Marijana. Reiner Kotulla

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Marijana - Reiner Kotulla

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Sie bedeutete ihnen, auf der Ladefläche Platz zu nehmen. Als er dort hinaufgeklettert war, lag sie bereits auf einer dort ausgebreiteten Decke. Alexander erwachte mit starkem Harndrang.

      Simone war bereits zur Schule gegangen, und so konnte er sich in aller Ruhe das Frühstück zubereiten, um hinterher, zur Ideensammlung, einen ausführlichen Speziallauf zu absolvieren. Und dazu die Zeitung.

      „Die Karnevalsgesellschaft verhüllt den Kalsmunt-Turm“, las er und musste an Christo, der mit seiner Aktion, den Berliner Reichstag zu verhüllen, seinerzeit viel Aufsehen erregt hatte. Der hatte da nicht irgendein Gebäude verhüllt, sondern ein Symbol.

      Entstanden als ein Gebäude preußischer Scheindemokratie, später ein paar Jahre Hort der Weimarer Republik, von den Nazis als einen solchen symbolisch angezündet und verbrannt, von der Roten Armee als Ort ausgewählt, wo sie zum Zeichen der Befreiung des deutschen Volkes vom Hitlerfaschismus im Mai 1945 die rote Fahne gehisst und der nun, wieder aufgebaut, zum Aushängeschild für den durch den Anschluss der DDR an die BRD neu entstandenen Staat werden sollte. Da durfte er sich schon fragen, warum ein solches Gebäude unsichtbar gemacht werden sollte.

      Diese Frage warfen die Organisatoren der Kalsmunt-Verhüllung nicht auf. Beteiligt waren außer der Karnevalsgesellschaft ein Transportverein und das Wetzlarer Stadtbauamt, so las Alexander weiter. Also wurden da auch öffentliche Mittel verbraten. Und wofür? Auch darüber gab der Artikel Auskunft. Ein Wettbewerb des Hessischen Rundfunks und die damit verbundene Hoffnung auf einen Preis.

      Nun, dachte Alexander, wenn sie schon so wenig kreativ sind und eine Sache kopieren müssen, haben sie vielleicht den Kalsmunt als ein Symbol des menschenverachtenden Feudalismus, in dem sich auch heimische Adlige durch die Ausbeutung ihrer Bauern bereichert haben, ausgewählt? Er suchte in dem Artikel vergebens nach einer Antwort. Doch halt, da stand es, der „altehrwürdige Bergfried“ ist es, der verhüllt werden soll. Das ganze Theater also nur wegen einer Aktion. Dekadent, dachte Alexander und legte die Zeitung auf die Seite.

       Sieben

      Am Samstag fragte Alexander Mühlberg, ob er etwas über den Toten, den sie beim Ruderklubgelände aus der Lahn gefischt hatten, erfahren hatte. Mühlberg wies auf seine guten Beziehungen zur Wetzlarer Polizei hin und erzählte, dass diese inzwischen die Identität des Toten ermittelt hatte. Die Obduktion hätte ergeben, dass der Mann keines natürlichen Todes gestorben war. In diesem Zusammenhang suche man nach einer Frau, mit der der Mann zusammengelebt hatte, die aber seit einigen Wochen verschwunden war.

      Alexander bat Mühlberg, auch des weiteren seine guten Beziehungen spielen zu lassen, warum, das wusste er zu diesem Zeitpunkt noch nicht genau zu sagen. „Ich bin Schriftsteller“, sagte er zu Mühlberg auf dessen entsprechende Frage hin.

      „Ah, verstehe“, sagte der.

      An diesem Wochenende waren Volker und er alleine herausgefahren. In der vergangenen Woche hatte es ununterbrochen geregnet. Der Pegel der Lahn war kräftig angestiegen. Die Arbeiten am Floß waren gut vorangegangen, der Ferienbeginn rückte immer näher heran. Heute sollte das Zelt auf der Plattform neu errichtet werden, und sie wollten dann dort eine Probenacht verbringen. Am kommenden Samstag wollten sie dann gemeinsam das Floß im festlichen Rahmen zu Wasser lassen. Sie hatten erfahren, dass an diesem Tag der Ruderklub ein Regattafest veranstalten wollte. Woraufhin Simone die Idee hatte, dass zumindest der Vorstand an der Floßtaufe teilnehmen könnte. Dem hatten sie zugestimmt und Alexander beauftragt, entsprechende Verbindungen aufzunehmen.

      Mühlberg versprach, das zu „regeln“, wie er sich ausdrückte.

      Am Abend saßen Volker und Alexander im Vorzelt um den auf der Plattform befestigten Tisch. Volker hatte Pizza besorgt, Bier lag in einer mit Gas zu betreibenden Kühlbox, die sie ebenfalls im Boden verankert hatten.

      „Du hast doch nicht immer allein gelebt, Volker?“

      „Wenn du damit meinst, in meiner eigenen Wohnung, dann stimmt das so. Ich hatte Beziehungen, aber zusammengezogen sind wir nie.“

      „Manchmal ist ein Zusammensein ohne gemeinsame Wohnung doch recht unkompliziert. Man kann die Gemeinsamkeiten nutzen, bewahrt sich aber ein gewisses Maß an eigener Freiheit.“

      „Kann schon sein, wenn beide denn auch frei sind. Ich hatte eine Beziehung zu einer verheirateten Frau, da war es sehr praktisch, dass ich eine Wohnung hatte. Und doch war das Ganze nicht einfach, wie du dir das vielleicht vorstellen kannst.“

      „Hast du sie geliebt?“

      Volker antwortete, ohne zu zögern. „Ganz sicher.“

      „Und sie dich?“

      „Genau weiß ich das nicht, obwohl sie das manchmal gesagt hat.“

      „Und ihren Mann?“

      „Den angeblich auch. Oft beteuerte sie mir, eine glückliche Ehe zu führen, mit einem Partner, der, anders als sie selbst, absolut treu sei.“

      „Gibt es das?“

      „Ich habe es lange geglaubt, bis mir jemand erzählt hat, dass ihr Mann mit einer anderen Frau ein Kind gehabt hätte. Ich habe zunächst nicht gewagt, sie daraufhin anzusprechen, weil ich fürchtete, das wäre das Ende unserer Beziehung.“

      „Das verstehe ich nicht.“

      „So ging es mir anfangs ja auch. Es war nur so ein Gefühl. Dann glaubte ich zu wissen, nein, besser, ich ahnte es nur, dass unser Verhältnis auf einer Lüge aufgebaut war.“

      „Welcher?“

      „Der von der angeblichen Treue ihres Mannes. Die hatte sie gebraucht, um mir zu vermitteln, dass unsere Beziehung nicht von Dauer sein könnte. Warum auch sollte ich das glauben, wenn sie doch in einer glücklichen Verbindung mit ihrem Mann lebte. Mir wollte sie damit sagen, dass wir beide lediglich eine Affäre sexueller Art hatten.“

      „Sie hat dir aber doch, wie du gerade gesagt hast, ihre Liebe gestanden.“

      „Ja schon, aber das tat sie nur dann, wenn sie etwas getrunken hatte.“

      „Meine Güte, Volker, das war tatsächlich alles andere als eine einfache Sache.“

      „Seltsam, ich habe noch nie mit jemandem darüber gesprochen.“

      Darauf sagte Alexander nichts, wusste auch nicht, was er hätte sagen können. Eine Frage hatte er aber noch, Volker kam ihm zuvor. „Ich weiß, dass du jetzt wissen willst, ob ich sie dann doch noch nach dem Kind ihres Mannes gefragt habe.“

      „Genau das wollte ich dich gerade fragen.“

      „Sie hat mir die Frage nicht beantwortet. Sie weinte, verhielt sich so, als ob ich mit dieser Frage unsere Affäre beendet hätte, versicherte mir noch einmal ihre Liebe und ging. Ich verstand nichts, glaubte, sie käme wieder, wartete aber vergebens darauf. Sie ging mir aus dem Weg. Auch arbeitsmäßig veränderte sich ihr Verhalten mir gegenüber. Sagte ich dir, dass wir Kollegen waren?“

      „Nein.“

      „Hatte sie zuvor meine Arbeitsweise anerkannt, ja sogar öffentlich gelobt, begann sie nun, zunächst in spaßigem Ton, über mich zu lästern. Ich würde, so meinte sie, meine Schüler nur deshalb zur Selbstständigkeit erziehen wollen, weil ich beabsichtigte, mir dadurch Arbeit zu ersparen.“

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