Das Paradies ist zu Ende. Louis Lautr

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Das Paradies ist zu Ende - Louis Lautr страница 82

Автор:
Серия:
Издательство:
Das Paradies ist zu Ende - Louis Lautr

Скачать книгу

Bauchnabel.“ Wir waren in Paris, es war die Endstation mit einem Kopf- oder Sackbahnhof. Linde wollte mit mir noch eine Weile in Paris bleiben. Als Katharina sich wieder dem Rollwägelchen zu wandte, sagte Linde zu ihr: „Gel des isch gar nit so leicht, so einen Rollwagen zu schieben“. Katharina meinte: „Linde, es ist nur anfangs schwer, wenn der Wagen rollt, gehts leicht.“ Als Harald sah, dass im Zug noch zwei Plätze frei waren, fragte er, ob er noch mitfahren könne. Linde sagte zu ihm: „Du kansch scho mitfahre, aber du musch vorne sitzen, sonsch glotzt du, au die ganz Zeit der Katharina in ihr Kleid on kannsch ihr, wie mein Louis, bis zum Bauchnabel seh. Katharinas Bauchnabel hat ihn nit interessiert, aber ihre Glocke hen ihm gfalle, au wenn sie nit läutet.“ Reinhild und Linde lachten, denn sie hatten, als Katharina sich in Paris den Wagen schob, sofort gesehen, was Linde ansprach. Katharina sagte zu Linde: „Du bist gemein, du hättest mir sagen sollen, dass mir Louis in mein Kleid schaut“. Linde sagte: „Ich konnte doch nicht wissen, dass du es nicht bemerkt hast, außerdem dachte ich, es würde dir gefallen. Aber es erstaunt mich, dass du mit dreizehn schon solche Brüste hast, wahrscheinlich bist du älter.“ „Ach, Linde“, sagte Katharina, „warum bist du so garstig zu mir.“ Hartmut kam hinzu und sagte: „Wenn ihr blöde Weiber immer streitet, dann höre mir auf zu spielen.“ Linde schaute ihn unschuldig an und sagte: „Aber Hartmut, das war doch nur Spaß. Spielt weiter, wir wollen nachher noch unser Schleuderturnier durchführen. Louis und ich bereiten die Zielscheibe vor.“ Linde und ich überlegten, wo wir das Turnier durchführen wollten. Ich dachte, wenn wir auf dem Holzplatz schießen, könnte es Erwachsene sehen und denken, Schleudern wären für Kinder gefährlich. Nach der Gattersäge, in der Halle hatten wir noch gute zwanzig Meter, bis zum Ende des überdachten Sägewerks. Dort war nur ein Geländer, danach war alles offen. Es ging einige Meter runter bis zum Bach und zum Kanal, der die kleine Gattersäge antrieb. Jenseits des Baches war die befestigte Uferböschung und auf gleicher Höhe konnten wir die neue, geteerte Straße sehen, die durch das Dorf in Richtung Hornfleeg führte. Ich sagte zu Linde: „Wenn wir an das Geländer einige Bretter lehnen, dann können wir hier unsere Zielscheibe anbringen“. Linde und ich holten einige Bretter und lehnten sie an das Geländer. Mit einem Reißnagel befestigte ich die Zielscheibe, die ich aus Packpapier mit Buntstiften aufgemalt hatte. Die Scheibe hatte einen Durchmesser von etwa 60 cm, die Kreise waren deshalb ziemlich groß. Linde sagte: „Es sieht aus, wie ein indianischer Marterpfahl, man könnte auch einen Menschen da hin stellen. Wenn Katharina angebunden wäre, würde ich jedes Mal treffen.“ Ich sagte: „Linde, zum Glück bist du nicht so, wie du tust. Du könntest nicht auf Menschen schießen.“ Wir hörten, wie draußen die Rollwägelchen fuhren. Linde, zog mich in das kleine Büro von Hartmuts Vater und setzte sich auf den Tisch und nahm mich in ihre Arme. Sie hatte ihren Schlüpfer ausgezogen. Ich hatte sie auf den Ablagetisch in der hinteren Ecke des Büros gesetzt und legte einen Keil unter die Türe. Auf dem Bretterboden im Sägewerk hörte man jeden Schritt. Wir konnten kaum schmusen, weil wir durch die lauten Rollwägelchen abgelenkt wurden und auf eventuelle Schritte hören mussten. Als wir wieder auf den Holzplatz kamen, hatte Harald den Eilzug als Lockführer übernommen und Hartmut den Schnellzug. Hartmut und Harald wollten eine Pause machen. Wir können jetzt mit unserem Schleuderturnier beginnen. Rosa kündigte das Schleuderturnier an. Wir hatten seit Tagen passende Kieselsteine gesammelt. Hartmut und Angelika wollten nicht mitspielen. Hartmut wollte Angelika in dem kleinen Büro seines Vaters, das Fachwerkhaus zeigen, das er gebastelt hatte. Ich sagte zu Hartmut: „Die hintere Ecke des Büros kann man von keiner Seite sehen. Wenn jemand kommt, hüpfe ich dreimal, das Dröhnen des Holzbodens bemerkst du und ich schreie ganz laut bravo. Du kannst auch den kleinen Keil unter die Türe legen.“ Hartmut bedankte sich und nahm den kleinen Keil, den ich ihm gab. Wir hatten vier Schleudern, die von Hartmut, Rosa, Linde und von mir. Jede durfte testen, mit welcher Schleuder sie schießen möchte. Harald, Sonja und Irina wollten weiterhin Eisenbahn spielen. Ich sagte, sie könnten mit meinem Schnellzug fahren. Wir standen mit unseren Schleudern auf einem Brett, das wir im Sägewerk auf den Boden gelegt hatten. Zur Zielscheibe waren es etwa zwanzig Meter. Wir wollten in alphabetischer Reihenfolge schießen. Sonja sagte, sie hätte noch nie mit einer Schleuder geschossen, und meinte ich sollte doch beginnen. Ich schoss, der Stein klatschte auf das Papier und das Brett. Man sah den Abdruck im blauen Feld. Nach mir kam Rosanna, sie traf den roten Kreis in der Mitte. Reinhild, die eigentlich auch kein Interesse an einer Schleuder hatte, traf gerade noch die Zielscheibe. Linde, die inzwischen Übung hatte, traf ebenfalls ins Blaue. Sonja, die zum ersten Mal schoss, hatte beobachtet, wie Rosanna die Schleuder hielt und traf genau neben meinem Abdruck den blauen Ring, alle waren erstaunt. Katharina überraschte uns, sie traf neben Rosanna ins rote Feld. Sie sagte, ihr Vater, hätte ebenfalls eine Schleuder. Es ging in die zweite Runde, als wir den Postbus hörten, schoss gerade Rosa. Es gefiel mir, wie sie dastand und ihre Schleuder bis zum Äußersten spannte. Der Stein zerriss das Papier, er klatschte jedoch nicht auf das Holz, sondern traf genau die Ritze zwischen den beiden Brettern und donnerte jenseits des Baches, gegen den gelben Postbus. Ich rief: „Alle hinlegen, damit uns keiner sieht!“ Der Busfahrer und die Fahrgäste hatten den Schlag gehört. Der Busfahrer hielt und schaute sich um. Wir robbten uns vor bis zum Geländer und schauten auf die andere Straßenseite. Wir sahen die Fahrgäste, die teilweise ausgestiegen waren. Da es im Sägewerk ziemlich finster war, konnten uns weder der Busfahrer, noch die Fahrgäste sehen. Wahrscheinlich konnte man die kleine Beule, die der Stein im gelben Blech hinterlassen hat, kaum sehen. Der Busfahrer sah die Kinder auf dem Holzplatz und fragte, ob sie den Schlag auch gehört hätten. Sonja sagte: „wir haben nichts gehört.“ Busfahrer und Fahrgäste sahen uns glücklicherweise nicht. Sie stiegen wieder in Bus und fuhren weiter. Wir standen auf, sahen uns erleichtert an und lachten. Als wir uns umdrehten, kam Alinas Mutter, wie eine Furie auf ihre Tochter zugelaufen. Alinas Kleid war durch das Robben, im Sägewerk, etwas hoch gerutscht. Alinas Mutter schrie ihr Kind an: „Habe ich dir nicht verboten mit Buben zu spielen“. Hartmut hatte das Geschrei gehört, er kam aus dem Büro geschlichen und war froh, dass es nicht seine Mutter war. Alina sagte weinerlich: „Mutter, wir haben doch mit den Rollwägelchen Eisenbahn gespielt und schau mal wir sind sieben Mädchen und nur drei Buben. Es gefällt uns, bitte lass mich weiterspielen.“ Damals waren Mütter und Väter allmächtig und die meisten bestraften ihre Kinder, mit Schlägen. Frau Kling, eine böse Witwe, packte ihre Tochter im Genick und hob im Sägewerk einen Kantenstock auf, legte Ihre Tochter über einen Baumstamm und schob ihren Rock hoch, Alina rief: „Bitte, bitte zieh doch nicht meinen Rock hoch.“ Ihre Mutter schrie sie an: „Ja glaubsch i will nachher dein Rock bügle, i werd dir no dein Schlüpfer runter ziehe, on dir dein nackte Arsch versohle, dass du des schpürsch!“ Ich drehte mich um und nahm Harald mit, damit Alina nicht dachte, wir hätten bei der Bestrafung zugesehen. Alina schrie erst laut, dann immer leiser. Sie konnte, als ihre schreckliche Mutter aufhörte, nur noch jammern. Dann schrie ihr Mutter nach Irina, die schon weinte, als sie ihre Schwester auf dem Stamm liegen sah. Frau Kling legte die kleine Irina, die vielleicht zehn war, neben ihre Schwester und zog ebenfalls ihr Kleid hoch und versohlte mit dem Kantholz auch ihre kleine Tochter. Dann packte sie ihre beiden jammernden Kinder an der Hand, zerrte sie von dem Holzstamm und schlug ihrer Alina nochmals mit der Hand ins Gesicht und schrie sie an: „Jetzt wirsch dir hoffentlich merke, dass du künftig nicht mehr mit Jungs schpielsch.“ Alina antwortete weinend: „Aber Mutter, schau doch, bitte, es sind doch fast alles Mädchen.“ Ihre Mutter schlug ihr nochmals ins Gesicht und schrie sie an: „Aber es sin au drei Buben dabei!“ Sie gab ihr nochmals einen Klaps auf den Po und schrie sie an: „Und jetzt sei endlich still und komm heim!“ Rosanna hatte meine Schleuder gesehen und meinen Zorn bemerkt, sie nahm meine Hand, und sagte: „Bitte Louis, tu der bösen Frau nichts.“ Auf der Straße standen einige Nachbarinnen, die das Geschrei gehört hatten und der Szene zuschauten. Manche Weiber nickten beifällig, eine sagte den alten Bibelspruch: „Wer sein Kind liebt, züchtigt es.“ Eine andere sagte zu der weinenden Alina: „Ja, wer nit höre will, muss fühle.“ Rosa sagte: „Warum sind die Weiber so böse und Schadenfroh?“ Wir kamen uns hilflos vor, weil uns beide Mädchen leid taten und standen ziemlich betreten im Sägewerk. Nur Angelika und Hartmut waren vergnügt, sie hatten sich angefreundet und waren glücklich. Angelika hielt ihr neues Fachwerkhaus in den Händen, das Hartmut ihr gebastelt hatte, er lächelte. Ich denke, sie hatten im kleinen Büro geschmust. Wir gingen aus dem düsteren Sägewerk zum Holzplatz und überlegten, ob wir weiterspielen wollten, als wir das Auto unserer Lehrerin hörten. Frau Kofer hielt und stieg aus und schenkte uns Bäckerschnecken.

Скачать книгу