaft, ihr Auftreten schüchtern. Immer hatte sie den Blick demütig zu Boden gerichtet. Sie hinterließ auf den flüchtigen Beobachter den Eindruck eines getretenen Hundes, und vielleicht fühlte sie sich auch so.

      Trotz der Probleme, die Marie mit ihrer Familie hatte, war sie eine gute Frau. Sie klagte selten, fast nie. Sylvester liebte Marie wie eine Schwester. Sie war in der gegenwärtig schweren Zeit seine einzige Verbindung zur Außenwelt.

      Sylvester hatte mit Marie noch nicht über Robert gesprochen. Er hatte beschlossen, zunächst genau zu beobachten, um sich klar darüber zu werden, was dieser Mann in seinem Haus trieb und ob er gefährlich war. Die vergangenen zwei Wochen hatten sein Ansicht gefestigt, dass dieser Mann sogar höchst gefährlich sein musste. Es wurde also Zeit sich einen Verbündeten zu suchen. Egal welches Handwerk dieser Robert auch betrieb, es war an der Zeit, dass es ihm gelegt wurde. Sylvester beendete seine Überlegungen und sah wieder zum Fenster hinaus. Robert stand vor seinem Haus und sah zu seinem, Sylvesters, Fenster hinauf. Ein feines Lächeln umspielte seine Lippen. Er wusste offenbar, dass er beobachtet wurde, doch es störte ihn nicht im Geringsten.

      Im Grunde war Robert ein unauffälliger Typ von Mensch. In der Menge auf einem Marktplatz hätte er ohne Probleme verschwinden können wie ein Sandkorn in der Wüste. Er war ein Mann der in den Mittfünfzigern sein musste. Er war nicht besonders groß, schlank und, soweit es zu erkennen war, durchtrainiert. Sylvester konnte sich gut vorstellen, dass Robert jeden Tag im Meer schwamm oder am Strand entlanglief, obwohl er ihn nie dabei beobachtet hatte. Aber Robert war auch nicht so muskelbepackt wie ein Ringkämpfer.

      Wenn Sylvester ihn sah, trug er meist einen einfachen Straßenanzug, grau oder dunkelbraun. Einmal hatte Sylvester ihn am Fenster in einem seidigen, grünen Hausmantel gesehen, und der Eindruck war, als sähe er einen Sperling im Federkleid eines Papageien.

      Roberts Haar war grau meliert, kurz und links streng gescheitelt. Seine Augen hatte Sylvester noch nie gesehen, aber er stellte sie sich stahlblau und stechend vor. Sylvester wäre von der Wahrheit überrascht gewesen.

      Robert blickte noch einmal nach oben zum Fenster Sylvesters, dann wandte er sich zur Eingangstür seines Hauses um und folgte seinen maskierten Besuchern.

      In Sylvesters Geist zeigte sich zum ersten Mal eine Vision, die sich schnell verfestigen sollte. Noch wollte er der inneren Stimme nicht trauen, aber es war schwer, den Gedanken zurückzuweisen, da er sich so deutlich aufdrängte.

      VI.

      Robert wusste, dass im Haus gegenüber ein Mann wohnte, der ihn beständig beobachtete. Dieser Mann kontrollierte argwöhnisch jede Bewegung, die in Roberts eigenem Hause vor sich ging. Er hatte Mikos gesehen, und jetzt hatte er die Männer gesehen, die er auf Aranxa ansetzen wollte.

      Aber

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