7 Monate Herbstgefühle. Anke-Larissa Ahlgrimm

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7 Monate Herbstgefühle - Anke-Larissa Ahlgrimm Glückszahl 7

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Weg zu den Umkleiden. Debbie stand bereits vor ihrem Spind und begann sich ihr rosa Arbeitsshirt anzuziehen.

      „Was ist denn mit dir passiert?“, fragte sich schockiert und vergaß glatt den Saum ihres Shirts nach unten zu ziehen. Ich trat einen Schritt vor und erledigte das für sie, bevor ich antwortete.

      „Leo.“ Schweigend sperrte ich meinen Spind auf und hoffte ein sauberes Shirt zu finden. Das Einzige, was ich allerdings fand, war ein weißes Top auf dem bereits Blutspritzer waren. Fluchend stopfte ich es in meiner Tasche. Das Mindeste, was ich tun konnte, war das doofe Ding zu waschen.

      „Ich hab noch eine Pullover, wenn du willst“, sagte Debbie, welche meine Verzweiflung wohl bemerkt hatte. Ehe ich antworten konnte, hatte sie auch schon den dunkelblauen Wollpulli aus ihrem Spind gezogen und ihn mir hingehalten. Dankbar lächelte ich sie an und schlüpfte aus meiner Jacke und dem Shirt, dass den meisten Schaden davon getragen hatte. Die Wolle fühlte sich fantastisch an meiner Haut an und ich konnte nicht anders, als erleichtert zu seufzen. Debbie schüttelte lachend ihren Kopf. „Willst du nicht lieber duschen gehen? Du riechst ein bisschen.“ Demonstrativ rümpfte sie ihre Nase und trat einen Schritt von mir weg.

      Ich seufzte erneut. „Ich hab einen Zug, den ich noch erwischen muss.“

      Ich erwischte den Zug natürlich nicht. Da der nächste Zug erst zwei Stunden später gefahren wäre, musste ich mir ein Taxi rufen, dass mich bis nach New Jersey fuhr. Man könnte meinen, dass ich mich während der langen Fahrt abregte und nicht mehr das Bedürfnis hatte Leo zu erwürgen. Dies war leider nicht der Fall. Ich konnte mich schließlich bei dem Taxifahrer darüber nicht aufregen, da dieser selbst ein aufgebrachtes Telefonat mit seiner – wie ich vermutete – Ehefrau führte. Sie hatte sich anscheinend bei ihm darüber aufgeregt, dass er dauernd Überstunden machte und sie ihn gar nicht mehr zu Gesicht bekam. Ich hatte mich so schlecht gefühlt, da er ja wegen mir nach New Jersey musste, dass ich ihn weiter telefonieren ließ.

      „Ich werde ihn umbringen, Haven“, rief ich über das Geräusch des rauschenden Wassers hinweg. Haven, der sich seine Zähne putzte, während ich unter der Dusche stand und mich sauber schrubbte, schwieg. „Morgen, wenn er zu seiner Schicht kommt, werde ich ihn verdammt nochmal umbringen.“

      „Du hast morgen frei, Bee.“

      Ich hielt für einen Moment inne und ließ das Wasser über meinen Körper laufen. „Na gut, dann eben übermorgen.“

      „Ist heute sonst noch etwas passiert im Krankenhaus?“

      „Nein, zumindest nichts so schlimmes, wie das, was Leo mir angetan hat.“ Ich stellte das Wasser aus und griff nach meinem Handtuch. „Der arme Taxifahrer. Er muss jetzt bestimmt das Auto lüften wegen mir.“

      „Das stimmt doch gar nicht“, lachte Haven und reichte mir ein weiteres Handtuch, das ich um meine Haare wickeln konnte. Seufzend trocknete ich meinen Körper ab.

      „Sag mal, rieche ich für dich immer noch nach einem Penner?“, fragte ich verzweifelt, woraufhin Haven seine Nase hinter meinem Ohr vergrub und meinen Duft einsog. Dann schlang er seine Arme um mich und ich lehnte mich an ihn.

      „Für mich riecht das nach Früchten.“ Er küsste meine Wange und dann meine Lippen. „Aber ist das nicht Lilacs Shampoo?“

      „Ich wurde mit Blut und Urin übergossen. Ich finde, ich habe das Prinzessinnen-Shampoo verdient“, grummelte ich und vergrub mein Gesicht in Havens Brust. Mein Freund strich mir sanft über die Schulterblätter. „Doofer Leo, er macht immer alles kaputt.“

      „Vielleicht solltest du mal aufhören, dauernd über ihn zu reden“, schlug Haven emotionslos vor und ich löste mich von ihm, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Was meinte er denn jetzt damit? Ich redete schließlich nicht immer nur von ihm. Andererseits regte ich mich in letzter Zeit doch oft über ihn auf.

      „Vielleicht“, murmelte ich also und kuschelte mich wieder in Havens Arme. „Oder ich brauch einfach nochmal Urlaub. Der Letzte ist schon wieder zwei Wochen her.“

      ∞

      [5. Oktober, 2016]

      Meine angeknabberten Fingernägel tippten in einem schnellen Rhythmus auf den Holztisch und sogar der Kellner, der den Tee abstellte, warf mir einen besorgten Blick zu. Ich stieß ein tiefes Seufzen aus und griff zum erneuten Mal nach meinem Handy, um nachzusehen, ob Nala nicht doch eine Nachricht geschrieben hatte. Das hatte sie nicht. Aber sie war trotzdem zu spät. Eigentlich war ich ja zu früh gewesen und Nala war gerade mal wenige Minuten zu spät. Trotzdem konnte ich nicht aufhören, mich nervös umzusehen.

      „Pardon, ich bin zu spät“, keuchte Nala, die in diesem Moment ins Café gestürmt kam und sich auf die Bank gegenüber von mir fallen ließ. „Cam hat mal wieder eine dieser Phasen, in denen er mich nicht mehr aus dem Bett lässt. Und mon dieu, er hat es mir wirklich schwer gemacht. Aber wir haben uns ja verabredet und das musste ich Cam klar machen. Dann bin ich auch noch in die falsche Metro gestiegen, du kennst mich ja, ich merk sowas erst im letzten Moment. Also musste ich erst mal wieder zurückfahren. Aber jetzt bin ich ja hier. Hast du schon für mich bestellt? Dumme Frage, der Tee steht ja schon hier. Ist das Pfefferminze? Riecht danach. Hast du auch was zu essen bestellt? Also ich persönlich hab jetzt keinen Hunger, aber ... was labere ich gerade schon wieder für einen Mist? Alles gut bei dir? Du siehst ein bisschen gestresst aus.“ Nala strich sich ihre kurzen braunen Haare aus der Stirn und warf mir durch ihre dichten Wimpern einen forschenden Blick zu. Stumm nahm ich meine Tasse in die Hand und trank ein paar Schlucke daraus, obwohl der Tee mir auf der Zunge brannte. Lieber dies, als mit der Wahrheit rauszurücken.

      „Also ist bei Cam und dir alles parfait?“, fragte ich stattdessen und sah meine beste Freundin mit hochgezogener Augenbraue an. Nala zögerte kurz. Sie bemerkte, dass ich ihrer Frage auswich, sie war schließlich meine beste Freundin. Aber genau deswegen hakte sie nicht nach.

      „Naja, nicht unbedingt parfait, aber jetzt auch nicht unbedingt schlecht.“ Grinsend schob Nala ihren blauen Schal beiseite, um mir einen dicken Knutschfleck zu präsentieren. „Wenn es so weitergeht, können wir vielleicht Weihnachten bei seiner Familie in Kalifornien verbringen.“

      „Ich dachte, du wolltest hier in New York bleiben?“

      „Ja“, murmelte Nala und zuckte mit den Achseln. Ihre Wangen waren immer noch rot von ihrem Sprint hierher, allerdings schoss ihr nun erneut Blut in den Kopf. „Mal sehen. Ihr fliegt wieder nach England, richtig?“

      „Ouais, hatten wir vor“, sagte ich nickend. Ich spürte, wie meine Finger anfingen zu zucken, als wollten sie wieder auf die Tischplatte tippen, also zwang ich mich, meine Tasse festzuhalten. Konnte ich nicht einfach still sitzen? „Aber wer weiß, was sich noch ändert. Ich meine … man weiß ja nie.“

      Skeptisch hob Nala eine Augenbraue. „Roo? Läuft es bei Haven und dir auch gut?“

      „Klar, es läuft fantastisch. Wir lieben uns, Lilac ist ein braves Mädchen … ich meine, anscheinend rede ich in letzter Zeit viel von Leo, aber ansonsten -“

      „Leo?“, hakte die Braunhaarige ungläubig nach. „Du meinst den Mistkerl aus dem Krankenhaus, oder? Über den sprichst du mit Haven?“

      „Ich reg mich über ihn auf“, verbesserte ich Nala. „Das wiederum scheint jetzt meinen Freund aufzuregen. Warum ist mir nicht ganz klar.“

      Für einen Moment sah Nala mich an, als hätte ich ihr erklärt, ich wäre der Kaiser von China. „Also ich finde das ganz schön nachvollziehbar“,

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