Sieben Tage. Patty May

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Sieben Tage - Patty May

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habe ich ja wohl ein Recht, es zu erfahren, oder?“

      „Also bitte, Silke, sei nicht albern. Seit wann interessiert dich denn ‚unser‘ Land?”

      Charlotte hob die Augenbrauen.

      „Wolltest du plötzlich den Hof übernehmen?“

      Irritiert öffnete Silke den Mund, ohne eine passende Antwort zu finden. Natürlich war beiden klar, dass sie sich einen Teufel um den Hof scherte. Darum ging es doch überhaupt nicht! Machte ihre Mutter sich etwa über sie lustig?

      Charlotte erwartete keine ernsthafte Erwiderung.

      „Ich denke nicht! Dann gibt es auch nichts weiter zu bereden! Also geht es dir etwa um das Geld oder dein Erbe?“

      Unwillkürlich wurde Silke laut.

      „Natürlich nicht! Ich hätte es einfach gern von dir selbst erfahren als von irgendeinem aus dem Dorf! Weißt du eigentlich, wie peinlich das ist? Warum tut du mir das an?“

      Schmerzhaft brannte das Gefühl der erlittenen Demütigung, das Silkes Zorn erneut entfachte.

      „Warum beachtest du das Geschwätz der Leute? Es geht niemanden an, was ich mache, und bisher interessierten dich meine Angelegenheiten doch auch nie!“, versuchte sich Charlotte zu verteidigen.

      „Mein Gott, ein Satz hätte genügt, um mich zu informieren!“

      Seufzend nahm Charlotte einen Schluck Kaffee.

      „Ach ja? Wann warst du denn mal hier oder hast angerufen?“

      „Mutter, du hast auch ein Telefon!“, widersprach Silke bissig. Die Tasse landete scheppernd auf dem Unterteller.

      „Seit Wochen habe ich dich nicht zu Gesicht gekriegt! Glaubst du ernsthaft, ich könnte bis zu meinem Tod hier wirtschaften? Ich werde fünfundsechzig, die alten Knochen plagen mich, und durch die Kälte und Feuchtigkeit krieg ich Rheuma, ich schaff das nicht mehr! Wenn du an Weihnachten oder meinem Geburtstag nicht immer nur mal kurz vorbeigehuscht wärst, hättest du das vielleicht sogar bemerkt.“

      Der Vorwurf war nicht zu überhören, doch Silke dachte gar nicht daran, sich davon reizen zu lassen. Zumindest wurde sie nun über den Gesundheitszustand ihrer Mutter aufgeklärt, bevor sie auch das aus dem Dorftratsch erfuhr. Nachher hieß es noch, sie würde sich zu wenig um Charlotte kümmern.

      Nach einem Augenblick des Schweigens gab Silke dieselbe Frage weiter, die ihr Kathrin gestellt hatte.

      „Wo wirst du wohnen? Gehst du in ein ... Altenheim?“

      „Das ist mein Haus, und hier bleibe ich auch. Wenn ich tot bin, kannst du damit machen, was du willst“, kam die Antwort verärgert zurück.

      Was sollten sie tun, falls ihre Mutter gebrechlich wurde?

      „Bist du dir sicher? Ich meine mit dem Haus?“

      „Oh, ja!“

      Misstrauisch beäugte Charlotte ihre Tochter, die beschloss, diesen Punkt vorläufig ruhen zu lassen.

      „Trotzdem verstehe ich diesen überstürzten Verkauf nicht ganz! Du hast doch Arbeiter? Du musst doch nicht mehr den ganzen Tag draußen schuften!“

      Kopfschüttelnd legte sich Charlotte die Hand auf die Stirn. „Diese Arbeiter müssen auch entlohnt werden! Der Hof rentiert sich einfach nicht mehr. Mein Anbaugebiet ist mit zehn Hektar viel zu klein, um große Gewinne zu erzielen. Ein eigenes Kühlhaus kann ich mir nicht leisten, also muss ich die Einlagerung bezahlen. Der Schlepper, die Traktoren und Pflückzüge, die Spritze, alles muss regelmäßig gewartet werden. Im nächsten Jahr müssen die Baumbestände teilweise durch Neuanpflanzungen ersetzt werden. Die Kosten steigen Jahr für Jahr, und ich bin zu alt und zu müde, um wirklich noch nützlich bei der anstehenden Arbeit zu sein.“

      Resignierend drehte sie ihr Gesicht zum Fenster, sodass Silke es nicht sehen konnte, und fügte leise bedauernd hinzu: „Es ging nicht anders. Es war das Vernünftigste.“

      Ruckartig wandte Charlotte sich ihr zu und funkelte sie aus zusammengekniffenen Augen böse an.

      „Und wenn du in Bezug auf meine Belange nicht so verdammt gleichgültig wärst, wäre dieser Verkauf auch nicht so eine Überraschung für dich gewesen!“

      „Was soll das denn nun wieder heißen? Überhaupt warst du doch immer so fanatisch mit dem Hof. Hast dir nie von irgendwem reinreden lassen! Der Hof war doch dein Leben, der war dir schon immer wichtiger als alles andere!“

      Silkes Stimme hallte dröhnend durch den kleinen Raum.

      „Was wirfst du mir eigentlich vor? Dass ich mich nicht um dich gekümmert habe?“, gab ihre Mutter genauso laut zurück.

      „Ja, genau das! Wann hattest du mal Zeit für mich? Zuerst kamen immer deine Äpfel und deine Arbeiter und deine Maschinen und erst dann, ganz zum Schluss, kam ich!“ Charlotte saß steif wie eine Statue am Tisch.

      „Silke, ich habe außer Landwirtschaft nichts gelernt. Dies ist der Hof meines Vaters, und ich war es ihm und meinem verstorbenen Mann schuldig, ihn so lange es geht zu halten. Allein mit einem Baby, kannst du dir auch nur im Entferntesten vorstellen, was das bedeutet? Ich habe mich als Bäuerin mehr als genug beweisen müssen, ich habe mehr und härter als mancher Mann gearbeitet, um uns beide über Wasser zu halten. Diese Äpfel haben uns ein Einkommen gesichert und ein gutes Leben beschert. Ja, ich hatte wenig Zeit, aber du warst mir immer wichtig. Du ... du bist doch das Einzige, was mir noch blieb!“ Die Erklärung war einleuchtend, trotzdem weigerte sich Silke, dies auch nur im geringsten Maße anzuerkennen.

      Ihre Mutter war einst ihre einzige Vertraute gewesen, vielleicht hasste sie deshalb diesen Hof so eifersüchtig. Silke konnte sich selbst nicht eingestehen, was sie der Mutter eigentlich vorwarf. Sie wollte Charlotte nicht verzeihen, was man ihr in der Kindheit angetan hatte. Wusste sie überhaupt, wie sehr sie darunter gelitten hatte?

      Es lag so lange zurück, inzwischen war Silke achtunddreißig, hatte einen Mann und ein Kind. Manchmal konnte sie die Vergangenheit schlicht vergessen, bis sich die Erinnerung erneut an die Oberfläche kämpfte.

      Diese Wunden wollten einfach nicht heilen.

      „Warum ist er fortgegangen? Warum hat er nie nach mir gesucht?“

      Sie hatte diese Fragen nicht stellen wollen, die Worte entschlüpften ihren Lippen, bevor es ihr richtig bewusst wurde.

      „Silke, es tut mir so leid. Hätte Chrishan gewusst, dass ich ein Kind erwarte, er hätte uns ... hätte dich nie verlassen!“

      ***

      Es war ein perfekter Tag. Das sonst so verhasste Putzen und Aufräumen war ihr leicht von der Hand gegangen. Die Küchenzeile glänzte, frei von benutztem Geschirr. Jacken und Schuhe fanden ihren Platz in der Garderobe statt davor, und im Wohnzimmer hätte man vom Boden essen können. Auf dem Tisch stand nun ein silberner Kerzenleuchter, neben dem Anne einen kleinen Blumenstrauß aus dem Garten platzierte, als sie überraschend die Schritte ihrer Mutter im Flur vernahm, deren Absätze über das Parkett klackerten.

      „Wieso bist du denn schon zu Hause?“

      Grußlos

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