Der tote Hund in der Dachrinne. Axel Birkmann
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Читать онлайн книгу Der tote Hund in der Dachrinne - Axel Birkmann страница 13
Als die Drei den Raum verlassen hatten, fragte Alois die Frau: »Wie würden Sie die Ehe mit Ihrem Mann beschreiben?«
Frau Löbinger blickte überrascht auf und musterte den Kommissar finster: »Aha, deswegen haben Sie meine Kinder hier rausgelockt, damit Sie mir diese Frage stellen können. Ist das eine Ihrer Standardfragen, wenn Sie nicht mehr weiter kommen, die Ehe, die Beziehung anzweifeln? Wahrscheinlich fragen Sie auch gleich noch, ob mein Mann eine Geliebte hat, und wann wir das letzte Mal zusammengeschlafen haben? Ist doch so, oder?«
Alois Kreithmeier rutschte nervös auf dem Stuhl herum.
»Ich bitte Sie, verstehen Sie mich nicht falsch, aber wir müssen diese Fragen stellen. In Ihre Villa wird eingebrochen, Ihr Hund wird mit einer Wehrmachtspistole mit Schalldämpfer getötet. Da stellt sich uns schon die Frage, was wäre wenn. Warum hat ein gewöhnlicher Einbrecher eine Waffe mit Schalldämpfer dabei? Und was war das ursprüngliche Ziel seiner Waffe? Nur Selbstschutz beim Einbruch? Oder ein gezielter Tötungsauftrag? Und war er allein oder waren es mehrere?«
Frau Löbinger sprang auf und stellte sich provozierend vor Kreithmeier, genau in diesem Augenblick wurde die Zimmertür geöffnet und Melanie Schütz erschien.
»Wo sind meine Kinder?«, rief Sara Löbinger.
»Bei einem Beamten. Ganz ruhig. Sie bekommen gerade Kinderpunsch und Weihnachtsplätzchen. Auch wenn es noch keinen Schnee hat. Oh, Entschuldigung. Ich bin gerade in Etwas hineingeplatzt. Was ist es denn, was Sie so ergriffen hat, Frau Löbinger?«
»Die Art und Weise, wie mich Ihr Kollege hier behandelt.«
»Was hat er denn getan?«
»Fragen gestellt, provokante Fragen.«
»Ja, das kenne ich, das ist so seine Art.«
»Ich wollte nur wissen, wie Ihre Ehe ist und ich habe der lieben Frau Löbinger versucht klar zu machen, dass das Ganze auch ein Anschlag auf sie und ihre Lieben gewesen sein könnte.«
»Ein Blödsinn! Meiner Ehe geht es gut, wir haben keine Feinde und wer sollte mich töten wollen. Mein Mann? Sie spinnen. Sie sehen zu viele Krimis im Fernsehen. Ich möchte jetzt gerne meine Kinder sehen. Wir gehen. Wenn Sie noch etwas wissen wollen, warten Sie bis mein Mann wieder zu Hause ist, den können Sie dann mit Ihren dämlichen Fragen löchern. Wir gehen jetzt. Wenn Sie noch etwas von mir wollen, rufen Sie mich an. Hier ist meine Mobilfunknummer.«
Für Frau Löbinger war die Unterhaltung beendet. Sie legte eine Visitenkarte auf den Tisch und ohne sich von Kommissar Kreithmeier zu verabschieden, folgte sie Frau Schütz in die Cafeteria des Polizeireviers. Dort saßen Hannah und David andächtig nebeneinander und genossen Punsch und Spekulatius. Ohne ein weiteres Wort zusagen, schnappte sie sich ihre Kinder und verschwand aus der Dienststelle. Melanie Schütz folgte ihr mit Blicken und schaute zu, wie sie leicht erregt ihre Sprösslinge anwies, in den BMW X5 Geländewagen einzusteigen. Rasant steuerte sie den Wagen aus dem Parkplatz und verschwand in der Haydstrasse.
»Getroffene Hunde bellen«, dachte Melanie Schütz über die unvorhersehbare Reaktion der Millionärsgattin nach. »Millionär!«, wiederholte sie langsam das Wort. Vielleicht war es gar nicht dumm, sich einmal die finanziellen Verhältnisse der Familie Löbinger und der Bauunternehmung in Schwaig näher anzuschauen. »Gar nicht dumm«, sagte sie leise zu sich und lief die Treppe nach oben.
Alois Kreithmeier stand am Fenster und spielte mit der Visitenkarte in der Hand. Auch er hatte den plötzlichen Aufbruch der Familie beobachtet.
»Seltsam«, brummelte er, »seltsam«.
Als Melanie Schütz das Büro betrat, entdeckte sie ihren Kollegen stehend vor der weißen Tafel. Er hatte die Stirn in Falten und starrte gebannt auf die Bilder: Villa, toter Dackel, Luger Automatik. Bilder von den Mitgliedern der Familie Löbinger.
»An was denkst du?«, unterbrach Melanie seine Gedankengänge.
»An heute früh. Ich war sauer, als mich einer dieser dämlichen Feuerwehrleute zu einer Leiche bestellt hatte. Und dann noch am Tatort die Tatsache, dass es sich nur um einen Hund handelte. Jetzt ein paar Stunden später denke ich, dass hier etwas vorgeht, von dem wir beide noch nicht das Geringste wissen. Also erstens, wer schleicht nachts in Tuching mit einer Wehrmachtspistole mit Schalldämpfer um die Häuser? Zweitens, wer hat einen hochwertigen Glasschneider dabei? Drittens, wer trägt Handschuhe und Überschuhe, damit keine Spuren entstehen, lässt sich von einem Dackel so erschrecken, dass er ihn kaltblütig auf der Stelle erschießt, dann den Leichnam im hohen Bogen durch die Luft wirft, dass er auf dem Dach landet und in die Dachrinne rutscht? Und viertens, wer arbeitet so leise, dass niemand im Haus und in der Nachbarschaft etwas davon hört oder mitbekommt und trotzdem unverrichteter Dinge verschwindet? Wer macht so was? Strengen Sie sich an Frau Kollegin! Sie waren doch auf dem Profiler Workshop in Nürnberg. Der soll doch für etwas gut gewesen sein.«
Melanie Schütz schritt langsam auf ihren Kollegen zu, baute sich vor ihm auf und bohrte ihm den rechten Zeigefinger in die Brust.
»Also wird das doch noch ein Fall. Einbruch, versuchter Mordanschlag, unbekannte Attentäter, Meuchelmörder, Geheime Verschwörung?«
Kreithmeier schritt einen Meter zurück. Melanie folgte ihm und bohrte weiter: »Und wer sagt das alles dem Staatsanwalt und unserem Chef in Erding?«
Kreithmeier schüttelte seinen Kopf. Melanie bohrte ihren Finger immer tiefer in seine Brust und sagte mit Befehlston:
»Kreiti, das hat alles bis morgen Zeit. Morgen bringen uns die Freaks aus der KTU die DNA Auswertung, dann sehen wir dann weiter. Ein Bierchen im Lindenkeller? Und paar Nudeln? Was ist? Was meinst du? Und Gizmo nehmen wir natürlich mit. Und keine Widerrede. Klar. Auf geht es Herr Kommissar! Dra di net um! Oh, oh, oh, der Kommissar geht um, oh, oh, oh«, sang sie.
Kreithmeier tippte sich an die Stirn. Er sah keine Chance seiner Kollegin zu widersprechen. Er rief nach seinem Hund, der immer noch brav auf seiner Decke neben dem Schreibtisch kauerte. Freudig bellend sprang Gizmo hoch, umrundete sein Herrchen, die liebevolle Kollegin und drückte sich durch die Tür Richtung Treppenhaus.
Tobias Löbinger
Melanie Schütz rollte sich ein paar Spaghetti auf die Gabel und schob sie sich genüsslich in den Mund. Etwas Tomatensoße rannte über ihre Lippen, die sie sofort mit einer gekonnten Bewegung ihrer Zunge ableckte. Alois Kreithmeier hatte sich zunächst gesträubt, aber dann doch die Einladung zu »Pasta & More« in den Lindenkeller oberhalb der Freisinger Innenstadt angenommen. Es war ganz gut, mal von zu Hause wegzukommen. Saß er doch, seit seine Frau ihn verlassen hatte, fast jeden Abend allein vor der Glotze, seinen schnarchenden Hund neben sich und zappte durch die Fernsehprogramme.
Obwohl er seine Kollegin über fast zwei Jahre kannte, war er ihr noch nie so nah gewesen wie heute Abend, dachte er so für sich und schaute zu, wie sie eine Gabel nach der anderen dampfender in Tomatensoße getränkter Spaghetti in ihren sinnlichen Mund stopfte. Das letzte Mal saßen sie beim Essen zusammen, als Melanie ihren Einstand gefeiert hatte. Na, und das war eben zwei Jahre her, sinnierte er.
Ein blöder toter Dackel hatte dafür gesorgt, dass er diesmal nicht nach Hause geflohen war. Melanie kannte seine Leidensgeschichte, hatte alles mitbekommen, und ab und zu mit unterstützenden Worten versucht, ihn aufzurichten. Vor knapp zwei Jahren fing es an. Seine Frau und er hatten sich