DER KELTISCHE FLUCH. Christoph Hochberger

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DER KELTISCHE FLUCH - Christoph Hochberger

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die vor der Brust zusammengesteckt wurden. Er warf einen letzten Blick zu Shana und den Kindern hinüber, sah, dass sie noch immer schliefen, und verließ die Hütte.

      Ein grauer Morgen empfing ihn.

      Während er durch die Gassen der Siedlung auf das Versammlungshaus zuschritt, erwachte um ihn herum das Dorf zum Leben: Sklaven begannen, Holz zu schlagen, während Unfreie, meist Handwerker oder Viehzüchter, das Vieh aus den Ställen zum Fluss hinunter trieben, wo die kurzhornigen Rinder Auslauf hatten und unter Aufsicht grasten. Schweine und Ziegen wurden gefüttert, und einige Frauen brachen gerade die Lehmversiegelung eines Vorratsschachtes auf, um ihm das unter der luftdicht abschließenden Tonschicht haltbar gemachte Getreide zu entnehmen. Von den Hüttendächern stieg Rauch auf, was auf die Zubereitung der ersten Mahlzeiten hindeutete. Toromic grüßte eine Gruppe von Kriegern, die gerade von der Wachablösung kamen, und lächelte über andere, die beim gestrigen Gelage offensichtlich kein Ende gefunden hatten und mit aufgedunsenen Gesichtern ihren Vorhaben nachgingen.

      An einem Holzgestell neben dem Versammlungshaus hing, kopfüber und mit heraushängender Zunge, der Grund von Toromics Sorgen. Der Häuptling blieb stehen und besah sich den Fang der gestrigen Jagd eingehend: Der Hirsch war im besten Alter. Ein kräftiges Tier, mit stattlichem Geweih und robustem Knochenbau. An Toromics innerem Auge zogen noch einmal die Geschehnisse des vorherigen Tages vorüber. Kurz fragte er sich, ob die Jagdgemeinschaft nicht etwas zu ängstlich reagiert hatte. Doch dann schüttelte er entschieden den Kopf. Nein, eine solche Anzahl von Treffern konnte kein normales Tier überleben, unmöglich! Tarcic würde herausfinden, was es mit der Sache auf sich hatte.

      Er wandte sich von dem toten Tier ab und ging auf den Eingang des Versammlungshauses zu. Zufrieden sah er an seinem Herrschersitz empor. Er war sein ganzer Stolz. Nachdem er die Nachfolge seines Vaters angetreten hatte, war seine erste Amtshandlung der Bau eines neuen, größeren Versammlungshauses gewesen. Die Abordnungen anderer Stämme mochten wissen, wie groß seine Rinderherde war, und seine Tapferkeit auf dem Schlachtfeld wurde gepriesen, doch das Versammlungshaus - sein Regierungssitz - kündete weithin sichtbar von der Macht, die er innehatte.

      Noch einmal wanderte sein Blick zu dem kuppelförmigen Dach empor. Wie lange es wohl stehen würde? Ob sein Sohn, Bormic, eines Tages ein noch Größeres würde bauen lassen?

      Er schüttelte die Gedanken ab. Es gab Wichtigeres zu tun. Er betrat das Versammlungshaus durch einen kurzen Vorgang. Nachdem er ihn durchschritten hatte, tat sich vor ihm das hallenartige Innere des Gebäudes auf. Sein Blick fiel zuerst auf die große Feuerstelle, die in der Mitte des Rondells eingelassen war. Hinter dieser befand sich, zur Rückseite des Gebäudes hin, der Häuptlingssitz. Sein Thron, ein aus dunklem Holz gezimmerter, mit Bärenfellen bedeckter Stuhl, dessen Armlehnen in filigran gearbeitetem Kupferblech eingefasst waren, und dessen Lehne ein stilisierter Widderkopf krönte, war die einzige erhobene Sitzgelegenheit im ganzen Gebäude. Alle übrigen Clanangehörigen saßen bei Versammlungen, je nach Rang, auf Fellen oder mussten an den Wänden des Gebäudes stehen.

      Toromics Blick wanderte von der Feuerstelle aus über den festgestampften Boden bis zu den dunklen, lehmverputzten Wänden, die nach beiden Seiten hin zurückzuweichen schienen. Sie ragten einige Meter empor. Schräg über sie hinweg, nach innen auf die Kuppel zu, verlief das riedgedeckte Dach, unter dem sich ein großes Holzgestell befand. An diesem hingen, zum Beweis der Tapferkeit und Kampfkraft der Krieger des Clans, die Schädel getöteter Feinde.

      Ein wachhabender Krieger kam herbei.

      „Sei gegrüßt, Carduc, gibt es etwas zu berichten?“ fragte Toromic.

      „Es ist nichts vorgefallen, es war eine ruhige Nacht, mein Ri.“

      „Gut. Begib dich zu den Edlen und teile ihnen mit, dass Tarcic in den frühen Abendstunden die Runen befragen wird. Ich berufe hiermit die Versammlung ein.“

      „Ja, mein Ri“, antwortete Carduc und eilte davon.

      Toromic blickte ihm nach. Carduc war von der Order nicht überrascht gewesen. Der Häuptling wusste, dass die Teilnehmer der gestrigen Jagd, beim Gelage und später bei ihren Familien von der Jagd erzählt haben mussten. Nach großen Mengen Met und Bier lösten sich immer die Zungen. Dann machten Sagen und Legenden die Runde und bald auch Spekulationen.

      Doch damit war nun Schluss. Jetzt würde bekannt werden, dass Tarcic, der Bruder des Ri, der in der großen Schlacht gegen die Caledonier so schwer verwundet worden war und nach seiner Genesung von den Göttern die Gabe des Sehens empfangen hatte, die Runen befragen musste.

      Toromic hätte alles getan, um die Zeremonie zu vermeiden. Doch nach diesem Zeichen, blieb ihm keine Wahl. Wo, bei den Göttern, waren nur die Eichenkundigen?

      Die Versammlung

      Nach außen hin verlief der Tag im Dorf wie jeder andere, doch unter der ruhigen Fassade brodelte es. Wie ein Lauffeuer hatte sich die Nachricht von der bevorstehenden Kulthandlung verbreitet, war von Mund zu Mund gegangen und hatte schließlich auch noch die Unwissendsten erreicht. Die Clanangehörigen fieberten der Zusammenkunft entgegen.

      Als sich der späte Nachmittag allmählich über das Land senkte, trieben die Unfreien das Vieh in die Ställe zurück, die Tagarbeiten wurden beendet, und in allen Hütten herrschte rege Betriebsamkeit. Die Krieger und Frauen putzten sich, aufgeregt schwatzend, für den großen Anlass heraus. Die Männer legten ihre Kriegstracht an, bemalten ihre Gesichter mit schaurigen Ornamenten und putzten ihre Torques, die metallenen Halsringe, die ihren Stand und Besitz demonstrierten, auf Hochglanz. Viele wuschen ihre Haare nach Art ihrer Väter mit einer Mischung aus Wasser, Kalk und Rinderfett und kämmten sie anschließend gegen den Hinterkopf hoch. Das ergab eine Stachelfrisur, die ihre Wildheit unterstreichen und den Feinden bei der Schlacht Angst einjagen sollte. Doch erfreute sich diese Frisur auch bei feierlichen Anlässen großer Beliebtheit. Die Oberkörper rieben sie mit Fett ein, um später, in der Wärme des Versammlungshauses, ihre Tätowierungen und Muskeln besser zur Schau stellen zu können. Die Frauen legten ihren edelsten Schmuck an. Fein gearbeitete Ketten aus Muschelperlen und goldene Reife zierten Arme und Hälse der reichen Frauen, während die weniger wohlhabenden mit bronzenen und ehernen Ringen Vorlieb nehmen mussten. Die älteren Frauen, vor allem die der Edlen, trugen karierte Wickelröcke, die mit bunten Karomustern verziert waren. Seit Stunden schafften die Sklaven Unmengen an Nahrungsmitteln, Met und Bier ins Versammlungshaus, denn meist arteten Zeremonien in große Gelage aus.

      Ein wenig abseits der übrigen Hütten, in einer kleinen, windschiefen Kate, warf Helwed eine Handvoll Kräuter ins Feuer. Zischend verbrannte das gräulich schimmernde Pulver. Ein betäubender Geruch breitete sich im Raum aus. „Siehst du, jetzt brauchst du nur noch zu warten, bis es wirkt.“ Sie wandte sich ihrer Tochter zu. Boudina sah sie zweifelnd an. Helwed verzog das Gesicht. „Du musst natürlich daran glauben, ansonsten werden dir die Geister nicht helfen.“

      Boudina schüttelte den Kopf. „Ich weiß, dass du es gut meinst, Mutter, aber bisher hat noch keines deiner Kräuter irgendetwas bei ihm bewirkt.“

      Helwed warf ihre ergrauenden Haare zurück und lächelte. „Die Liebe eines Mannes zu gewinnen, ist ein schwieriges Unterfangen. Selbst den Geistern fällt es schwer, solches zu vollbringen.“

      Boudina stand ruckartig auf und stemmte ihre Arme in die schlanken Hüften. „Die Geister, die Geister! Ich will nicht mehr auf ihre Hilfe warten und auch nicht mehr auf die Wirkung deiner Kräuter. Es hilft nichts, ich muss ihn ansprechen.“

      „Ihn ansprechen?!“ Helweds Stimme hatte ihren wohlmeinenden Klang verloren. Entsetzt sah sie Boudina an. „Das kannst du nicht wirklich vorhaben.“

      Boudina

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