Rauch und Asche. Gitte Loew
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Die Staatsanwältin erhob sich, nickte den Mitarbeitern zu und verließ den Raum.
»Ich möchte nicht laut sagen, an wen die mich erinnert«, sinnierte Torsten verträumt.
»Du hältst dich in deinem eigenen Interesse besser raus«, Jäger warf ihm einen eindringlichen Blick zu.
Torsten grinste seinen Chef unbekümmert an, behielt aber seine wenig schmeichelhafte Meinung lieber für sich. Jäger ging ihm mit seinem korrekten Getue mächtig auf die Nerven.
Dem Leiter des K13 missfiel dieser Fall außerordentlich. Es gab kein richtiges Motiv, nur vage Vermutungen. Jäger war nervös und wusste nicht so recht, was er als Nächstes tun sollte.
»Wir sollten einen Kollegen losschicken, der sich in speziellen Kreisen auskennt,« murmelte er halblaut vor sich hin.
Auf dieses Stichwort hatte Hanna gewartet. »Das sehe ich auch so. Es muss ein Kripobeamter mit viel Erfahrung und guten Kontakten sein. Ich könnte mich mit Hauptkommissar Adler in Verbindung setzen. Er kennt sich mit solchen Fällen aus. «
»Halt, stopp. Adler ist versetzt worden und das dürfen wir nicht übergehen. » Jäger reagierte alarmiert.
Aber Hanna ließ nicht locker. »Vielleicht sollten wir der Staatsanwältin einen Tipp geben. Sie hat uns ihre Hilfe schließlich angeboten. «
»Das ist eine klasse Idee«, schwärmte Torsten und sah anerkennend zu ihr rüber. Hanna war die Einzige in dieser lahmen Truppe, die nicht immer nur an Vorschriften dachte. Es war an der Zeit, dass etwas Schwung ins Kommissariat kam. Er schob mutig hinterher. »Ich würde Adler gern persönlich kennenlernen. «
Jäger sah ihn mit verkniffenem Gesicht an. Dann presste er zwischen seinen Lippen hervor: »Ich will keine Problemfälle in meinem Kommissariat haben. « Zu Hanna gewandt meinte er süffisant. »Wenn du Adler unbedingt zurückholen möchtest, musst du dich persönlich an Frau Stern wenden. Ich gehe das Risiko auf keinen Fall ein. Adler hat mit seinem Verhalten nicht nur für Unruhe gesorgt, sondern auch den guten Ruf der Kriminalpolizei aufs Spiel gesetzt. «
»Ist schon klar Robert, ich habe verstanden. « Durch Hannas Kopf schwirrte das Wort Platzhirsch, aber das behielt sie lieber für sich. Die wahren Hintergründe, weshalb Adler aus dem Dienst entfernt worden war, hatte er nicht erwähnt. Jäger war ein scheinheiliger Kerl. Sie griff nach ihren Unterlagen und stand auf.
»Wenn es nichts Weiteres zu besprechen gibt, muss ich gehen. Ich habe noch zu tun, bis dann. «
Torsten folgte ihr auf den Fuß. Als sie beide auf dem Flur standen, flüsterte er ihr zu: »Was war mit Adler? «
Hanna war an ihrem Büro angekommen und öffnete die Tür. Sie zischte: »Komm’ herein und mach’ die Tür hinter dir zu. »
»Warum bist du so sauer? «
Sie ließ sich in ihren Schreibtischsessel fallen. »Dieser Saubermann geht mir auf die Nerven. Adler hatte private Probleme. Er ist nach dem Tod seiner Frau betrunken im Dienst erschienen und irgendeiner hat ihn verpetzt. «
»Alkohol im Dienst geht gar nicht, das weißt du selbst. «
»Ach Torsten, was weißt du schon. Adler wurde sofort versetzt. Man hat ihm keine Möglichkeit gegeben, den Fehler wieder in Ordnung zu bringen.«
»Das heißt, sie haben auf einen Grund gewartet, ihn loszuwerden. «
»Vielleicht. Wer in unserem Job Gefühle zeigt, gilt als Schwächling. «
Torsten musste lachen. »Alte Knacker. Komm, wir fahren zur Berger Straße und schauen, ob wir neue Zeugen auftreiben können. «
Hanna griff erleichtert nach ihrer Jacke und schubste ihn gut gelaunt zur Tür hinaus.
Mittwoch, 5. Juni
Max Adler wurde durch Schreie und Gepolter wach. Über ihm ging es mal wieder zur Sache. Der Lärm kam aus der Wohnung der Familie Vogel. Solche Streitereien gab es öfters im Haus. Da Max nicht noch privat Ärger haben wollte, hielt er sich aus den Streitereien seiner Nachbarn heraus.
Die Bewohner des Hochhauses setzten sich aus einem Haufen bunt zusammengewürfelter Menschen, aus aller Herren Länder zusammen. Die Familie Vogel wirkte darin wie ein Fremdkörper. Wenn Herr Vogel in seiner Uniform das Haus betrat, schreckten die Nachbarn vor ihm zurück. Frau Vogel erinnerte Max an einen Mönch aus dem Mittelalter. Sie trug meist eine graue Kutte und eilte grußlos an den anderen Bewohnern vorüber. Nach ihrer verbitterten Miene zu urteilen, schien ihre Ehe nicht besonders glücklich zu sein. Adler konnte sich eine Prügelei zwischen den Eheleuten allerdings nicht vorstellen. Vielleicht hatten die Kinder einen handfesten Streit ausgetragen.
Heute war sein freier Tag und er hätte eigentlich liegen bleiben können. Doch er wusste nur zu gut, dass er nicht wieder einschlafen konnte. Adler fluchte leise vor sich hin, stand auf und schlurfte ins Bad. Kurze Zeit später verließ er schlecht gelaunt seine Wohnung.
Das Lebensmittelgeschäft im Nordwestzentrum ist morgens bereits ab 7 Uhr geöffnet. Ihm fehlte Brot, und ein paar andere Lebensmittel. Er machte er sich auf den Weg, um die wenigen Dinge einzukaufen. Als er in den Aufzug trat, hielt er überrascht inne. Frau Vogel stand in der Kabine. Sie hatte ein rotes Auge und eine dicke Lippe. In einem solchen Zustand hatte Adler sie noch nie gesehen. Er grüßte sie verlegenen mit »Guten Morgen. « Es fiel ihm schwer, sich sein Grinsen zu verkneifen. Frau Vogel bekam das natürlich mit und strafte ihn mit einem ärgerlichen Blick. Nachdem der Lift im Erdgeschoss anhielt, ging sie eilig an ihm vorüber.
Adler trottete nachdenklich hinter ihr her. Er hob reflexartig den Arm vor die Augen, als er vors Haus trat. Die Sonne schien trotz der frühen Stunde schon heiß auf den Asphalt. Max schlenderte mit gesenktem Kopf in Richtung Einkaufszentrum. Es war das Goldene Kalb, um das sich alles drehte und bildete den Mittelpunkt des Stadtteils. Im Supermarkt herrschte um diese Zeit noch wenig Betrieb. Die Klimaanlage im Laden sorgte für angenehm kühle Luft und Max atmete erleichtert auf. Er warf schnell die wenigen Dinge, die ihm fehlten, in den Einkaufswagen. Als er zur Kasse kam, musste er nicht lange warten. Die Kassiererin lächelte ihn freundlich an.
»Das macht 30 Euro. « Dabei bewegten sich ihre blau bemalten Augenlider so schnell wie die Flügel kleiner Kolibris Auf und Ab. Max brummte etwas Unverständliches, zog einen Geldschein aus der Hosentasche und überreichte ihn der Frau. Während sie das Wechselgeld zusammensuchte, verstaute er die wenigen Sachen in einer Plastiktüte.
»Vielen Dank für Ihren Einkauf. Ich wünsche Ihnen noch einen recht schönen Tag«, säuselte die Verkäuferin und drückte ihm Wechselgeld und Kassenzettel in die Hand.
Um diese Zeit bekam Max Adler nur schwer die Lippen auseinander. Mehr als ein »Auf Wiedersehen«, brachte er nicht hervor. Wie oft musste die Kassiererin diesen Spruch am Tag herunterleiern? Er schüttelte kaum merklich den Kopf und verließ das Geschäft.
Aus dem Schornstein der nahen Müllverbrennungsanlage stieg grauer Rauch in den Himmel. Der morgendliche Berufsverkehr rollte über die breite Asphaltstraße, die das Zentrum umrundete. Die Hochhäuser der Trabantenstadt ragten wie Berggipfel in den blauen Sommerhimmel. Max lief gemächlich über eine der Fußgängerbrücken zu seiner Behausung zurück. Heute bestand kein Grund zur Eile. Zu Hause stellte er zuerst die Kaffeemaschine an und setzte