Bodos zornige Seele. Kurt Pachl

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Bodos zornige Seele - Kurt Pachl

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ELF hatte keine offizielle Führungsstruktur, sondern bestand aus autonomen und verdeckt arbeitenden Zellen. Einige Personen wechselten zwischen der ELF und der ALF, der Animal Liberation Front hin und her. Sie befreiten Tiere aus Tierversuchsanstalten und jagten die Räumlichkeiten danach teilweise in die Luft. Andere Zellen richteten ihren Kampf gegen die Gen-Technik insge­samt aus. Es gab Aktionen gegen eine übermäßige Entwaldung, gegen eine dramatische Zersiedelung, gegen Massentierhaltung oder gegen Ausbeutung von Tieren generell; gegen Unternehmen wie McDonalds und gegen Monsanto. Später sprengten sie Biotechniklabore in die Luft, legten Walfangflotten lahm, ketteten sich an Bahngleise, besetzten Bäume oder zerstörten Bagger und andere Geräte, um den Holzeinschlag aufzuhalten. Um dies zu erreichen, wurde das tree-spiking geboren. Sie trieben lange Nägel in stehende Bäume, wodurch die großen Sägen der Holzfäller den Geist aufgaben.

      Fünf Monate verbrachten Bodo und Marco bei der Zelle der ELF in Woodlake am Rande der Sierra Nevada zwischen den Sequoia- und den Kings-Canyon-Nationalparks. Diese beiden Parks waren 3 500 Quadratkilo­meter groß und wiesen, aufgrund der unterschiedlichen Höhen von 400 bis 4.000 Meter, eine äußert große Vielfalt an Flora und Fauna auf. Am beeindruckendsten waren die Groves, die lockeren Gruppen aus Gelb-Kiefern, Amerikanischen Weißtannen, Zucker-Kiefern und Weihrauchzedern. Und inmitten dieser Baumarten standen sie, die größten und ältesten Lebewesen auf dieser Erde; die Wellingtonien bzw. Mammutbäume. Diese Giganten, welche bis zu 84 Meter hoch wurden, und einen Basisdurchmesser von über zehn Meter erreichen konnten, waren vermutlich über dreitausend Jahre alt.

      Es verschlug Marco den Atem und Tränen rollten über die Wangen des sonst so trockenen IT-Experten, als er diese Lebewesen zum ersten Mal mit seinen eigenen Augen sah.

      Einige Idioten hatten eine Sondergenehmigung erwirkt, zwanzig dieser Riesen zu fällen; in einem Seitental am Westhang der Sierra Nevada, welches fatalerweise verkehrstechnisch relativ gut zu erreichen war. Das musste verhindert werden.

      In diesem Zusammenhang lernte Bodo Hachi kennengelernt, den sie liebevoll Hachiko nannten. Hachiko hatte sich in dreißig Meter Höhe in einer riesigen Astgabel häuslich niedergelassen; angekettet. Mittlerweile waren mindestens zehn Reporter vor Ort. Der Held der Sequoia-Wälder tauchte in vielen Zeitungen und Zeitschriften auf. Essen und Trinken zog er mit einem Seil nach oben. Seine Notdurft verrichtete er vor­nehmlich in der Nacht. Dort oben saß der arme Bursche nun bereits seit über sechzig Tagen; bei Regen, Sonne und Wind. Die amtlichen Stellen wurden belagert und die Regionalpolitiker mussten alle ihre Termine absagen, weil sie sonst von Trauben von Reportern bedrängt worden wären.

      Die Sonder­genehmigung zum Fällen der uralten Riesen wurde zurückgenommen. Hachiko erlaubte es, dass man ihn nach genau fünfundsechzig Tagen vom Baum herunterholte. Als ihn Beamte des FBI festnehmen wollten, hatten sie große Mühe, von der Menge nicht verprügelt oder gar gelyncht zu werden; vor laufenden Kameras. Die Kamera-Aufzeichnungen wurden später vom FBI ausgewertet.

      Diese Aktion hatte unzählige Menschen aus vielen Teilen dieser Erde angezogen. Sie verbrachten Tage oder gar Wochen mit den ELF-Aktivisten. Ann Chandler, die mittlerweile eine hohe Position in der größten psychiatrischen Klinik in New York eingenommen hatte, kannte Bodo von der Aktion gegen die Robbenjäger. Sie hatte sich damals in Ewald verliebt, und war nun betroffen über Bodos vertrauliche Wahrheit.

      Ann hatte eine außergewöhnlich attraktive Asiatin im Schlepptau, die bei ihr volontierte. Sue Lee verliebte sich nach wenigen Minuten unsterblich in den charismatischen Bodo, der versprechen musste, sie in Hongkong zu besuchen.

      Wie sich später herausstellte, war unter den Öko-Kriegern eine FBI-Agentin. Ihre Aufgabe bestand vor allem darin, Aktivisten zu besonders gravierenden Aktionen anzustacheln. Die Führungsspitze des FBI wollte rasche Erfolge vorweisen.

      Es war Marco, der sie enttarnte. Er hatte seit Tagen ein Auge auf diese Frau geworfen. Der Zufall wollte es, dass er heimlich Zeuge eines Telefonates dieser Agentin mit ihrem Vorgesetzten wurde. Eine große Anzahl Besucher des Camps wurde heimlich aufgefordert, sich rasch abzusetzen; darunter Ann Chandler und Sue Lee.

      Bereits am Tag darauf hatten Spezialeinheiten des FBI mit Unterstützung der örtlichen Sheriffs und der Park-Ranger das Gebiet großräumig umstellt. 48 ELF-Aktivisten wurden gefangen genommen.

      Wie Marco später in Erfahrung bringen konnte, waren die Biologin Mary-Jane Owen und die IT-Expertin Alisha Caldwell in ein Spezialgefängnis für Frauen gebracht worden. Die Männer hatte man ebenfalls in ein separat für Umwelt-Terroristen errichtetes Gefängnis gebracht.

      Bereits die Vernehmung der Aktivisten war die Hölle. Und diese Befragungen, wie das FBI sie nannte, wurden von Matt Craig geleitet.

      Mittler­weile, und dies ließ man die Gefangenen drakonisch spüren, hatte der Präsident der Vereinigten Staaten ein erweitertes Bundesgesetz unterzeichnet. Aus dem Animal Enterprise Protections Act von 1992 wurde das Animal Enterprise Terrorism Act. Es zeichnete sich rasch ab, dass nach dem 11.9.2001 eine gesteigerte Aufnahmefähigkeit für eine neue Mythologie geschaffen wurde, Rechtferti­gungsgrenzen zu verschieben oder ganz aufzuheben. Der Begriff Terrorismus wurde dazu genutzt, die Gesetzgebung und die Verfolgung von unliebsamen politischen Gegnern zu manipulieren und zu missbrauchen. Der Dow Jones, die NASDAQ, die OECD, die WTO sowie die große Lobby-Schar des Kapitalismus hatten gesiegt – zur Erhaltung des Wohlstandes und des Fortschrittes der Zivilisation.

      Die Öko-Krieger wurden zur zweitgrößten Bedro­hung nach Al-Quaida hochstilisiert. Später schlossen sich Interpol und viele Gesetzge­bungen in Großbritannien, in den Niederlanden, in Deutschland und sogar in der Schweiz dieser im Grunde genommen höchst undemokratischen Argumen­tation an. Diese Länder verfolgten allerdings nicht, welche körper­lichen und seelischen Qualen die Öko-Krieger in den Staaten zu erleiden hatten, nachdem sie in Gefangenschaft gerieten. Hinter der Abkürzung CMU bzw. dem Begriff Communication Management Unit verbarg sich der entlarvende Begriff Little Guantanamo.

      Bodo, Marco, Amaro Nguyen aus Alaska, Vincent Decoux und Calvin Tremont aus Kanada, Travis Bullock, Ron Tate, Ad McCoy, Gabe Whitley, Tyson Moody und Luca Molina aus den USA, Alekanekolo Durhan aus Hawaii und auch der Neu-Amerikaner Hachi Yoshimura lieferte man in dieses neue CMU ein.

      Für die Beamten des FBI und die Wachmannschaften des Little Guantanamo waren sie Gesindel und eine Gefahr für die Innere Sicherheit des Landes.

      Für die Gefangenen gab es keine Möglichkeit, Kontakt mit einem Anwalt oder anderen Personen aufzunehmen. Es gab keine Gerichtsverhandlung und keine offizielle Verurteilung. Sie waren Terroristen - und damit der Abschaum der Gesellschaft schlechthin. Und mit diesem Abschaum durfte man nicht zimperlich umgehen. Diese, wie Aussätzige zu behandelnden Lebewesen, hatten einen stark eingeschränkten Kontakt untereinander. Freigang hatten Gefangene jeweils nur traktweise. Eine eventuelle Revolte durfte unter keinen Umständen auf andere Trakte übergreifen. In den Anfängen war ihnen sportliche Betätigung untersagt, und der Zugang zu Nachrichten wurde ihnen verwehrt. Sie hatten nur sich selbst.

      In den Zellen und anderweitigen Räumen wurden alle Gespräche aufge­zeichnet. Wöchentlich gab es Verhöre, die man ebenfalls aufgezeichnete.

      Viele Gefangene wurden physisch und vor allem psychisch systematisch zerstört. Das war das eigentliche Ziel dieser Einrichtungen.

      Als Bodo von einem dieser Verhöre zurück in seine Zelle gebracht wurde, stand die Türe eines größeren Raumes für kurze Zeit offen; lange genug. In diesem Raum wurden die Gespräche in den Zellen abgehört oder aufgezeichnet. Und inmitten dieses Raumes sah er einen Mann - den FBI-Agenten Matt Craig.

      Nach

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