Rauch und Asche. Gitte Loew

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Rauch und Asche - Gitte Loew

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und blieb an einem Raben hängen, der auf einer Straßenlaterne hockte.

      Der schwarze Vogel beobachtete wachsam die Fahrbahn. Ein Müllauto bog in den Praunheimer Weg ein. Der Fahrer zog von der Sonne geblendet, die Jalousie nach unten. Als der Wagen vorbeigefahren war, krächzte der Rabe, breitete seine Flügel aus und flog auf die Straße. Er hatte auf dem Asphalt ein überfahrenes Kaninchen entdeckt. Er fing an, mit seinem großen Schnabel, in den blutigen Überresten des Tieres herumzustochern.

      Adler seufzte. Fressen und gefressen werden. Er stand auf, und holte sich einen Pott Kaffee aus der Küche. Seit Helga nicht mehr lebte, flüchtete er bei schönem Wetter ins Freie. Es fiel ihm noch immer schwer, sich allein an den Küchentisch zu setzen. Nach dem Tod seiner Frau begann für ihn eine Fahrt in den Abgrund.

      Die Kripo hatte ihn zur Bundespolizei versetzt, nachdem er betrunken im Dienst erschienen war. Mittlerweile arbeitete Adler in einer Ermittlungsgruppe, die sich mit der Einreise Illegaler am Frankfurter Flughafen beschäftigte. Es waren die immer gleichen Verfahren. Als wäre das nicht schon Strafe genug, war er außerdem zum Innendienst verdonnert worden. Wenn er die Akten aufschlug und in die Augen der halb verhungerten Asylbewerber blickte, wurde er wütend. Es ärgerte ihn, dass Politiker die ganze Misere auf dem Rücken der Polizisten austrugen. Das Telefon schreckte ihn aus seinen Grübeleien auf.

      »Morgen Max, hier ist Fritz. Wir müssen schon heute zum Flughafen. Der Informant hat eine Änderung angekündigt. Kannst du ab 8 Uhr das Telefon besetzen? Heinz hat sich krankgemeldet. «

      »Kein Problem, ich bin schon eine Weile auf den Beinen. In 15 Minuten bin ich auf der Dienststelle, bis dann. « Adler legte auf. Seine neue Wirkungsstätte lag nicht weit von seiner Wohnung entfernt in der Homburger Landstraße. Er fuhr mit dem Aufzug in die Tiefgarage und schlängelte sich anschließend durch den Verkehr, der sich um diese Zeit Richtung City bewegte.

      Vor Jahren hatte man die Bundespolizei in einer ehemaligen Kaserne untergebracht. Das Areal war weitläufig und günstig zur Auffahrt der Schnellstraße 661 gelegen. Als Max im Büro ankam, rannten die Kollegen schon aufgekratzt hin und her. Der Frankfurter Flughafen ist eine Drehscheibe für Schlepper und Asylbewerber. Adler setzte sich an den Schreibtisch, um im allgemeinen Trubel aus der Schusslinie zu sein. Er studierte den Einsatzplan.

      Fritz kam zur Tür herein. »Morgen Max. Ich hoffe, dass es nicht so viele sind. «

      »Du hast wohl Angst um deinen Feierabend? «

      »Ach, du kennst das doch! Bevor man nicht alle Berichte getippt hat, kann man nicht nach Hause gehen. « Fritz klopfte seine Taschen ab und vergewisserte sich, alles eingepackt zu haben.

      »Die wechseln ständig die Tage und Routen. Sie hoffen, dadurch besser durchzukommen. Wir hinken mit der Einsatzplanung fürs Personal hinterher«, murmelte Adler.

      Seine Kollegen verschwanden einer nach dem anderen aus dem Büro. Das Gebäude war 1914 von der preußischen Besatzung als Artilleriekaserne errichtet worden. Mit der Machtergreifung übernahmen die Nationalsozialisten die Kaserne. Nach Kriegsende okkupierten die Amerikaner das Haus. 1992 zog dann die Deutsche Bundespolizei ein. Max starrte aus dem Fenster. In diesen Mauern hing der Männerschweiß von hundert Jahren. Wie viele Kerle hatten hier wohl heimlich Tränen vergossen, bevor sie in den Tod geschickt wurden? Das Gebäude war ein Ort zerplatzter Männerträume und ausgerechnet hier war er gelandet.

      Adler wusste aber auch, dass seine Versetzung ein Gnadenakt des Dienstherrn war. Sie gaben ihm eine letzte Chance. Eine schlimmere Strafe hätte man sich für ihn allerdings nicht ausdenken können. Es fiel ihm schwer, die Folgen seiner Dummheit zu ertragen. So wie es im Moment aussah, lag sein Arbeitsplatz bei der Kriminalpolizei in unerreichbarer Ferne. Adler kehrte dem Fenster den Rücken zu und schaltete den Computer ein. Als sich der Bildschirm erhellte, begann er, die eingegangenen E-Mails zu bearbeiten. Inmitten der lästigen Schreibtischarbeit klingelte sein Telefon.

      »Hallo Max, hier ist Hanna, wie geht’s dir? «

      »Soweit ganz gut, aber es ist sterbenslangweilig auf dieser Dienststelle. «

      »Max, ich möchte gern etwas mit dir besprechen. «

      »Ich freue mich über jede Abwechslung, schieß los! «

      »Das können wir weder am Telefon, noch im Büro besprechen. Ich würde mich gern mit dir privat treffen. «

      »Hast du Mist gebaut?« Adler war irgendwie irritiert.

      »Nein, es handelt sich um etwas anderes. Wir wär’s morgen Abend beim Schuch in Praunheim? Das Lokal liegt etwas abseits und ist doch gut zu erreichen? «

      »Ich freue mich über deinen Anruf. Das ist eine schöne Abwechslung für mich. Ich kann um 7 Uhr dort sein. «

      »Wenn nichts dazwischen kommt, bin ich pünktlich. Hast du noch immer die gleiche Handynummer? «

      »Ja, da hat sich nichts geändert Hanna. «

      »Danke Max. Ich bin froh, dass du Zeit für mich hast. Dann bis morgen. Tschüs. «

      Adler war mehr als überrascht. Hanna war eine schöne Frau. Was hatte es zu bedeuten, dass ausgerechnet Kommissarin Wolf vom K13 mit ihm privat sprechen wollte?

      Donnerstag, 6. Juni

      Hanna kannte Adler noch von ihren Anfängen bei der Kriminalpolizei. Zum K13 war sie aber erst nach seinem Ausscheiden versetzt worden. Max war ein integrer und ausgesprochen netter Mann. Er hatte warmherzige braune Augen und ein charmantes Lächeln. Außerdem besaß er den nötigen Humor, um den Alltag bei der Polizei ertragen zu können. Sein Absturz tat ihr leid, aber für sie war es auch ein Zeichen, dass hinter all seiner Professionalität ein verletzlicher Mensch stand. Hanna hoffte darauf, dass Max ihr mit seinem fachlichen Rat weiterhelfen konnte.

      ***

      Max verließ am Donnerstagabend zeitig seine Wohnung. Er wollte im Restaurant Schuch einen ruhigen Tisch aussuchen. Hanna schien berufliche Probleme zu haben. Es überraschte ihn, dass sie auf ein Treffen außerhalb des Dienstes bestanden hatte. Nach seiner Versetzung war es ihm nicht entgangen, dass viele seiner früheren Kollegen ihn mieden. Mit einem degradierten Versager will niemand etwas zu tun haben. Im Dunstkreis einer solchen Person möchte keiner stehen, geschweige denn mit ihr in einem Atemzug genannt werden. Er hatte in den vergangenen 3 Jahren die Erfahrung gemacht, dass vermeintlich gute Freunde plötzlich keine Zeit mehr für ihn hatten. Umso mehr freute er sich auf das Wiedersehen mit Hanna.

      Im Restaurant angekommen bestellte er ein Wasser. Die Zeit bis zu ihrer Ankunft vertrieb er sich damit, die Gäste des Lokals zu beobachten. Als Hanna Wolf dann durch die Tür des Restaurants auf ihn zugelaufen kam, war Max von ihrer Erscheinung mehr als beeindruckt. Er stand auf und umarmte sie freudestrahlend.

      »Schön dich zu sehen, du siehst fabelhaft aus«, meinte er voller Anerkennung.

      Hanna lächelte leicht verlegen, warf ihre Tasche auf den Stuhl und setzte sich an den Tisch.

      »Im Moment geht es mir gar nicht so gut. Wir haben eine verbrannte Leiche und kein richtiges Motiv. Außerdem versuchen wir schon die ganze Woche, Zeugen zu finden. Wir kommen nicht voran. «

      »Die Sache am Feld, Richtung Bonames. «

      »Ja, genau. Der Wagen gehört einer Geschäftsfrau aus Bornheim, die verschwunden und bis jetzt nicht wieder aufgetaucht ist. Der Bericht von

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