Das Paradies ist zu Ende. Louis Lautr

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Das Paradies ist zu Ende - Louis Lautr

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„Wir sehen uns morgen in der Schule und nachmittags wieder hier.“ Lindtraud durfte, wenn wir nachmittags Unterricht hatten, bei Esther übernachten. Beim Frühstück fragte meine Schwester: „Louis, gehst du gerne in die Schule, weil dir deine Lehrerin gefällt, oder weil du etwas lernen möchtest?“ Ich lachte und antwortete: „Beides, Frau Kofer gefällt mir und bei ihr ist der Unterricht interessant, deshalb freue ich mich jeden Tag auf die Schule. Wenn das Wetter schön ist, machen wir oft Lehrgänge. Frau Kofer unterhält sich mit uns über Landschaften, Bäume, Pflanzen und Tiere. Sie erklärt uns Baum- und Getreidearten und sagte, wir könnten junge Tannentriebe gegen den Durst essen. Sie bat uns, welche zu sammeln und kochte aus unseren gesammelten Tannentrieben eine würzige Melasse. Unsere tolle Lehrerin bot uns Schülern in der Pause auf einem großen Tablett Butterbrote mit Tannensirup an, der fast wie Honig schmeckt. Sie sagte, die Schweizer nennen es Tannenschösslihonig. In Läden würde es unter dem Namen Tannenkraft angeboten.“ Als wir unsere Lehrerin fragten, wie man diesen tollen Sirup herstellt, diktierte sie uns die Rezeptur.“ Dörte war erstaunt und ließ sich die Rezeptur zeigen, die ich in mein Tagebuch geschrieben hatte.

      Andere Schüler beneideten uns um unsere tolle Lehrerin. Wenn wir bei unserem Lehrgang durch unser Dorf gingen, achtete sie auf Disziplin und versuchte uns Gleichschritt beizubringen. Sie bat uns, alle Dorfbewohner zu grüßen, die uns begegnen. Unsere Lehrerin grüßte ebenfalls und unterhielt sich mit ihnen. Sie war beliebt in unserem Dorf. Sie kaufte fast alles, bei den Geschäften in Larenbuch. Ihre Kleidung ließ sie von Reinhilds Mutter schneidern. Es gab wohl niemand im Dorf, der von Esther Kofer nicht begeistert war. Die Larenbucher erfuhren nicht, ob und wie reich Frau Kofer war. Da viele Geschäftsleute profitierten, neidete ihr niemand ihren Reichtum. In unserem Dorf gab es eine Fahrrad- und Motorradreparaturwerkstatt. Seit Frau Kofer ihren Renault dort reparieren ließ, bestellte er beim Malermeister ein neues Schild, er nannte sich jetzt: Fahrrad-, Motorrad- und Autoreparaturwerkstatt -Manfred Sulm-. Mein Onkel hatte eine NSU Quick, es war ein Leichtmotorrad. Als er uns besuchte, ließ er seine NSU Quick bei Herrn Sulm reparieren. Ich war dabei, als Herr Sulm erzählte: „Wenn Frau Kofer nit wär un ihre Rechnungen so prompt zahle dät, könnt ich den Vorrat an Ersatzteil nit lagern. Keiner weiß, woher die Lehrerin Geld hat, aber des isch mir au egal.“ Die Bürger unseres Dorfs hätten gerne ihre Neugier befriedigt und mehr über das Vermögen unserer Lehrerin erfahren. Der Bänker konnte es nicht herausfinden. Er sagte: „Auf ihr Konto wird nur ihr Lehrergehalt überwiesen.“ Obwohl es für Bänker eine Schweigepflicht gab, erzählte er: „Manchmal kommt eine große Überweisung von ihrem Konto einer Frankfurter Bank. Mehr konnte ich nicht erfahren. Vielleicht hat sie vermögende Eltern.“

      Frau Kofer erklärte uns auf unseren Lehrgängen typische Vogelstimmen, von Amseln, Meisen und Finken. Als sie uns Raupen zeigte, sprach sie über Metamorphose, die aus Raupen schöne Schmetterlinge werden ließ. Der Vater meines Schulfeindes, war klein und dick. Er hatte einen Laden für Herrenhosen. Als er seinen Laden wegen einer Beerdigung schließen musste, hing er ein Schild in sein Schaufenster mit folgendem Text: „Heute bleibt mein Hosenladen, wegen einer Beerdigung geschlossen.“ Danach hieß er „Hosenladenstauch“. In diesem Laden kaufte unsere Lehrerin für Verwandte in USA eine graue Hose. Als ich für sie das Paket zur Post brachte, las ich die Zollerklärung und fragte: „Frau Kofer, wo haben sie die Hose gekauft, die so wenig gekostet hat?“ Frau Kofer lachte und antwortete: „Mein lieber neugieriger Louis, die Hose schenke ich dem Mann meiner Kusine zum Gewburtstag. Ich kaufte bei Erhards Vater, sie war teurer, aber damit meine Verwandten keinen Zoll bezahlen, habe ich einen geringen Preis geschrieben.“ Frau Kofer schenkte mir für den Botengang eine Mark. Im Lehrerkollegium waren nicht alle Kollegen von Esther Kofer begeistert. Einige waren eifersüchtig, weil sie mit Frau Kofer verglichen wurden. Viele Lehrer galten als faul, weil sie sich auf den Unterricht kaum vorbereiteten. Einige unterrichteten im Dritten Reich und hatten ihr Parteiabzeichen der NSDAP weggeworfen. Sie wurden Parteimitglied der DP und zu demokratischen Wendehälsen. Frau Kofer war eine Ausnahmelehrerin. Alle Klassenkameraden gingen gerne zur Schule. Viele freuten sich auf das Ende der Ferien und auf die Schule. Dies lag auch daran, dass fast alle Kinder in den Schulferien ihren Eltern beim pflücken von Heidelbeeren helfen mussten. Viele Familien hatten dadurch ein zusätzliches Einkommen. Meine Schwester war in unserer Familie die fleißigste Heidelbeerpflückerin. Unsere Familie konnte, wenn das Wetter ordentlich war und wir einen guten Platz fanden, pro Tag 20 bis 25 Pfund sammeln, die wir teilweise verkauften. Meine Mutter bekam durch die gebückte Haltung beim Pflücken, häufig Kreuzschmerzen.

      Am Mittwoch, als wir nachmittags von unserer Lehrerin unterrichtet wurden, erklärte sie uns multiplizieren. Danach schrieben wir einen Aufsatz über die Herstellung von Nahrungsmitteln. Über dieses Thema wussten Lindtraud und ich Bescheid, deshalb lobte uns Frau Kofer. Sie fragte mich, ob ich noch bleiben wollte, Lindtraud würde heute bei ihr übernachten, wir könnten zusammen spielen. Frau Kofer erklärte uns Schach. Sie hatte wunderschöne, geschnitzte Figuren aus Holz und sagte: „Meine Figuren sind aus einem arabischen Land.“ Ich erzählte ihr von meinem tunesischen Freund. Sie fand es interessant und tröstete mich, weil ich, als ich Beschier dachte, weinte. Als es klingelte und meine Mutter nach mir fragte, umarmte Esther meine Mutter und entschuldigte sich, weil sie mich nicht rechtzeitig heim geschickt hätte. Sie brühte meiner Mutter echten Kaffee auf. Kaffee war damals teuer, deshalb gab es selten echten Bohnenkaffee. Frau Kofer sagte: „Liebe Frau Lautr, sie müssen sich künftig keine Sorgen machen, wenn es spät wird, bringe ich ihren Sohn, entweder mit dem Auto, oder zu Fuß nach Hause. Ich möchte ihren Louis, morgen nach der Schule zum Essen einladen, weil wir nachmittags wieder hier lernen, muss er zum Mittagessen nicht heim. Lindtraud freut sich, wenn wir gemeinsam Essen. Ich habe ein neues elektrisches Waffeleisen und möchte es testen.“ Das fand meine Mutter toll, unser Waffeleisen, musste auf den Holz- und Kohleherd gestellt werden. Der Herd wurde stark beheizt, damit das Eisen die nötige Hitze bekam. Besonders das Drehen, des Waffeleisens auf dem Herd war schwierig, weil der Teig, der noch nicht fertigen Waffel oft in den Herd floss. Als wir uns verabschiedet hatten, hörten wir auf der Treppe, wie Frau Kofer zu Lindtraud sagte: „Während du badest, lese ich dir eine Geschichte vor.“ Auf dem Heimweg sagte meine Mutter: „Ich freu mich dass du gerne zur Schule gehst.“ Ich antwortete: „Mutter unserer Lehrerin ist toll, bei ihr lerne ich gern und bin sehr glücklich.“ Meine Mutter lachte und sagte: „Louis, merk dir fürs Leben, glücklich sein ist immer deine Entscheidung, denn du bestimmst dein Glück selbst.“ Als ich morgens zur Schule ging, freute ich mich auf das Mittagessen bei unserer Lehrerin. Ich unterhielt mich in der Pause mit Lindtraud darüber. Nach dem Essen halfen wir Frau Kofer, den Tisch abzuräumen. Lindtraud spülte das Geschirr, ich trocknete ab und räumte es auf. Frau Kofer sagte: „Ich würde heute gerne Fotos von euch machen.“ Wir bewunderten ihre Fotoausrüstung. Sie hatte ein Stativ für ihren Fotoapparat und eine sehr helle Beleuchtung, ihre Leica hatte außerdem ein aufgesetztes Blitzlicht. Sie sagte: „Bitte passt auf meine Fotoausrüstung auf, sie war sehr teuer.“ Als Rosanna und Reinhild kamen, setzten wir uns wieder ins Esszimmer und schrieben zunächst ein Diktat. Obwohl ich viele Bücher las, schrieb ich nie fehlerlose Diktate. Rosanna beherrschte die schwierigsten Wörter und hatte selten Fehler. Lindtraud rechnete perfekt. Meine Zeichnungen und meine Aufsätze verhalfen mir zu ordentlichen Noten, auch wenn ich Fehler hatte. Frau Kofer, erklärte mir geduldig falsch geschriebene Worte. Ich konnte nie Korrektur lesen, da ich beim Durchlesen der Texte keine Fehler erkannte. Nach unserem Diktat und den Rechenaufgaben lasen wir eine Geschichte von einer Puppe, die gerne ein Mädchen würde. Die Geschichte lasen wir mit verteilten Rollen. Wie immer gab es danach Kakao und Kuchen. „Ich würde euch gerne fotografieren“, sagte Frau Kofer, „stellt euch mal so hin, erst Rosanna, dann Lindtraud, dann Louis und Reinhild.“ Reinhild sagte: „Darf ich neben Rosanna stehen, weil sie meine Freundin ist.“ Frau Kofer hatte mehrmals fotografiert. Ich stand zwischen Lindtraud und Rosanna, neben Rosanna stand Reinhild. Wir legten für die nächste Serie die Arme um unsere Schultern. Frau Kofer fragte Linde und mich: „Könnt ihr euch für mein nächstes Foto in Arm nehmen?“ Dies konnten wir natürlich. „Könnt ich euch auch mal fest drücken und dabei lachen?“ fragte Frau Kofer. Auch das konnten wir. „Könnt ihr euch auch küssen und dabei umarmen?“ Fragte sie und fotografierte dabei. Rosanna und Reinhild lachten, Reinhild sagte: „Da kammer seh, dass dr Louis en Maidleschmecker isch, sonsch dät em des nit gfalle.“

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