SILBER UND STAHL. Nicole Seidel

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SILBER UND STAHL - Nicole Seidel

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deutete auf den Brotlaib in Iorweth Hand. "Was gibt's dazu?"

      Coinneach Dá Reo war eine Art Unterweltsboss, der in jedem schmierigen Geschäft irgendwie die Finger mit drin hatte. Gerade in der Unterstadt, wo der Handel blühte und auch die Kluft zwischen Armut und Reichtum, zwischen Menschen und Anderlingen besonders deutlich zu spüren war, war er allgegenwärtig. Er war bekannt und berüchtigt im Glückspiel, im Drogenhandel mit Fisstech, seine Kumpane spionierten in allen Ebenen herum und so mancher Langfinger musste eine Abgabe an ihn zahlen. Er kümmerte sich aber auch um seine Leute, wenn es Probleme gab oder jemand krank wurde. Und spitzelte sogar für die königliche Miliz. Nicht immer er persönlich, sondern seine Vertrauten und Kumpane - und da war es egal, ob der ein Mensch, Elf, Zwerg, Bettler oder Herzog war. Obgleich er sehr jung war, besaß er eine fuchsige Schläue und einen unersättlichen Machthunger, der ihn schnell in diese Position, die er zu diesem Zeitpunkt inne hatte, katapultiert hatte.

      So fand Iorweth schnell Anschluss. Für seine Talente - Schnelligkeit, Wissbegierde und Kampfes­mut - fanden sich bald Mentoren, die ihm mehr lehrten als es in seinem jugendlichen Ungestüm gut gewesen wäre.

      Nach nicht ganz einem Jahr unter den Fittichen Coinneachs übertraf Iorweth die meisten in den Talenten, was Bogenschießen, lautloses Anschleichen, Messerwerfen, Würfelspiel, Observieren, regloses Verharren, glaubhafte Lügen spinnen und Weglaufen anging. Er bewies eine unübertroffene Geduld, ihm war strategisches Denken und Logik ein unstreitbarer Begriff, erschreckte so manchen mit seiner Ehrlichkeit und vertraute seiner inneren Intuition blind. Und jedes Laster, das man ihm aufdrängen wollte - sei es Trinken, Drogen oder Hurerei - entzog er sich bisher überlegt und geschickt. Er entsagte dem nicht ganz, was sich in solch einer verkommenen Gesellschaft in der er sich befand auch besonders schwer gewesen wäre, aber er sagte zwischenrein immer mal wieder "Nein" und übertrieb es nie mit den Genüssen.

      Anfangs ließ er sich Zuhause auch nie etwas anmerken, wo er sich tagsüber so rumtrieb. Aber als er älter wurde und er das Zimmer I'worel bekam, die wegen ihrer Gicht in den Beinen nicht mehr so die Treppen steigen konnte und deshalb lieber nahe des Herdes schlief, weitete er sein Wegbleiben auch mal auf die nächtlichen Stunden aus.

      Fuin'isengrim schlug die Tür zu Iorweths Zimmer zu und ging seiner Frau entgegen. "Es ist Mitternacht durch und der Junge ist noch nicht Zuhause. Wo steckt er nur immer?"

      "Das musst du ihn selbst fragen, Fuin. Ich weiß das auch nicht. Er ist in der Pubertät, da spielen die Hormone verrückt. Die Jugend muss sich austoben. Das war bei dir doch bestimmt auch so?" Calad'linna wollte ihren Mann in ihr hinteres Zimmer führen.

      "Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich so rumgetrieben habe. Aber das ist ja auch schon lange her. Ich muss mir den Jungen wohl mal vornehmen." Der Elf ging leise die Treppe hinunter und setzte sich ins Erdgeschoss. Wartete im Dunkeln.

      Vom Feuer im Herd war nur eine orangene Glut geblieben. Regelmäßig war das röchelnde Schnarchen der alten Elfin zu hören. Leise wurde die Außentür aufgeschlossen und eine Gestalt huschte ins Haus.

      Iorweths Nackenhärchen stellten sich auf, er verharrte am Eingang. Ahnte mehr, als dass er es sah, dass ein schwarzer Schatten beim Tisch aufgestanden war. "Ceád Vater!" grüßte er ihn.

      "Cáemm vort, Iorweth!" Es lag keinerlei Emotion in der Stimme Fuin'isengrims.

      Als der junge Elf am Tisch angekommen war, hatte der ältere darauf eine Kerze entzündet. Tiefe Schatten malte das flackernde Licht auf ihre Gesichter. Sie sahen sich sehr ähnlich, waren fast gleich groß - nur etwa dreihundert Jahre trennte sie.

      "Wo kommst du her?"

      "Das geht dich nichts an", und schon bereute Iorweth seine harten Worte.

      "Ich bin dein Vater, es geht mich etwas an. Du bist noch ein Kind, also geht mich das was an. Wo treibst du dich herum? Mit was für Leuten bist du zusammen? Und wie lange geht das schon? Carfa!"

      "Vater, ich bin müde. Möchte eigentlich nur noch ins Bett. Können wir das nicht morgen besprechen?"

      Wieder erhielt Fuin'isengrim einen Kontor von seinem Sohn. Wie hatten sie sich in den letzten Jahren doch voneinander entfernt.

      Da sein Vater nichts erwiderte wandte sich Iorweth um und wollte in sein Zimmer gehen. Er war wirklich müde, hatte einen trainingreichen langen Tag hinter sich.

      Doch Fuin'isengrim hielt ihm am Arm zurück. "Neén, cáemm 'ere! Wir bereden das jetzt!"

      "Du lässt mich besser los!" Iorweth hatte sich gedreht und blickte seinem Vater finster entgegen und stemmte Fuins Hand fort.

      Der Junge war kräftig, bemerkte er - und unverschämt. "Drohst du mir etwa, Junge!" War da Wut in seiner Stimme zu hören? Er packte Iorweth am Kragen des Wamses, wollte ihn auf die Bank drücken. Doch aus einem flinken Reflex heraus rammte ihm der Junge ein Knie in den Bauch und stieß ihm mit dem Unterarm zur Seite. Fuin'isengrim stolperte selbst gegen die Bank und stieß sich schmerzhaft mit dem Ellenbogen an der Tischkante. "Was ist nur los mit dir?!"

      Iorweth hatte große Lust fortzulaufen. Er hatte seinen Vater geschlagen. Ein Geräusch von der Treppe ließ ihn aus seiner Starre erwachen. Seine Mutter Calad'linna kam - sich mit einer Kerze leuchtend - nach unten. Hatte sie alles mitbekommen? Ihr trauriger Gesichtsausdruck und das kurze Schütteln des Kopfes sagten ja. Dicht trat sie an ihren Sohn und nahm ihn schützend in die Arme. Seine Schultern zitterten, er weinte lautlos und tränenlos.

      Fuin'isengrim erhob sich und nahm nun seinerseits die beiden in die Arme. Die kurz aufgetretene Wut - er kannte diese Emotion eigentlich nicht - war bereits verflogen.

      "Willst du uns nicht endlich mal darüber aufklären, wo du dich die letzte Zeit immer herum treibst?" Das hatte Calad'linna gesagt und sie löste die Umarmungen.

      "Es passieren so viele neue Dinge in meinem Leben, dass es mich zu überwältigen droht." Die Familie setzte sich an den Tisch. Das Schnarchen im Hintergrund war verstummt, aber die alte Elfin verhielt sich wie unsichtbar.

      "Ich habe viele Freunde gefunden", erzählte Iorweth und erleichterte sein Gewissen. Seine Eltern lauschten ihm schweigend. "Ich habe Coinneach Dá Reo kennengelernt, schon vor einer Weile. Es ist unglaublich wie gut sich seine Bande organisiert hat! Er hat mir viel gezeigt, viel beigebracht. Bis in die obersten königlichen Kreise hat er Beziehungen. Oft hänge ich mit ihm rum, aber nicht nur zum Glückspiel in den Schenken. Wir sind auch im Umland ins Dorf, in den Sumpf oder zum alten Friedhof geritten. Ich durfte auf einer schönen weißen Stute reiten! Jeder kennt Coinneach und sie verehren ihn. Er kann und weiß so viel und ich darf dabei sein."

      "Dieser Coinneach ist kein Freund", entgegnete Fuin. "Er ist ein Verbrecher, ein Bandit. Du hast selbst gesagt, dass er eine organisierte Bande hat. Was hat er dir beigebracht? Wie man Leute bestiehlt, wie man betrügt? Nimmst du gar Drogen, trinkst du und -" hast du mit Huren geschlafen, hatte er sagen wollen.

      "Neén, Vater, vertraue mir. In erster Linie nutze ich meine Beziehung zu Coinneach dazu aus, um meine Kampftechniken zu verbessern. Es ist von Vorteil, wenn man Personen in allen Schichten kennenlernt, weiß was in Wyzima so abgeht!" Iorweth klopfte sich aufs Wams. "Mir geht es verdammt gut, denn er gibt mir genug zu essen, gute Kleidung, ich hab sogar etwas Geld. Ich muss mir das ein oder andere zwar verdienen, aber ich schade niemanden wirklich mit meinem Tun, glaub mir."

      "Wir haben also nie gut für dich gesorgt?"

      "Das will ich damit nicht sagen, Vater. Hier ist immer noch mein Zuhause."

      "Coinneach

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