Wounded World. Tessa Koch

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Wounded World - Tessa Koch

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wir kannten uns vorher nicht, trafen uns auf einem Hochhausdach. Ich musste mich aus einem entgleisten Zug kämpfen, sah dort die ersten Parasiten, die die Menschen anfielen. Auf meinem Weg bis zu dem Haus, auf dem wir uns trafen, habe ich Menschen gesehen, die sich gegenseitig erschossen und angriffen. Ein Mann hat ein kleines Mädchen in die Arme der Parasiten geschubst, damit er fliehen konnte.“

      „Und hier.“ Ich hebe einer meiner Strähnen an, zeige auf meine einstige Platzwunde, von der inzwischen nur noch eine hellrote Narbe zurückgeblieben ist. Auch der Schnitt auf meiner Hand ist verheilt, nur noch eine schwache Linie zu sehen. „Als das alles ausbrach, war ich bei meinem Ex-Freund Adam und seiner neuen Freundin. Wir wollten zusammen aus Washington verschwinden, doch Clarissa schlug mich nieder und ließ mich dort zurück.“ Ich seufze leise und lasse die Strähne los. „Es ist schwierig, den Menschen zu vertrauen. Also entschuldige bitte, falls wir etwas heftig zu dir waren, Lexi.“

      „Das macht nichts, ich konnte es gut nachvollziehen“, sagt sie. Wir lächeln uns an. „Und du hast bei Starbucks gearbeitet?“, wechselt sie dann das Thema.

      „Ja.“ Ich lehne mich mit der Schulter an meinen Sitz, um bequem mit ihnen reden zu können. „Ich hatte ein Teil-Stipendium und musste irgendwie die Kohle für den Rest aufbringen. Also habe ich immer, wenn ich nicht in der Uni saß, gearbeitet.“

      „Was hast du denn studiert?“ Sie knabbert an der Haut ihres Daumens.

      „Literaturwissenschaften.“

      „Cool. Ich dachte, was mit Musik.“ Sie deutet auf Liams Gitarre neben sich.

      „Oh nein.“ Ich grinse. „Die gehört unserem Soldaten hier.“ Ich klopfe ihm auf die Schulter. „Er war bei der Army“, erkläre ich auf Lexis verwirrten Gesichtsausdruck hin.

      „Das ist natürlich praktisch.“ Marsha gluckst erheitert.

      „Es geht so.“ Liams Brauen sind leicht zusammengezogen. „Man lernt nicht unbedingt, wie man mit Untoten umzugehen hat.“

      „Und doch habt ihr es aus Washington bis hierher geschafft.“ Marshas blaue Augen blicken weise drein. „Und uns gerettet, nicht zu vergessen. Also muss es ja doch etwas gebracht haben.“ Wieder gluckst sie.

      „Wir versuchen nur zu überleben“, erklärt Liam. „Und wenn wir andere Überlebende treffen, die uns nichts Böses wollen, dann haben wir nichts gegen etwas Gesellschaft, oder Blondie?“ Er grinst mich an.

      Ich strecke ihm die Zunge raus. „Nur dass wir bisher keine netten Überlebenden getroffen haben. Bis auf euch“, füge ich dann an Marsha und Lexi gewandt hinzu. „Der Großteil ist ohnehin verwandelt.“ Meine Stirn legt sich in nachdenkliche Falten.

      „Ich bin froh, dass wir euch begegnet sind.“ Lexi blickt auf Bender, der auf ihrem Schoß schläft. „Wir haben diese … Parasiten ganz schön unterschätzt. Ich wusste nicht, dass sie so auf Lärm reagieren. Es ist tatsächlich ein Wunder, dass wir so lange überlebt haben. Wenn sie schon früher auf uns aufmerksam geworden wären, hätten wir das nicht überlebt. Ich hätte mich nie getraut sie so einfach zu töten.“ Sie sieht mit großen, unschuldigen Augen zu mir auf.

      „Es ist auch nicht einfach“, erwidere ich. „Wenn du es einfach so könntest, von Anfang an, dann wäre irgendetwas nicht richtig mit dir.“ Liam lacht leise neben mir. „Aber wenn es um dein Überleben geht, du gesehen hast, was sie tun, sobald sie einen Menschen in ihre Finger bekommen … Dann schaffst du es auch. Der erste Parasit, den ich tötete, fiel Adam damals an. Hätte ich ihm nicht den Schädel eingeschlagen, hätte er ihn gefressen. Und wenn man nur diese beiden Optionen hat, entscheidet man sich lieber für das eigene Leben und das der Freunde.“

      Liams und mein Blick treffen sich, wir sehen uns in tiefem Verständnis füreinander an. Wir beide haben getötet, sowohl Parasiten als auch lebende Menschen. Doch wir töteten jedes einzelne Mal, um unser Überleben zu sichern. Wir retteten einander, halfen einander. Ich bereue nicht einen dieser Momente und in seinen Augen lese ich, dass es auch ihm so ergeht, er jederzeit wieder diese Entscheidungen treffen würde.

      „Das hoffe ich.“ Lexi blickt zu mir auf, gähnt dann leise. „Entschuldigt.“

      „Nicht doch, Kindchen, es war ein anstrengender Tag.“ Auch Marsha gähnt nun. „Wir haben seit Tagen nicht richtig geschlafen, je mehr von diesen Parasiten draußen herumliefen, desto beunruhigender wurde es, sodass wir uns mit Wachehalten abgewechselt haben“, erklärt sie. „Doch auch wenn man nicht mit Wache dran war, fiel es einem schwer zu schlafen.“

      „Ich weiß, was ihr meint, man schläft trotzdem immer mit einem Auge offen.“ Ich deute auf die Decken, auf denen sie sitzen. „Wie ihr seht, haben wir ein Bett gebaut. Etwas provisorisch, doch es ist durchaus bequem. Legt euch ruhig hin und schlaft etwas, wir werden jetzt eh erstmal ein Weilchen fahren. In den Tüten sind Lebensmittel, Wasser und Medikamente. Da dürft ihr euch auch gerne dran bedienen.“

      Lexi mustert die Tüten neben sich, sieht dann wieder zu mir. „Danke, wirklich, Leute.“

      „Ihr gehört jetzt zur Truppe.“ Liam grinst wieder einmal. „Ruht euch wirklich etwas aus. Wenn wir anhalten müssen oder sonst irgendwas Spannendes passiert, wecken wir euch, keine Sorge. Aber momentan sieht alles ganz gut aus, die Straßen sind frei und ruhig.“

      Marsha und Lexi sehen sich an, dann legen sie sich unter die Decken, Bender in ihrer Mitte. Es dauert nicht lange, ehe sie alle drei friedlich schlafen. Ich habe mich wieder richtig hingesetzt, starre durch die Windschutzscheibe auf die freie Straße vor uns. Um uns herum ist noch immer Wald, ab und an sehe ich einen Parasiten zwischen den Bäumen. Mein linker Arm ruht auf der Mittelarmlehne, Liam löst seine rechte Hand vom Steuer und umfasst meine dann fest. So fahren wir mehrere Stunden schweigend, ehe ich ihn schließlich leise frage, ob ich ihn ablösen soll.

      Wir halten an und tauschen die Plätze. Keine halbe Stunde später ist es bereits dunkel geworden, Liam auf dem Beifahrersitz ebenfalls eingeschlafen. Nur selten sind wir in den letzten Tagen bei Nacht gefahren, meist hielten wir mitten auf der Straße an, versperrten das Auto und schliefen für ein paar Stunden. Doch nun, wo wir Marsha, Lexi und Bender bei uns haben, die Verantwortung für drei weitere Leben tragen, möchte ich keine unnötigen Pausen einlegen.

      In mir kommt der Wunsch auf, endlich Arkansas zu erreichen, Liams Familie wohlauf zu finden. Ich möchte nicht mehr unterwegs sein, nicht mehr in ständiger Bewegung und Angst. Die Vorstellung, mit den anderen einen sicheren Platz auf der Farm zu finden, gibt mir die Kraft, die ich brauche, um die Nacht durchzufahren. Zweimal muss ich wenden und mir auf der Karte eine neue Route suchen, doch ansonsten kommen wir gut voran. Das leise Atmen der anderen beruhigt mich, gibt mir fast das Gefühl, dass alles gut ist und bald wieder Normalität in unser Leben einkehren wird.

      Doch dann denke ich an den Jungen auf dem Interstate, den ich erschoss, das Mädchen in der Badewanne, das tote Ehepaar im Bett. Ich denke an all die Menschen, die zurückkamen, die wir nur Parasiten nennen, damit wir das Töten eher ertragen. Doch sie hatten alle einmal Namen, ein Leben, eine Geschichte. Ich kann kaum glauben, dass ein Virus für all das verantwortlich sein soll, all die Toten, all die verlorenen Seelen. Die Rede des Präsidenten kommt mir wieder in den Sinn, dass sie forschen und nach einem Gegenmittel suchen.

      Ich frage mich, ob es wirklich einmal etwas geben wird, dass all die Parasiten zurückverwandeln, sie wieder die Menschen werden lässt, die sie einmal gewesen sind. Und in diesem Zusammenhang stelle ich mir die unvermeidbare Frage, ob es dann bedeutet, dass wir kaltblütige Mörder sind. Wir haben auf unserem Weg bereits Dutzende von ihnen getötet, ihnen vielleicht die Chance auf ihr altes Leben genommen. Dann frage

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