Trilogie der reinen Unvernunft Bd. 2. Harald Hartmann

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Trilogie der reinen Unvernunft Bd. 2 - Harald Hartmann

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mit Bierdosen, und eine tägliche Neubefüllung auf Kosten der Firma zu garantieren, um ihre Rotbackigkeit nicht zu gefährden. Das hieß: Dauerparty auf dem Mond. Und wenn die einer verdient hatte, dann der MiM.

      Mir gab das endlich freie Hand, und zwar von hier bis ganz nach da. Denn meine Mission hieß nicht Party, meine Mission hieß Mission. Das versicherte mir auch der einbeinige Briefträger. Aus leicht heraus zu findenden Gründen wusste er immer alles. Ich nahm ihn sofort gefangen, damit er es nicht ausplauderte und steckte ihn in meinen Harem, wo er bis heute lebte, zumindest bis heute morgen. Danach hatte er sich von ein paar Brieftauben abholen lassen und war seitdem verschwunden. Ob er das überlebt hatte, wurde noch vom Geheimdienst ermittelt. Aber das interessierte im Moment weniger. Für mich kam es jetzt darauf an, mit der freien Hand irgendetwas zu machen. Weil es praktischer war, befreite ich auch noch die andere Hand aus der engen Hosentasche und hatte augenblicklich eine Zunahme des Handlungsvolumens um 100%. Das war nicht schlecht für einen Ministerpräsidenten, der gerade erst angefangen hatte, und für das Wahlvolk bedeutete es natürlich viel Arbeit. Denn 100% auf einen Schlag, das musste erst einmal verkraftet werden, auch seelisch. Ich machte ihm den Vorschlag, eine Abordnung zum Rat der fünf Weisen zu schicken, und so lange, bis diese mit den Ratschlägen zurück kamen, lieber nicht mehr zu denken. In dieser Zeit konnte ich mich dann mit meinen freien Händen um mein Wohlergehen kümmern.

      Gerade, als es richtig schön zu werden versprach, kam überraschend der Polizist, der mich damals nicht erschossen hatte, weil er aus Versehen absichtlich daneben gezielt hatte. Aber heute kam er ausnahmsweise nicht, um es noch einmal zu versuchen, sondern weil wir Freunde waren. Er brachte mir ohne Vorwarnung einen Hut, einen neuen, nicht den, den er mir einst angeboten hatte und den ich zuerst nicht haben wollte später aber doch, weil es mich plötzlich juckte, ein Hutträger zu werden.

      „Hier kommt dein neuer Hut“, sagte er zu mir.

      „Vielen Dank, das ging ja schneller, als ich ihn anfordern konnte“, antwortete ich und setzte ihn sogleich auf.

      „Das liegt an der modernen Zeit“, sagte er, „da ist das Tempo um 1000% höher als in der unmodernen Zeit.“

      „Das hört sich gefährlich an“, meinte ich.

      „Ja“, sagte er „Mathematik ist schon eine gefährliche Sache.“

      „Verstehe“, sagte ich und nickte hoch erfreut. „Mathematik ist Action!“

      „Genau“, sagte er, „ich habe dir aber noch etwas anderes mitgebracht.“

      „Da bin ich aber neugierig“, sagte ich, „aber nicht wieder schießen, bitte!“

      „Nein, Wiederholungen sind polizeilich verboten“, beruhigte er mich.

      Damit griff er mit einer seiner freien Hände hinter seinen Nacken ins Polizeihemd und zog einen Spazierstock heraus. Ohne diesen im Rücken sah er sofort viel menschlicher aus. Feierlich überreichte er ihn mir. Er war aus purem Holz.

      „Vielen Dank“, sagte ich wieder zu ihm, „ich freue mich schon auf den Tag, an dem ich heraus kriege, was ich damit anfangen soll.“

      Dieser Tag kam schneller als erwartet. Der Tag hieß Heute. Ein Stock, ein Hut und plötzlich wusste ich, was zu tun war. Ich marschierte los in die weite Welt hinein. Ich würde diese ganzen versteckten Minister und Staatssekretäre schon finden, egal, wo sie sich verkrochen hatten und sie am Schlafittchen zu einer Vereidigungsorgie ins Möbelmuseum schleifen. Danach würden sie so fest auf ihren Stühlen und Sesseln sitzen, als wären sie angeschweißt. An ihrem eigenen Fleisch würden sie erfahren, dass meine Mission jedenfalls keine billige Mathematik war.

      5

      Als erstes ging ich zu meinem Regierungssitz und nahm Platz. Da stellte sich heraus, dass es gar kein Sitz war, sondern dass ich auf dem pelzigen Rücken eines Gummibären saß. Ich war froh, als ich es merkte. Ihr Bestand hatte sich wohl offensichtlich wieder erholt, seit der ekligen Epidemie vom letzten Jahr. Die rote Liste hatte sie gerettet. Sofort, einer spontanen Eingebung folgend, setzte ich mein ganzes, im Moment noch flüchtiges Personal ebenfalls auf die rote Liste und rettete es. Den Hut behielt ich während der ganzen Aktion auf dem Kopf und den Stock in der Hand. Es waren die Fleisch gewordenen Auswüchse meiner Insignien, und sie halfen mir bei meiner Mission in unerklärbarer Weise. Sie waren die Garantie dafür, dass ich meine Mission jederzeit abbrechen konnte, wenn ich keine Lust mehr hatte oder großen Hunger bzw. Durst oder müde war oder krank. Und im Kleingedruckten waren noch viel mehr Gründe aufgeschrieben. Damit mich die ganze Litanei auf meiner Mission nicht störte, habe ich das Kleingedruckte natürlich sehr klein gedruckt. Jetzt konnte man es nicht mehr sehen, aber es war trotzdem noch da. Wieder so ein alter Ministerpräsidententrick, der für klare Verhältnisse sorgte. Das war eben Erfahrung in der dritten Generation. Da wackelte nichts, nicht mal ein wackeliger Regierungssitz.

      Jetzt konnte ich damit anfangen, meine Wunschliste für die Ministerposten in mein Notizbuch zu notieren. Viele hätten gerne gewusst, was drin stand. Ich tat ihnen den Gefallen. Ich hielt ihnen das aufgeschlagene Notizbuch unter die Nase und blätterte die Seiten einzeln durch. Es stand nichts drin. Ich hatte nämlich mit unsichtbarer Tinte geschrieben. Man konnte nichts sehen, aber die Namen waren trotzdem noch da. Ich stellte fest, dass mir auch in meinem Leben als Ministerpräsident immer wieder Bekanntes über den Weg lief. Das machte mich regelmäßig ganz verrückt. Ich war ausgesprochen dankbar dafür. Denn sehr oft war ich schon kurz davor gewesen, in einen unverrückten Zustand zu geraten. Zum Glück kam die Rettung aber immer noch gerade rechtzeitig.

      Mit meinen Augen aus gebogenem Qualitätsstahl betrachtete ich die unsichtbare Liste der Minister, die ich notiert hatte. Sie war so lang wie ein Kuckucksei aber nicht so dick. Dafür waren aber ihre Kriterien sehr weit fortgeschritten. So wie ich es jetzt sah, mussten meine Minister ein ungewisses Etwas haben. Damit hatte ich nun einen genauen Plan in der Hand, was zu tun war. Gerade als ich loslegen wollte, entwischte der genaue Plan aus meiner Hand und flüchtete mit den gesamten Daten. Er machte dabei riesengroße Schritte. Das war eigentlich verboten in der Politik. Ich teilte es ihm mit. Er entschuldigte sich bei mir, sprang dann blitzschnell in ein Auto mittleren Alters und gab Vollgas. Ich hatte so etwas Ähnliches natürlich erwartet und vorsorglich die Straße mit meinem Lächeln für eine Schrecksekunde blockiert. Trotzdem brauchte ich unverzüglich eine schnelle, junge Limousine, um dem Auto mittleren Alters zu folgen und ihm den Weg abzuschneiden. Autoreifen quietschten an der Barriere meines Lächelns, und ich zerrte einen willig brummenden Bankmann vom Fahrersitz seiner schnellen, jungen Kleinlimousine. Bankleute waren für Unterhaltung immer zu haben, das war bekannt. Bei den Gagen lagen sie aber weit abgeschlagen am Tabellenende. Das war auch bekannt. Aber damit konnte ich mich jetzt nicht befassen. Ich hatte einen genauen Plan zu verfolgen, der gerade mit Vollgas meine Barriere umfahren hatte. Ich versuchte mich mit meiner ausgeliehenen, schnellen, jungen Kleinlimousine an die Antenne des Autos mittleren Alters zu hängen. Aber es bog plötzlich und hinterhältig ab. Fast wäre meine, nicht gerade alte, nicht gerade langsame und nicht gerade große, Limousine dabei aus der Kurve geflogen. Ich schaffte es soeben, die Kurve zu kriegen, knallte aber gegen einen Rollstuhlfahrer, dessen Gefährt sich dabei an meiner hinteren Stoßstange verhakte. Im Moment konnte ich aber nichts für ihn tun, denn ich jagte ja hinter dem genauen Plan her. Der Rollstuhlfahrer musste sich deshalb noch etwas gedulden. Zum Glück für ihn und für die Nerven aller waren wir aber in eine Tempo-30-Zone geraten. Da konnte man etwas verschnaufen. Außerdem galt hier links vor rechts. Es konnte kein Zweifel bestehen, wir befanden uns in England. Denn nicht ein einziger Franzose war zu sehen. Auch darum konnte ich mich natürlich erst später kümmern.

      Endlich hatten wir die langsame Zone hinter uns gelassen und konnten wieder die Tube ausdrücken. Wir rasten auf eine große Kreuzung zu. Ich kam dem Auto mittleren Alters mit meinem genauen Plan am Steuer

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