Und Gott schaut zu. Erich Szelersky

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Und Gott schaut zu - Erich Szelersky

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Er bot Maria einen Platz an. Unsicher strich sie sich den Rock gerade und setzte sich.

      »Du bist neu in der Gegend, nicht wahr?«

      Er grinste jovial

      »Ja, mein Herr.«

      Du willst also, dass Deine Kinder in die Schule gehen?«

      »Ja. Ich möchte, dass die Kinder etwas lernen.«

      Maria entwickelte ihren Kampfgeist.

      »Und es ist Gesetz.«

      »Gesetz? Was heißt das schon? Wir brauchen hier jede Hand. Das weißt Du doch?«

      »Ja, schon. Aber meinen Kindern soll es einmal besser gehen als mir.«

      Der Gutsverwalter grinste und schob sich etwas näher an sie heran.

      »Für uns ist eine Arbeitskraft sehr wertvoll. Sie zu verlieren kostet seinen Preis. Wer soll die Garben binden und beim Verladen helfen? Wir müssten einen anderen einstellen.«

      »Was kann ein Kind von sieben Jahren schon leisten?«

      »Immerhin bittest Du um zwei Arbeitskräfte.«

      Maria stutzte. Er bemerkte den ungläubigen Blick in ihren Augen und setzte sich neben sie. Dabei lächelte er sie an.

      »Es gibt aber immer einen Weg.«

      Dann ging alles sehr schnell. Ohne ihr einen Augenblick Zeit zu lassen umarmte er sie und küsste ihren Mund. Sie drehte sich um und versuchte aufzustehen. Er hielt sie zurück und presste sie in die Polster des Sofas. Maria wehrte sich und als er immer zudringlicher wurde schlug sie ihm ins Gesicht. Der Gutsverwalter zuckte zurück. Er sprang auf und richtete seine Krawatte. Maria rannte aus dem Haus. Draußen brach sie in Tränen aus. Was nun? Nach einigen schlaflosen Nächten fasste Maria einen Entschluss. Sie blieb im Bett liegen und schickte Gustav zu Lanzkus. Er sollte ihm sagen, dass sie krank sei und nicht zur Arbeit kommen könne. Als Gustav weg war machte sie sich auf den Weg nach Reichenbach. In Reichenbach gab es eine katholische Gemeinde und eine katholische Schule. Martha hatte sie eingeschärft, keinem ein Wort zu erzählen, ganz gleich, was passieren würde.

      Reichenbach war weit, und sie musste anfangs sehr aufmerksam sein, denn sie wollte nicht von anderen Bediensteten des Gutes bemerkt werden. Als sie die Dächer der Häuser und den alles überragenden Turm der Kirche der alten Stadt erkennen konnte beschleunigte sie ihre Schritte. Außer Atem kam sie in der Stadt an und ging sofort zu der katholischen Kirche.

      In der Kirche war es menschenleer. Am Altar brannte das ewige Licht. Sie kniete nieder und bekreuzigte sich. Langsam ging sie im Mittelschiff auf den Altar zu. In der ersten Bankreihe kniete sie nieder und betete. Sie erhoffte sich Hilfe für ihr Problem. Die Kinder mussten in die Schule. Das war ihr sehnlichster Wunsch. Maria hatte nicht wahrgenommen, dass jemand in der Bank hinter ihr Platz zum Beten genommen hatte. Erst durch ein leichtes Räuspern wurde sie aufmerksam und drehte sich um.

      »Du bist fremd hier. Ich habe Dich noch nie gesehen.« Pfarrer Broszka duzte sie, ohne zu fragen ob er es durfte und empfand darin auch nichts Ungewöhnliches. Maria schaute ihn an und stand auf. Sie trat in den Gang und wandte sich dem Pfarrer, wegen dem sie ja auch hier war, zu.

      »Ich möchte, dass meine Kinder in die katholische Schule hier in Reichenbach gehen.«

      »Und warum gehen sie noch nicht hier in die Schule?«

      »Ich wohne in Langenbielau und dort gibt es keine katholische Schule. Und die evangelische nimmt sie nicht auf.«

      »Du wolltest sie auf eine evangelische Schule schicken?« Pfarrer Broszka verfinsterte sein Gesicht zu einer vorwurfsvollen Miene.

      »Ich wusste mir keinen Rat. Sie sollen zur Schule gehen und Schreiben und Lesen lernen. Können Sie nicht hier in Reichenbach in die Schule gehen?«

      »Es ist ein weiter Weg von Langenbielau hierher.«

      Maria schwieg devot. Pfarrer Broszka schaute sie an. Als ihm bewusst wurde wie ernst es Maria war wurde er etwas versöhnlicher.

      »Nun, Deine Kinder wären nicht die Einzigen aus Lanenbielau. Ich muss einen Antrag stellen. Komm in einer Woche wieder.«

      Er hielt ihr seine rechte Hand hin. Sie kniete nieder und küsste sie. Damit war das Gespräch beendet.

      Als der Gutsverwalter von Marias Ausflug nach Reichenbach erfuhr zitierte er sie zu sich und stellte sie zur Rede. Maria erklärte erneut ihr Anliegen und dass sie im Sinne ihrer Kinde so handeln musste.

      »Geh ins Kontor. Dort bekommst Du ein Zeugnis. Dann kannst Du mit Deinen Kindern gehen. So eine wie Dich können wir hier nicht brauchen.«

      Maria erschrak. Tränen schossen ihr aus den Augen.

      »Wo soll ich denn hin?«

      »Das hättest Du Dir vorher überlegen sollen. Geh jetzt.« Maria verließ das Büro des Gutsverwalters. In ihrem Zimmer packte sie ihre Sachen und half den Kindern beim Anziehen. Dann verließen die drei das Gut. Gustav war für sein Alter schon groß und trug seinen Rucksack alleine. Er wurde ihm auf dem langen Weg immer schwerer, doch er ließ sich nichts anmerken. Völlig erschöpft erreichten sie die katholische Kirche in Reichenbach. Sie setzten sich in die letzte Bank. Himmlische Ruhe umgab sie, bis der Pfarrer eintrat.

      »Was wollt Ihr hier?«

      »Ich war gestern schon mal da. Das sind meine Kinder.«

      »Geh jetzt. Hier kannst Du nicht bleiben.«

      »Ich dachte, in der Kirche wäre Platz für jeden, der Hilfe sucht.«

      »Das Haus Gottes ist aber kein Gasthof. Da müsst Ihr hingehen.«

      Er wies ihnen den Weg zum Portal.

      Maria und die Kinder gingen. Im Gasthof fanden sie ein Zimmer für eine Nacht. Zum Glück hatte Maria jeden Monat etwas Geld von der Pension ihres Mannes zurückgelegt, so dass sie den Silbergroschen, den der Wirt für das Zimmer und eine Nacht haben wollte, zahlen konnten. Sonst wären sie alle im Schuldturm gelandet. Die Lage war aussichtslos. Keiner wollte sie. Gustav verstand die Situation nicht ganz. Er bemerkte aber, dass seine Mutter traurig war und das machte ihn unglücklich.

      »Warum bist Du traurig?«, flüsterte er ihr zu, als sie im Bett lagen. Maria wusste nicht, was sie einem kleinen, siebenjährigen Jungen sagen sollte. Nach einer Weile strich sie ihm über seinen Kopf.

      »Weil uns Unrecht geschieht, Gustav.«

      »Was ist Unrecht?«

      Maria stockte. Was ist Unrecht. Dann sagte sie ihrem Sohn: »Weißt Du Gustav, Unrecht ist alles, was Menschen unglücklich macht.«

      Gustav weinte in sein Kopfkissen hinein. Er würde immer gegen Unrecht kämpfen. Was er jedoch nicht wusste; er würde auch Unrecht begehen.

      Nach einer unruhigen Nacht gingen die beiden Kinder mit ihrer Mutter erneut ins Pfarrhaus. Pfarrer Broszka machte es kurz. Wahrscheinlich würden die beiden Kinder in der katholischen Schule einen Platz bekommen, so meinte er. Natürlich nur, damit sie nicht

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