Wounded World. Tessa Koch
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„Und du stehst drauf, Blondie“, erwidert er breit grinsend, eine Braue hochgezogen.
Ich verdrehe wieder einmal die Augen. „Also ich werde jetzt ins Bad gehen.“
„Und ich schaue mal, was sich zum Frühstück findet – ich bin also unten in der Küche, nur falls du wieder mit einer Waffe in den Raum springen willst.“
Tatsächlich werde ich leicht rot. „Ich überlege mir noch, ob du mir die Mühe wert bist.“ Unter seinem leisen Lachen schlage ich die Decke beiseite und stehe auf. Kurz strecke ich mich und meine Gelenke knacken. Dann gehe ich ins Bad und schließe die Tür hinter mir. Ich gehe auf Toilette, dann wasche ich mir Hände und Gesicht. Anschließend suche ich in dem Schrank neben der Tür nach unbenutzten Zahnbürsten und werde tatsächlich fündig. Ich putze mir die Zähne und bürste mein störrisches Haar.
Als ich die Küche betrete, bin ich gerade dabei sie zu einem Pferdeschwanz zusammen zu binden. Liam ist dabei Spiegeleier zu braten und sieht zu mir auf, als ich eintrete. „Versteckst du deine wilde Mähne wieder?“
Ich sehe ihn überrascht an. „Was?“
„Na deine Haare, Blondie. Es sieht hübsch aus, wenn sie offen sind.“ Überrascht halte ich im Binden des Zopfes inne, unsicher, was ich antworten soll. „Ich habe Spiegeleier für uns gemacht“, redet Liam weiter.
„Sieht gut aus“, sage ich und streiche meinen Zopf glatt. Noch immer bin ich wegen seines Kommentares verwirrt, versuche es mir aber nicht anmerken zu lassen.
„Ich hoffe, dass sie auch schmecken“, lacht er, als er mir einen beladenen Teller reicht. „Nach dem Essen sollten wir uns ein Auto suchen. Vereinzelt schwirren hier zwar immer noch Parasiten rum, aber der große Strom ist weitergezogen. Mit den paar werden wir fertig.“
„Zuerst sollten wir das Haus zu Ende durchsuchen und alles packen. Wenn wir ein Auto finden, wird das Motorengeräusch wieder welche anlocken – ich möchte dann so schnell wie möglich hier weg“, wende ich ein. „Lass uns alles zusammensuchen, packen und vor die Haustür stellen, damit wir’s nur kurz einladen müssen.“
„Wieder einmal ist dein Plan genial.“ Er verneigt sich leicht vor mir und ich muss darüber lachen. „Wo wollen wir denn anfangen?“ Er stellt sein dreckiges Geschirr in die Spüle und sieht mich fragend an. „Bist du in der Küche soweit durch?“
„Ich denke schon.“ Auch ich stelle meinen leeren Teller weg. „Im Wohnzimmer habe ich mich nur kurz umgesehen, in den anderen Räumen gar nicht. Wir sollten auf jeden Fall das Badezimmer nach Medikamenten durchsuchen.“
„Dann lass uns uns am besten aufteilen, damit wir schnell weiterkommen. Es beunruhigt mich irgendwie, wenn wir an einem Fleck sind.“
„Ich weiß, was du meinst.“ Kurz blicken wir uns an. „Dann werde ich mal oben im Bad nachschauen und unsere anderen Sachen runterholen.“
„Und ich werde das alles in den Flur schleppen.“ Liam deutet auf die Tüten und Körbe, die ich gestern bereits gepackt habe. „Wir brauchen ein echt großes Auto, wenn wir das alles mitkriegen wollen.“
„Wir finden schon was Passendes“, sage ich über die Schulter beim Verlassen des Raumes. Geduckt gehe ich wieder an den Fenstern vorbei und laufe dann eilig die Treppe hinauf in das Badezimmer, das an das Elternschlafzimmer angrenzt.
Ich gehe auf den breiten Spiegelschrank über dem Waschbecken zu. Eigentlich will ich ihn nur kurz durchsuchen und dann weiterschauen, doch als ich mich ihm nähere, bleibt mein Blick an meinem Spiegelbild hängen. Mir fallen Liams Worte wieder ein und ich ziehe das Zopfband aus meinem Haar. Sofort fallen sie mir weich über die Schultern. Ich betrachte mein Gesicht eingehend, unter meinen braunen Augen liegen tiefe Schatten. Über meine Nase ziehen sich vereinzelte Sommersprossen, mein Gesicht wird von meinen blonden Locken gerahmt. Früher, als ich mein Haar kürzer trug, waren meine Haare kraus und wild. Inzwischen reichen sie über meine Schultern, sodass sie sich etwas ausgehängt haben und weich fallen. Die Person, die mich anblickt, sieht müde und erschöpft aus. Wenn mein Gesicht etwas mehr Farbe hätte, ich keine dunklen Augenringe und diesen stets bekümmerten Ausdruck hätte, würde ich vielleicht wirklich hübsch aussehen. So jedoch kann ich nicht nachvollziehen, weswegen Liam das vorhin zu mir gesagt hat. Aber vielleicht wollte er nur freundlich sein, die Stimmung etwas auflockern.
Clarissas Bild tritt mir wieder vor Augen, ihre helle Haut, das schwarze Haar, die blauen Augen. Immer wenn ich sie gesehen habe, sah sie perfekt aus. Sie macht sich viel mehr Gedanken über ihre Kleidung und ihr Make Up, sie hat jeden Tag eine andere Frisur. Ich hingegen ziehe das an, was in meinem Schrank obenauf liegt und schminke mich nur, wenn ich besonders gut aufgelegt bin. Meine Haare trage ich aus purer Gewohnheit zusammengebunden. Vielleicht hat Adam dich deswegen verlassen, Dummerchen, tadele ich mich selbst. Weil du dich gehen lässt, dir keine Gedanken um dein Äußeres machst. Und jetzt ist es zu spät. Kurz schüttele ich den Kopf, schüttele die Stimme, die Gedanken ab. Es ist unwichtig, weswegen Adam mich verlassen hat, es ist unwichtig, weswegen Liam vorhin diese Worte an mich gerichtet hat. „Die gottverdammte Welt geht gerade unter“, flüstere ich mir zu, als ich den Spiegelschrank öffne und ihn eilends durchsuche. „Da sollte ich mir wirklich keine Gedanken um mein Aussehen machen. Oder um Männer.“
Sämtliche Medikamente landen in der Tüte, die ich mir aus der Küche mitgenommen habe, ebenso wie Zahnbürsten, Zahnpasta und ein paar Handtücher. Danach gehe ich zurück in das Schlafzimmer und überprüfe, ob unsere Rucksäcke gepackt sind. Ich lege meinen Waffengürtel um, schultere die Rucksäcke und werde sofort wieder an meine schmerzenden Muskeln erinnert. Danach nehme ich mir Liams Gitarre, trage alles nach unten und stelle es am Fuße der Treppe ab.
„Bist du soweit?“ Liam kommt in den Flur und stellt die restlichen Sachen dazu.
„Ja, lass uns ein Auto klauen.“
Er grinst mich an, während er seine Glock in den Bund seiner Jeans steckt. „Wir sollten durch die Hintertür raus, nur für den Fall, dass auf der Straße noch Parasiten sind.“ Wir gehen zurück in das Wohnzimmer, werfen uns einen letzten Blick zu, als Liam den Sessel beiseite schiebt und dann seine Hand auf den Knauf legt. Er öffnet die Tür, nur einen Spalt breit, und ich schiebe mich nach draußen. Wachsam sehe ich mich um, doch der Garten ist leer und ruhig. Liam ist dicht hinter mir, als ich um das Haus schleiche und geduckt hinter dem Zaun auf die Straße sehe. Eine Handvoll Parasiten wankt dort umher, doch sie stellen kein großes Problem für uns da. Ich blicke mich weiter um, betrachte die wenigen Autos, die in den Auffahrten der Häuser stehen.
„Sieh nur“, flüstere ich Liam zu und deute auf einen dunklen Kleintransporter, der fünf Häuser weiter steht. „Der dürfte doch groß genug sein.“
„Ja.“ Er sieht zu den wenigen Parasiten, die auf der Straße sind. „Wir sollten durch die Gärten gehen –“ Mein Blick fällt auf eine Handharke neben ihm, sie hat drei gebogene Zacken „– dann können wir ungesehen zu dem Haus laufen –“ Ich greife nach ihr und betrachte sie kurz eingehend „– und durch die Hintertür rein –“ Mit der anderen Hand taste ich nach dem Gartentor neben mir und öffne es leise „– und dann suchen wir uns einen Weg in die Garage, dann können wir von dort zu dem Auto.“ Geduckt laufe ich auf die Straße, schleiche mich an einen der Parasiten an. Im nächsten Moment habe ich die Harke tief in seinem Kopf versenkt und ihn lautlos zu Boden gelegt. Zwei