DER KELTISCHE FLUCH. Christoph Hochberger

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DER KELTISCHE FLUCH - Christoph Hochberger

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gewesen und früh gestorben. Tarcic ähnelte Toromic sehr. Er war nicht so groß und kräftig wie dieser, dafür sehnig und schnell. An Intelligenz stand er seinem Bruder in nichts nach. Er hatte helles Haar, das er nicht ganz so lang trug wie Toromic, und hellere Augen. Er war einer der tapfersten Edlen des Clans gewesen, bis zu der für ihn alles verändernden Schlacht.

      Es ist hart für dich, die Runen zu lesen, Bruder, das weiß ich, dachte Toromic, doch wie sollen wir anders erfahren, was geschehen soll? Du bist der Einzige, der um die Rituale und Beschwörungen weiß.

      Ein jeder, der sich berufen fühlte, Künstler, Barde oder Seher zu werden, konnte zu den Druiden gehen und sich dort unterweisen lassen - wenn sie ihn akzeptierten. Tarcic hatte nie ein Druide werden wollen. Seit der Schlacht besaß er die Gabe des Sehens, doch er hasste sie, denn sie hatte ihm sein vorheriges Leben genommen.

      Toromic setzte abermals das Trinkhorn an die Lippen, als ihn Shanas Stimme aus seinen Gedanken riss. „Toromic, komm zu mir. Die Gestirne werden schon bald verblassen.“

      Er lächelte. Wie gut war es, Shana zu haben. Wie gut, dass er hier drinnen am warmen Feuer saß, während draußen die kalten Nordwinde alles gefrieren ließen. Wie gut war es zu wissen, dass auf den Wällen Krieger Wache hielten, um den Schlaf des Clans zu beschützen. Während er sich trunken und müde erhob, ging ihm durch den Kopf, dass solche Gedanken, laut vor seinen Kriegern ausgesprochen, als blanke Feigheit gegolten hätten.

      „Bei Lug“, murmelte er vor sich hin, „in mein Innerstes kann niemand blicken.“

      Manchmal hasste er die strengen Sitten, die das Leben der Clans bestimmten. Bedeutete das Eingeständnis von Angst in der Öffentlichkeit für einen normalen Krieger Schande, so war eine solche Gefühlsäußerung für einen Häuptling völlig undenkbar. Er hatte ein leuchtendes Vorbild zu sein, zu dem der Rest der Gemeinschaft emporblicken konnte. Gerade in Zeiten des Krieges war ein energischer und tapferer Häuptling Garant für die blinde Gefolgschaft der übrigen Anführer des Clans. Und Krieg führten die Clans und Stämme auf den Inseln ständig. Toromic lächelte bitter. Wann hatte es in seinem Leben Zeiten gegeben, in denen nicht gekämpft wurde? Da drang abermals Shanas Stimme an sein Ohr. „Wie lange willst du noch deinen Gedanken nachhängen? Komm` zu mir.“

      Während er auf das Ehelager zuwankte, streifte er seine Kleidung ab und lächelte vor sich hin. Shana hob das Fell für ihn. Dankbar schlüpfte er in die Wärme darunter.

      „Beunruhige dich nicht zu sehr, mein großer Krieger“, flüsterte sie, während sie ihn umarmte und ihren Körper an ihn schmiegte, „erst bei Morgengrauen wird der neue Tag geboren, und erst dann wirst du wieder Entscheidungen treffen müssen.“

      „Wollen wir hoffen, dass die Runen nichts Schlechtes prophezeien“, murmelte er und küsste sie liebevoll.

      „Wollen wir hoffen, dass dir Jagen, Fressen, Saufen und die Unterredung mit Tarcic nicht die letzte Manneskraft geraubt haben“, antwortete sie leise kichernd. Er kniff sie zärtlich in die Seite und schnaubte: „Ho, Weib, das wird sich sogleich herausstellen.“

      Sie kuschelten und schmusten eine Weile, doch wie so oft behielt Shana recht. Der Tag war für Toromic mehr als anstrengend gewesen, und nach kurzer Zeit war der Clanführer der Selgovater tief eingeschlafen.

      Shana hielt ihn fest umarmt. Sie blickte zum Dach der Hütte empor, das vom Widerschein des ausglühenden Feuers in rotes Licht getaucht wurde, und lauschte seinem schweren Atem. Shana liebte ihren Gemahl innig und war ihm wegen seiner Müdigkeit nicht böse. Sie war die ganze Zeit über wach gewesen und hatte die Unterhaltung der Brüder verfolgt. Toromic tat das ihrer Meinung nach einzig Richtige. Sie kuschelte sich noch enger an den warmen Leib ihres Gatten und schloss die Augen.

      Der Wind fegte heulend um die Hütte und erzählte Geschichten von tiefen Wäldern und Seen, unter deren nebelüberfluteten Oberfläche die Sidhe lebten. Langsam schlief sie ein ...

      Mahr

      Tarcic stöhnte im Schlaf. Schweißnass klebten die Haare an Stirn und Hals des Sehers. Seine Augenlider zuckten heftig und den Lippen entfuhren immer wieder undeutliche Worte. Unruhig wälzte er sich auf seinem Lager hin und her. Keine Frau lag neben ihm, die ihn hätte wecken und beruhigen können, denn er hatte sich schon lange nicht mehr vermählen lassen.

      Plötzlich fuhr er schreiend hoch, die Hände zu Fäusten verkrampft, die Augen weit aufgerissen. Einen Augenblick saß er so, dann kehrten seine Sinne zurück. Verwirrt blickte er sich um. Als er begriff, dass er nur geträumt hatte, ging sein schwerer Atem in ein erleichtertes Schluchzen über.

      Nachdem er sich etwas beruhigt hatte, warf er das Schlaffell beiseite und erhob sich von seinem schweißdurchtränkten Lager. Sein Blick fiel auf das Trinkhorn, das auf einem Tischchen neben der Feuerstelle in seiner Halterung steckte. Seine Kehle fühlte sich an, als würde sie verbrennen.

      Er eilte auf das Horn zu und ergriff es, doch seine Hände zitterten so stark, dass es zu Boden fiel. Fluchend packte er einige Scheite Feuerholz und warf sie auf die ausglimmenden Reste des Vorabends. Anschließend pustete er so heftig in die Glut, dass das Feuer mit einem prasselnden Schlag wieder aufflammte. Nun wagte er einen zweiten Versuch. Er bückte sich, nahm mit zittrigen Fingern das Horn vom Boden auf, füllte es mit Met und kippte es in einem Zug herunter. Anschließend ließ er sich auf die Sitzfelle fallen, die überall um die Feuerstelle herum lagen, und goss sich das Horn erneut voll. Er leerte das Gefäß abermals, ohne abzusetzen, bis auf den Grund. Einen Augenblick lang saß er mit geschlossenen Lidern da und atmete tief durch, dann füllte er das Horn ein drittes Mal.

      „Bei allen Göttern!“, stöhnte er.

      Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und versuchte sich an die Träume zu erinnern, doch was ihn eben noch in nackte Angst versetzt hatte, zog sich nun in die dunklen Regionen seines Unterbewusstseins zurück.

      Er erhob sich und schritt zum Ausgang seiner Hütte. Er warf einen Umhang über, schob die Felle, die den Eingang verschlossen, beiseite und trat nach draußen. Eiskalte Luft schlug ihm entgegen. Noch war es dunkel, und das Dorf lag in tiefem Schlaf, doch am östlichen Himmelsrand kündigte sich bereits der kommende Tag an. Vom Dach des Versammlungshauses zogen Rauchschwaden gen Himmel. Dort drinnen brannte wie immer das große Feuer, an dem sich die Wachen, die auf den Stegen des Holzwalls, der das Dorf umgab, Wache hielten, zwischendurch aufwärmen konnten. Er sah nach oben. Die Wolken zogen schnell und gaben nur ab und an einen Blick auf den sichelförmigen Mond preis.

      Warum ich?, dachte er.

      Die Götter schwiegen.

      Morgengrauen

      Im Morgengrauen erhob sich Toromic leise. Shana schlief noch, und auch der kleine Bormic und sein Schwesterchen Nadsil schnarchten friedlich vor sich hin.

      Toromics Leibsklave, Salunar, betrat die Hütte und half seinem Herrn beim Ankleiden. Toromic stieg in eine Wildlederhose, die er in der kalten Jahreszeit den bunten Braccae vorzog, die er während des Sommers zu tragen pflegte. Die gewebten Röhrenhosen waren für den Winter nicht geeignet. Anschließend warf er ein langärmeliges Hemd über und schlüpfte in seine Gamaschenstiefel. Er steckte das Hemd in die Hose und legte einen eisernen Gürtel an, während Salunar die Stiefel schnürte. Nachdem die Kleidung angelegt war, gingen Herr und Sklave zu dem Waffenpodest, das in einer Ecke der Hütte stand. Toromic ließ sich sein Hiebschwert reichen und seinen Wintermantel umhängen. Es war ein edles Stück, über und über mit bunten Karomustern

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