Sieben Tage. Patty May

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Sieben Tage - Patty May

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Gruppe davon in Kenntnis setzte, die Tragödie von Romeo und Julia auf die Bühne zu bringen, erntete er wenig Begeisterung. Auf diese alte Liebesschnulze verspürte kaum jemand Lust, aber als der Lehrer ihnen seine Vorschläge präsentierte, waren sie sofort Feuer und Flamme.

      Lediglich Anne hatte ihren ganz eigenen Grund, sich dieser AG anzuschließen, und der hieß Jan. Für den Jungen aus Maikes Klasse schwärmte sie schon länger heimlich, aber heute suchte sie ihn vergeblich. Leise stupste sie ihren Nachbarn an.

      „Wo ist eigentlich Jan?“

      „Der ist beim Zahnarzt“, gab der schadenfroh Auskunft.

      Sophie, die vor ihnen saß, hatte die Ohren gespitzt.

      Unaufgefordert schnappte sie sich ein weiteres Manuskript verkünden eilig, es dem Jan persönlich zu überbringen.

      „Na, der wird sich aber freuen!“, bemerkte Maike zynisch, während Anne dem Mädchen finster auf den Hinterkopf starrte. Insgeheim ärgerte es sie gewaltig.

      „Kommen wir jetzt zur Rollenverteilung!“

      Aufmerksam blickte der Leiter in die aufgeregten Gesichter seiner Schützlinge.

      „Ich habe lange nachgedacht, wer den jeweiligen Charakter am besten wiedergeben könnte. Ihr habt in den letzten Wochen viel dazugelernt und gezeigt, was in euch steckt. Nun habe ich folgende Vorschläge und bin gespannt, was ihr dazu sagt.”

      Er nahm einen handbeschriebenen Zettel und begann mit feierlicher Stimme von diesem abzulesen.

      „Den Benvolio sollte Maike spielen, bei Romeo hatte ich an Jan gedacht, seine Eltern Jasmin und Torben, die Capulets Sophie und Chris, bei Tybalt dachte ich an Tobias, an der Julia sollte sich Anne versuchen, für Pater Lorenzo halte ich Oliver für am besten besetzt ...”

      Nachdem ihr Name gefallen war, hatte Anne bereits nicht mehr zugehört. Die Hauptrolle! Damit hätte sie nie gerechnet!

      Im ersten Moment wollte sie sofort aufbegehren und ablehnen, bis ihr bewusst wurde wem der Romeo zugedacht war.

      Dem unheimlich süßen Jan! Und sie, Anne, könnte seine Julia sein! Wann würde sie noch einmal so eine Chance kriegen?

      Langsam drang Maikes Stimme an ihr Ohr, vermutlich redete diese schon eine ganze Weile auf sie ein.

      „Anne, das musst du einfach versuchen. Bitte! Tu‘s für mich! Du wirst eine wunderbare Julia sein, bitte, du kannst das!“

      Auffordernd stieß Maike sie an.

      „Ist ja gut! Vielleicht mach ich‘s ja wirklich.“

      Annes Herz raste vor Glück.

      Herr Friggen schloss soeben die Stunde.

      „Wie gesagt, jeder kann erst mal ausprobieren, ob ihm seine Rolle liegt. Dann sehen wir uns am Donnerstag wieder.“

      Zwei Tage bis Donnerstag, Anne konnte es kaum erwarten.

      ***

      Für Silke Imhoff war dies ein ganz gewöhnlicher Arbeitstag, wie immer saß sie verborgen hinter dem hohen halbrunden Tresen an der Buchhaltung und einem Berg von Abrechnungen. Der Empfangsraum der Anwaltskanzlei war großzügig gestaltet, es gab einen Kaffeeautomaten und eine Sitzecke für die wartenden Mandanten, mit zwei Ledersesseln und einem kleinen Glastisch. An den Wänden setzten Halogenleuchten die surrealen Drucke bekannter Künstler gekonnt in Szene, und ein riesiges Blumenbukett, das eigens jeden Montagmorgen angeliefert wurde, zierte ein kleines antikes Cabinet.

      Bei ihrer Anstellung vor fast dreizehn Jahren hatte Silke noch ihr eigenes kleines Bürozimmer, mit ihrem Namenszug an der Tür. Sie war zwar kein Volljurist, aber sie hatte den Magister Juris an der Hochschule erworben und durfte in juristischen Angelegenheiten beraten.

      Jetzt bekam sie keine eigenen Klienten mehr, und ihr Büro bestand nur noch aus diesem Schreibtisch im Vorzimmer.

      Silke grübelte oft, wie es dazu hatte kommen können.

      Lag es tatsächlich daran, dass sie die einzige weibliche Person in dieser Kanzlei war? Sie hegte schon lange den Verdacht, dass man sie deshalb benachteiligte. Rechtsberufe waren nach wie vor eine Männerdomäne. Das wurde zwar öffentlich bestritten, doch es reichte schon, sich genau anzuschauen, wie wenige Frauen tatsächlich im höheren Justizdienst oder als Amtsanwälte und Rechtspfleger arbeiteten. Waren ihre männlichen Kollegen, frisch von der Uni, vielleicht kompetenter? Jedenfalls beherrschten sie ihre Selbstdarstellung in Perfektion.

      Selbstsicher und jung, dynamisch! War sie ihrem Chef zu alt?

      Die Beschneidung ihrer Befugnisse hatte schleichend und unbemerkt begonnen. Die damalige Sekretärin der Kanzlei stand kurz vor dem Ruhestand und hatte dank einer ständig neuen Krankschreibung oder Kur viel zu oft durch Abwesenheit geglänzt. In diesen Zeiträumen übernahm Silke notgedrungen deren Aufgabenbereich wie Terminvereinbarungen und Aktenführung. Doch irgendwann hatte sie wohl den Absprung verpasst, und für alle wurde es selbstverständlich, dass sie Schriftsätze und Rechnungen erstellte. Bei einem klärenden Gespräch hatte ihr Chef unmissverständlich klargemacht, dass sie sich gerne neu orientieren könne, falls sie mit den ihr zugewiesenen Arbeiten nicht einverstanden wäre, er es aber natürlich sehr bedauern würde, auf ihre gute Mitarbeit zu verzichten. Nach dieser unverblümten Drohung gab Silke sich vorerst geschlagen, gleichwohl in der Hoffnung, dass dieser Zustand nicht von Dauer sein würde und ihre Leistungen nach gegebener Zeit die entsprechende Würdigung fänden.

      Heute konnte sie ihre eigene Naivität nur belächeln.

      Schon lange schwelten Frust und Unzufriedenheit in ihrer Brust wie ein hässliches Geschwür, das mit jedem Tag ein bisschen größer und unerträglicher wurde.

      An ihrem Arbeitsplatz bemühte sie sich, ein zuvorkommendes und freundliches Wesen zu zeigen, aber kaum dass sie am späten Nachmittag die Bürotür schloss, vermochte sie diese Fassade nicht länger aufrechtzuerhalten. Wenn sie nach Hause kam, war sie oft übelgelaunt, erschöpft und äußerst reizbar. Sie wusste nur zu gut, dass sie die eigene Frustration an ihrer Familie ausließ. Der jahrelange Kampf um Anerkennung forderte seinen Tribut, ihr Nervenkostüm war dünn geworden.

      Sollte es so weitergehen, würde die aufgestaute Wut und Verbitterung sie unweigerlich zerfressen.

      Es wurde Zeit, eine klare Entscheidung zu treffen und diesen unbefriedigenden Zustand zu beenden. Sie brauchte neue Herausforderungen, eine Arbeit, die sie wieder ausfüllte.

      Das Leben bot immer vielfältige Möglichkeiten und Chancen, sie musste nur den Mut aufbringen, diese auch wahrzunehmen.

      Ihr Chef hatte recht, sie sollte sich neu orientieren!

      Sie hatte gute Kontakte zu anderen Kanzleien. Warum sollte sie diese nicht zu ihrem eigenen Vorteil nutzen?

      Die letzte Klientin betrat den Empfang und erkannte Silke auf Anhieb. Kathrin Bösch, ganz aus dem Häuschen, ihre ehe-

      malige Klassenkameradin hier anzutreffen, sprudelte vor Redseligkeit fast über, sodass ihr völlig entging, wie überaus reserviert sich Silke verhielt. Die hatte auch nach all den Jahren nicht vergessen, wie gemein und geringschätzig sie früher in der Schule von den anderen Kindern behandelt worden war.

      Nur

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