Salto Fanale. Detlef Wolf
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Erleichtertes Aufatmen allenthalben. Normalerweise wäre dieser Vorfall jetzt Gegenstand eines lautstarken Palavers gewesen, aber da er mit Adrian Graf von Molzberg zu tun hatte, enthielt sich jeder in der Klasse eines Kommentars. Stattdessen schwiegen sie alle, zumindest bis Adrian den Raum verlassen hatte, um die Pause auf dem Schulhof zu verbringen.
Während die anderen ihm folgten, erhob sich leises Gemurmel.
Tabea Lennard ging als Letzte hinaus. Vorher allerdings nahm sie Adrians Arbeitsheft aus dem Papierkorb und verstaute es in ihrer Schultasche.
2
Der schrille Pfiff des Sportlehrers beendete den Unterricht für diesen Tag. Tabea ließ den Ball ein paarmal auf den Boden springen und beförderte ihn dann mit einem gezielten Wurf in den Korb zu den anderen Bällen. Sie war ausgelaugt, müde, verschwitzt aber zufrieden. Der Sportunterricht hatte gutgetan. Sie mochte es, sich zu bewegen, nach den langen Stunden in der Klasse, in denen man nur stillsitzen konnte.
Eilig lief sie mit den anderen Mädchen in den Umkleideraum, zog sich aus, duschte und kramte nach der frischen Wäsche, die sie in ihrer Schultasche mitgebracht hatte. Adrians Mathematik-Arbeitsheft fiel ihr dabei in die Hände. Sie wollte es ihm zurückgeben, am besten unbemerkt, denn wahrscheinlich würde er es ihr mit einer abfälligen Bemerkung vergelten, wie das so seine Art war. Man konnte eben nichts mit ihm anfangen. Trotzdem hatte sie das Heft aus dem Papierkorb genommen. Er hätte Schwierigkeiten bekommen, wenn das Heft mit dem Ausleeren des Papierkorbs in den Müll gewandert wäre. Und das wollte sie nicht.
Sie konnte nicht einmal sagen, warum. Es war eben so. Sie konnte einfach nicht anders. Dabei mochte sie Adrian im Grunde überhaupt nicht. Ebensowenig wie die anderen aus der Klasse. Da waren sie sich einig, er war und blieb ein arrogantes Arschloch, von dem man sich am besten fernhielt. Klar, wenn man ihn so ansah, war er der süßeste Junge der ganzen Schule. Niemand sonst sah so gut aus wie Adrian Graf von Molzberg. Trotzdem tat man als Mädchen besser daran, sich nicht in ihn zu verlieben. Das konnte nur zu einer herben Enttäuschung führen. Abgesehen davon hatte er ja auch bereits eine Freundin. Alle wußten das, weil sie ihn gelegentlich von der Schule abholte. Mit einem Porsche-Carrera Cabrio. Dagegen konnte keine anstinken.
Am allerwenigsten Tabea. Der ein solcher Versuch auch gar nicht erst in den Sinn gekommen wäre. Aber an diesem Tag paßte sie den Grafen auf dem Schulhof vor der Turnhalle ab.
Er kam als Letzter aus dem Gebäude heraus. Bei ihm dauerte es seine Zeit, bis er sich nach dem Sportunterricht wieder für präsentierfähig hielt. Tabea ging auf ihn zu und zog dabei das Heft aus der Tasche.
„Hier, ich hab Dein Matheheft eingesammelt, damit Du keinen Ärger kriegst, wenn’s im Müll landet“, sagte sie und hielt es ihm hin.
Adrian zog erstaunt die Augenbrauen hoch. „Wieso interessiert’s Dich, ob ich Ärger kriege oder nicht?“
Anders allerdings als seinem Mathematiklehrer, nahm er ihr das Heft ab.
„Eigentlich interessiert’s mich nicht. Es war wohl eher so ein Reflex, daß ich’s mitgenommen hab.“
„Wär nicht nötig gewesen“, meinte er. „Die Putzfrau hätte sicherlich gemerkt, daß das Ding nicht in den Müll gehört und hätte es schon rausgenommen.“
„Und wenn nicht?“
Adrian zuckte die Achseln. „Dann wär’s halt im Müll gelandet. Wo ist das Problem? Meins ist es auf jeden Fall nicht. Ich hab’s ja nicht reingeworfen.“
Tabea sah in das hochmütige Gesicht ihres Klassenkameraden. Sie schüttelte den Kopf.
„Warum bist Du so?“ fragte sie.
„Warum bin ich wie?“ fragte er zurück.
„Warum bist Du so ein Arschloch. Oder, wenn Du keins bist, warum führst Du Dich dann ständig wie eins auf?“
„Tu ich das?“
Tabea sah ihn schief an. „Was glaubst Du wohl, warum die Anderen hier mit Dir nichts zu tun haben wollen?“
„Woher willst Du wissen, daß ich was mit den Anderen zu tun haben will?“
„Ach komm, jetzt tu doch nicht so. Du kannst mir doch nicht erzählen, daß Du das normal findest.“
„Will ich auch gar nicht. Weil’s Dich nichts angeht, was ich für normal oder nicht normal halte.“
Er stopfte das Heft achtlos in seine Tasche.
„Aber Du willst anscheinend mit mir was zu tun haben, oder?“ fragte er dabei.
Tabea sah ihn erstaunt an. „Wie kommst Du darauf?“
„Immerhin hattest Du die Absicht, mir Ärger zu ersparen. Hast Du gesagt.“
„Stimmt. Eigentlich weiß ich auch nicht wieso.“ Sie zuckte mit den Schultern. „War wohl irgendwie so’n Reflex.“
Mittlerweile waren sie langsam zum Schultor gegangen. Draußen, auf der Straße stand die große Limousine, mit der Adrian nach Hause gebracht werden sollte.
„Kann ich Dich irgendwohin mitnehmen?“ fragte Adrian unvermittelt.
Tabea war so überrascht, daß sie ihn nur sprachlos anstarren konnte.
Er lachte. „Nun steig schon ein“, forderte er sie auf und öffnete die Wagentür.
Sie wußte gar nicht wie ihr geschah, als sie sich plötzlich auf dem Rücksitz des luxuriösen Autos wiederfand.
„Rück mal, daß ich auch noch reinkomme“, verlangte Adrian jetzt, quetschte sich neben sie und schlug die Tür zu.
Während Tabea gehorsam zur Seite rutschte, gab Adrian dem Fahrer Tabeas Adresse an.
„Woher weißt Du denn, wo ich wohne?“ fragte sie, völlig überrascht, nachdem sie ihre Sprache wiedergefunden hatte.
Wieder lachte Adrian. Aber es war kein häßliches Lachen, so wie sonst. Diesmal klang es freundlich, und es klang nett, auch als er dann sagte: „Du wirst es nicht glauben, Tabea, aber ich weiß von jedem in der Klasse, wo er wohnt. Und ich kenne auch die Namen von allen.“
Ungläubig schüttelte Tabea den Kopf. „Du bist schon ein seltsamer Typ, aber ehrlich.“
„Kann gut sein“, antwortete er und sah sie lächelnd an. „Und vielleicht bin ich ja doch nicht so das totale Arschloch, für das mich alle halten.“ Er lehnte sich zurück in die Polster und sah nach vorne. „Aber sollen sie ruhig, mich stört das nicht.“
„Tut’s ja wohl“, entgegnete sie. „Sonst würd’st Du das jetzt nicht so sagen.“
„Und wenn? Wen würde das interessieren? Dich etwa?“
„Vielleicht“, antwortete sie achselzuckend.
„Und warum?“