Der Traumlord. David Pawn

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Der Traumlord - David Pawn

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      Während er sich umsah, rechnete der Gute Träumer ständig mit einem Angriff des Traumlords. Er hatte es in Toulux mit wilden Hunden versucht. Jetzt waren wohlmöglich Geister oder Zombies an der Reihe. Wachsam sah Michael sich um, doch nichts geschah. Nur der Wind wehte beständig von Westen und trieb Papier vor sich her über die Straße.

      Nachdem er eine ganze Weile beobachtet hatte, entschloss sich der Gute Träumer weiterzureiten. Er drang weiter zur Mitte des Dorfes vor, doch auch dort herrschte nur der Wind. Das Zunftschild eines Barbiers schaukelte quietschend hin und her. Eine Ratte sprang behände in eine Abfalltonne, als sie den Reiter bemerkte.

      Dieses Dorf war verlassen. Vielleicht hatte der Traumlord seine Bewohner als Sklaven verkauft, vielleicht hatte er sie umbringen lassen, weil sie nicht ausreichend gehorsam waren, obwohl er ihre Träume genommen hatte. Vielleicht hatten sie in einem Anfall kollektiver Massenhysterie gemeinsam Selbstmord begangen. Im Reich war alles möglich, seit der Traumlord regierte.

      Michael hatte das Dorf schon fast passiert, da entdeckte er den Mann, der an der Eingangstür seines Ladens stand und offenbar auf Kunden wartete, die hier gewiss nicht sehr oft vorbeikamen. Der Laden lag in einer Nebenstraße, doch waren seine Auslagen von der Hauptstraße aus noch recht gut auszumachen.

      Die Situation war grotesk. Das es in diesem Geisterdorf einen Laden gab, der geöffnet hatte und einen Ladenbesitzer, der auf Kundschaft wartete, war so vernünftig, wie sich in einen Baum zu setzen, um im Wald zu angeln. Immer stärker roch es nach einer Falle des Traumlords, doch Michael fühlte sich gewarnt und also gewappnet. Außerdem war er neugierig. Schließlich, vielleicht war es doch keine Falle, und dieser Ladenbesitzer hatte gar eine Karte des Reiches.

      Michael lenkte sein Pferd vor die Eingangstür des Ladens. Er warf einen Blick auf die Auslagen, die ein buntes Gewimmel aus allen Branchen darstellten und stieg ab.

      „Guten Tag, was kann ich für euch tun, edler Herr“, vernahm Michael die Stimme des Ladenbesitzers, kaum dass seine Füße den Boden berührt hatten. Die Stimme war ölig und voll von falscher Höflichkeit. Es war die Stimme eines Krämers, der alle Kunden übers Ohr hauen möchte.

      Michael sah dem Ladenbesitzer ins Gesicht. Es war feist und rund und zeigte ein Lächeln, das ebenso schmierig war wie die Stimme. Das Haar war kurz geschoren und dunkel. Es stand wie die Stacheln eines Kaktus vom Kopf ab. Außerdem hatte der Mann Ohren die soweit abstanden, dass er bei Sturm gewiss nicht auf die Straße gehen durfte ohne Gefahr zu laufen, weggeweht zu werden. Das gab ihm eine lächerliche Note, doch wäre es falsch gewesen, diesen Mann für eine lächerliche Figur zu halten. Er war verschlagen, geldgierig und hinterlistig. Seine Träume waren Träume von Geld und von Kunden, die er heimtückisch ausgenommen hatte. Diese Träume waren ihm geblieben

      „Habt ihr Landkarten?“, fragte der Gute Träumer nach eingehender Musterung des Ladenbesitzers.

      „Landkarten sind selten geworden im Reich“, entgegnete der Ladenbesitzer. „Umso größer ist euer Glück, dass ihr gerade Mikos beehrt mit eurem Wunsch, denn Mikos kann fast alle Wünsche erfüllen und Landkarten habe ich viele.“

      „Ich brauche eine neue und genaue Karte des gesamten Reiches“, präzisierte Michael seinen Wunsch.

      „Sofort“, erwiderte Mikos und verschwand wieselflink in den hinteren Teil seines Ladens. Er schob seinen Körper, der ebenso rund war wie sein Gesicht, durch einen Durchgang, der mit einem roten Samtvorhang vom eigentlichen Laden abgetrennt war, und erschien kurze Zeit später mit einer Papierrolle wieder. Die Rolle war auf der für Michael sichtbaren Seite makellos weiß und wurde von einem roten Band zusammengehalten.

      „Hier ist das Gewünschte“, verkündete Mikes ein wenig atemlos, als er wieder vor seinem Kunden stand.

      „So eine Karte ist allerdings nicht billig“, fügte er dann hinzu, wobei er den Kopf schieflegte wie ein Vogel, der einen Wurm ins Visier nimmt. „Fünf Taler!“

      „Bei diesem Preis will ich doch erst sehen, ob dies wirklich die rechte Ware ist“, erwiderte Michael. „Öffnet die Rolle, damit ich einen Blick auf die Karte werfen kann.“

      Die Wahrheit war, dass Michael nicht mehr als einen Taler bei sich trug, doch er musste Zeit gewinnen, um sich etwas einfallen zu lassen,

      Der Händler öffnete das rote Band und entrollte die Karte vor den Augen des Guten Träumers. Tatsächlich war es eine Karte des Reiches. Soweit Michael dies überhaupt einschätzen konnte, war es auch eine recht neue Karte. aber in dieser Hinsicht musste er Mikos vertrauen, auch wenn dieser nicht wie ein Mensch aussah, dem man vertrauen durfte.

      „Gut, ich werde die Karte nehmen“, sagte Michael nach kurzer Betrachtung.

      „Wie gesagt, fünf Taler.“

      Fünf Taler für eine Karte waren Wucher. Als das Reich noch nicht vom Traumlord beherrscht wurde, war eine Karte für weniger als ein Zwanzigstel dieses Preises zu haben. Aber jetzt regierte der Traumlord und eine Karte hatte ihren Preis!

      Michael griff in die Tasche, legte eine Münze auf den Holztisch neben der Tür zum Laden und sagte: „Bitte, aber die Preise sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.“

      „Harte Zeiten“, erwiderte Mikos und nahm die Münze.

      Michael hatte erst mit dem Gedanken gespielt, dem Händler eine Zehn-Taler-Goldmünze vorzugaukeln, aber dann hatte er sich entschieden, dass dies nicht nur zu dick aufgetragen wäre für seinen Aufzug (‚verdächtig, der Typ ist verdächtig‘), sondern dass es ihn auch auf eine Stufe mit diesem schmierigen Betrüger stellen würde. Also zahlte er mit einer erträumten Fünf-Taler-Goldmünze und verabschiedete sich.

      „Empfehlen Sie mich weiter“, sagte Mikos, als sich Michael wieder auf sein Pferd schwang. Dabei machte er eine Verbeugung, die so tief war, als wolle er Michaels Pferd die Hufe küssen. „Es ist eine harte Zeit, es kommen nur wenige Kunden.“

      ‚Das glaub‘ ich gern‘, dachte Michael, dann ließ er seinem Pferd die Zügel und ritt im Galopp davon. Wenn er weit genug entfernt war, würde statt der Goldmünze ein Nickel auf dem Tisch des Händlers liegen – das Zehntel eines Talers.

      Wenn Michael jetzt, jenseits des Waldes der ewigen Finsternis, an diesen Händler dachte, musste er unwillkürlich lachen. Er war ein betrogener Betrüger geworden und das bereitete dem Guten Träumer Vergnügen.

      Er breitete die Karte vor sich aus, trug mit einem Rotstift die zurückgelegte Wegstrecke des vergangenen Tages ein, markierte mit blauer Farbe das neue Tagesziel und stellte fest, dass er Asgood in vermutlich drei Tagen erreichen würde. Dies setzte voraus, dass die Brücke, die in der Karte verzeichnet war, noch existierte.

      Zufrieden mit dem an jenem Tag erreichten rollte der Gute Träumer die Karte wieder zusammen. Danach warf er noch etwas Holz ins Feuer und legte sich nieder. Im Wald riefen Tiere mit heiseren Stimmen, Vögel der Nacht kreischten und Zikaden musizierten auf der Wiese um die Wette. Dennoch fiel der Gute Träumer bald in tiefen Schlaf.

      V .

      Sylvester blickte aus dem Fenster seiner Wohnung im ersten Stock. Aufmerksam verfolgte er die Vorgänge im gegenüberliegenden Haus. Robert, dieser drahtige Mittfünfziger, hatte wieder einmal Gäste. Gut, Gäste zu haben war kein Verbrechen, aber solche Gäste …

      Es waren fünf, und es waren allesamt finstere Gestalten. Es waren Männer, die sich in dunkle Umhänge hüllten. Sie

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