Das Paradies ist zu Ende. Louis Lautr

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Das Paradies ist zu Ende - Louis Lautr

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und sonst niemand. Wenn sie Rosanna und mich fotografieren möchten, küsse ich Rosanna.“ Frau Kofer sagte: „Louis du hast recht, Menschen kann man niemals besitzen. Lindtraud du kannst erzählen, dass dir eine Kuh gehört, deine Hühner gehört auch dir. Aber du selbst gehörst nur dir und sonst niemand. Merkt euch dies fürs ganze Leben. Seit es keine Sklaven mehr gibt, gehören Menschen nur sich selbst. Wenn Rosanna oder Louis sagen würden, sie können sich nicht umarmen und nicht küssen, respektieren wir das.“ Frau Kofer fotografierte eine Serie mit Rosanna und mir. Wir lachten uns an, drückten und küssten uns. Reinhild wollte mich weder in Arm nehmen, noch küssen. Sie sagte: „Louis, sei nit beleidigt, aber i kann kein Bua in Arm nehme on erscht recht nit küsse. Aber i kann d’ Rosanna un d’ Lindtraud umarme on die kann i au küsse.“ Frau Kofer fotografierte noch eine Serie mit Reinhild und Rosanna und mit Reinhild und Lindtraud. Frau Kofer fragte: „Louis, wer sagte dir, dass man nur sich selbst gehört?“ Ich errötete und antwortete: „Es ist ein Geheimnis, weil ich versprach, es niemand zu erzählen. Rosanna sagte: „Ich weiß vielleicht wer‘s ihm gsagt hat.“ Esther Kofer und ich waren überrascht als Rosanna sagte: „Es war sicher Tante Helga, sie hat uns im Kindergarte nacket mit re Geißel verhaue un trotzdem han i schpäter de Louis abends aus ihrer Haustür komme gseh, da hat sie ihn ganz fescht in Arm gnomme.“ Ich war verlegen und das Blut schoss mir ins Gesicht, dass mir heiß wurde. Frau Kofer sagte: „Louis du musst nicht verlegen werden, ich weiß zwar nicht, was du getan hast, aber als dich Tante Helga umarmte war es wahrscheinlich schön für dich. Wir haben keine Geheimnisse und was Rosanna uns erzählt, sagt sie sonst niemand. Vielleicht erzählst du uns mal die Geschichte, wenn nicht heute, oder morgen, dann irgendwann Mal. Aber es würde mich interessieren was ihr im Kindergarten erlebt habt.“ Rosanna erzählte wie Tante Helga bewusst gelogen hätte, um uns zu verhauen und erzählte die Geschichte mit dem Klo und die Geschichte mit der heißen Tasse Tee und wie sie mir damals ihr Kätzchen zeigte. Frau Kofer lächelte. Rosanna fragte: „Louis, darf ich die Hufnagelgeschichte erzählen?“ Als sie zu Ende erzählte, sagte sie: „I han mi damals so gfreut, als die Kinderschwester sich in Nagel gesetzt hat und Tagelang im Kindergarten gefehlt hat, aber eigentlich hätte Tante Helga es verdient, weil sie uns ungerecht bestrafte. Obwohl i erscht fünf war han i scho gmerkt, dass im Louis d' Tante Helga gfalle hat.“ Frau Kofer fand die Geschichte mit dem Hufnagel und meiner Rache erstaunlich. Als Reinhild sagte: „So viel Bosheit hät i im Louis nit zutraut“, lachte Frau Kofer und sagte: „Ich auch nicht, man sollte ihn lieber zum Freund als zum Feind haben.“ Lindtraud sagte: „Des han i au gsagt.“ Es gefiel mir weil die Mädels mich bewunderten. Reinhild sagte: „Jetzt dät i di au umarme.“ Frau Kofer holte erneut ihre Kamera um uns zu fotografieren. Abends sagte Frau Kofer: „Ihr könnt alle mitfahren, ich bringe euch mit dem Auto nach Hause, ich fahre zuerst Lindtraud heim.“ Lindtraud bedankte sich, weil sie nicht heim laufen müsste und sagte: „I kann ihne gar nix schenke, weil i nix han, aber i mag si ganz arg on dät ihne gern en Kuss gebe, wenn i darf.“ Wir durften alle unsre Lehrerin küssen. An diesem Freitag regnet es schon den ganzen Morgen. Wir kamen ziemlich nass in die Schule und in der Klasse roch es nach ungewaschener Kleidung und ungewaschenen Kindern. Lindtraud saß in einem schönen Kleid neben mir. Sie roch nach Seife und sagte: „Stell dir vor, d’ Frau Kofer isch extra früher ufgschtande un hat mi mit ihrem Auto daheim abgeholt, damit i nit nass werd. Mei Mutter hat sich gfreut on hat re en Butter on Eier mitgä. No hat sie gsagt, sie dät en Kuche davon backe.“ Sie hat meiner Mutter gsagt, si soll froh sei, dass sie nette un gsunde Töchtere hät.“ Am Samstagnachmittag halfen meine Geschwister und ich unsrer Mutter, wie immer, beim Putzen der Kirche. Ich stieg auf die Kanzel und predigte den Geistern und den leeren Kirchenbänken. Meine Mutter erzählte uns: „Diesmal wird für die Mission geopfert, das Geld ist für arme Menschen in Afrika. Der Pfarrer von Schailberg hat mir eine besondere Spendendose mitgebracht.“ Es war eine Nachbildung eines Negers, heute würde man sagen, dunkelhäutigen Afrikaners. Es war eine 40 cm hohe Negerfigur, die ein weißes Nachthemd anhatte und eine Dose hielt. Wenn man in die Dose Geld warf, nickte der Neger mehrmals mit dem Kopf. Meine Mutter sagte: „Schau, wie der kleine Heide sich bedankt.“ Da der Neger vielleicht noch kein richtiges Geld gesehen hatte, bedankte er sich auch für den Knopf, den ich in der Kirche gefunden hatte und ihm in die Dose warf. Ich fragte: „Mutter, darf ich mich am Sonntag neben den Neger setzen um zu sehen, wer ihm Geld schenkt?“ Meine Mutter überlegte und sagte: „Es macht keinen guten Eindruck, weil ein Opfer nur der liebe Gott sehen soll.“ Heute würde man sagen, es wäre Datenschutz, aber heute gäbe es keinen Neger, sondern Farbige. Ich fragte den Pfarrer: „Darf ich nach der Kirche neben dem Neger im Nachthemd sitzen, um zu sehen, wer ihm Geld schenkt?“ Dem Pfarrer gefiel meine Idee, er sagte: „Louis der Neger hat kein Nachthemd an, sondern eine afrikanische Tracht.“ Der Pfarrer bat in seiner Predigt für Spenden, um die Heiden in Afrika zu taufen. Ich achtete darauf, dass Menschen dem Heiden in seiner weißen Tracht, Geld schenkten. Nach der Kinderkirche nahmen wir den schwarzen Heiden in unsere Wohnung und zählten das Geld. Es war außer meinem Knopf nur Geld in der Kiste. Einige waren großzügig, wobei der Neger sich für einen Pfennig genauso bedankte, wie für eine Mark. Ich fragte: „Mutter, darf ich den Neger in unserer Klasse zeigen?“ Sie erlaubte es mir leider nicht. Unser Pfarrer war mit dem Opfer der Kirchengemeinde zufrieden. -In meiner späteren Keramiklehre beschäftigte mich die Figur erneut. Für die Firma, die den Afrikaner mit der Mechanik, als Opferdose an die Kirchen vertrieb, lieferte unsere Manufaktur den Körper und Kopf aus Keramik.- Danach verlief der Sonntag wie immer, mit Mittagessen, Stunde, Vesper und Heimweg. Am darauffolgenden Montag war es schönes Wetter, wir unternahmen einen Lehrgang durch unser Dorf. Unsere Lehrerin erklärte uns verschiedene Berufe, wir besuchten deshalb zunächst den Schuster, er hieß Eberhard Schrunz und war überrascht, dass ihn eine Schulklasse besuchte. Er kannte unsere Lehrerin, weil sie oft Schuhe bei ihm kaufte. Er freute sich über unsern Besuch und sagte: „Es ist das erste Mal, dass sich eine Schulklasse für mein Handwerk interessiert.“ Er erklärte und zeigte uns, wie Schuhen hergestellt werden und wie die eigenartigen Schuhgrößen zu Stande kamen. Er sagte: „Ein Franzose entwickelte die Schuhgrößen. Es ist die Menge der Nadelstiche, mit der Sohlen an Schuhe genäht werden. Mit 38 Stichen wurde die Sohle an Schuhe der Größe 38 genäht.“ Unsere Lehrerin sagte: „Herr Schrunz, das mit den Schuhgrößen wusste ich auch nicht. Heute habe ich von ihnen etwas gelernt und danke ihnen dafür.“ Danach besuchten wir den Bäcker, alle staunten, wie schnell Brezeln von Hand hergestellt werden. Der Bäcker war nett und ließ uns alle eine Brezel formen. Ich war der einzige, der auf Anhieb eine perfekte Brezel herstellte. Der Bäcker, Schroth sagte zu mir: „He du köntest Bäcker werde.“ Ich erzählte später Lindtraud, Rosanna, Reinhild und Frau Kofer: „Ich konnte das nur, weil mir mein Onkel, der eine Bäckerei Stuttgart hat, zeigte wie Brezeln geformt werden.“ Frau Kofer erklärte uns, als wir durch unser Dorf gingen, wie Häuser gebaut werden, und wie das Fachwerk im Schwarzwald entstand und wie unterschiedlich sich Fachwerk an Regionen angepasst hat. Sie erzählte uns von den Schwarzwälder Flößern, die Stämme in Holland verkauften. In der Schule las sie uns ein Märchen von Wilhelm Hauf vor. Danach schrieben wir darüber einen Aufsatz. Dies alles ist mir aus meiner Schulzeit geblieben, vieles andere, das wir später im Gymnasium eingetrichtert bekamen, weiß ich heute nicht mehr. Nach dem Bäcker besuchten wir die Schreinerei, bei der mein Opa unseren Deichselwagen geschreinert hatte. Der Schreiner kannte mich und sprach mich an. Frau Kofer meinte: „Ja Louis, wie kommt es, dass du in deinem Dorf so bekannt bist?“ Ich erzählte ihr von meinem Opa. Als die Schule zu Ende war, hatten wir Dinge fürs Leben gelernt. Missgünstige, neidische Lehrer hatten Frau Kofer beim Oberschulamt angeschwärzt, deshalb hat sich der Schulrat angekündigt. Einige Lehrer hofften, Frau Kofer würde sich blamieren. Sie meinten, es könnte nicht sein, dass Schüler etwas Vernünftiges lernen, wenn eine Lehrerin mit ihrer Klasse spazieren ginge. Rosanna fragte: „Frau Kofer, was üben wir für den Schulrat?“ Wir kannten dies von Lehrern, die wir in der ersten und zweiten Klasse hatten und die vom Schulrat besucht wurden. Frau Kofer sagte: „Ihr seid neugierige und interessierte Kinder und wisst sehr viel, deshalb müssen wir nicht üben. Ich wünsche mir, dass ihr so seid, wie immer.“ Seit langer Zeit bat ich abends den lieben Gott, dafür zu sorgen, dass unsere Lehrerin nicht versetzt würde. Als Frau Kofer morgens ins Klassenzimmer kam, sah sie sehr gut aus. Sie trug ein hellgraues Kostüm mit einer lila Bluse, sie hatte schwarze Strümpfe und schwarze Schuhe mit halbhohen Absätzen an. Als der Schulrat kam, unterhielt sie sich selbstbewusst mit ihm

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