Sonne am Westufer. Fabian Holting

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Sonne am Westufer - Fabian Holting

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merken können?«

      »Schwer zu sagen. Sie wissen doch, nachts sind alle Katzen grau. Doch wenn der fahle Schein der Straßenlaternen mich nicht getäuscht hat, würde ich sagen, dass der Wagen wohl anthrazitfarben war, ein metallisches Anthrazit, um genau zu sein.«

      Bessells Gesicht konnte man ansehen, dass er sich darüber freute, endlich etwas Sachdienliches beigetragen zu haben. Zufrieden lehnte er sich im Sessel zurück und wollte gerade das Glas an die Lippen setzen, als ihm einfiel, dass er zum Nummernschild ja noch nichts gesagt hatte. Er unterbrach die Bewegung und fügte gelassen hinzu:

      »Einzelne Ziffern oder Buchstaben vom Nummernschild habe ich mir nicht gemerkt, aber ich habe mich darüber gewundert, dass der Wagen ein rumänisches Kennzeichen hatte. Die Länderkennung war eindeutig zu sehen. Es war sogar zusätzlich ein Aufkleber mit den Buchstaben RO angebracht.«

      Caroni schrieb, ohne aufzusehen. Favalli zog die Stirn kraus. Bessell bemerkte das scheinbare Desinteresse der beiden Kommissare an dieser Information und um der möglichen Bedeutung seiner Aussage mehr Gewicht zu verleihen, ergänzte er beinahe etwas beleidigt klingend:

      »Autos mit rumänischem Kennzeichen sind mir hier am Lago Maggiore noch nicht aufgefallen. Manchmal sieht man teure Limousinen mit russischem Länderzeichen, aber auch nicht oft. Übrigens konnte ich nicht erkennen, ob noch jemand in dem BMW saß. Das Licht der Straßenlaternen spiegelte sich in der Heckscheibe und auch in den Seitenscheiben. Ich bin dann gleich weitergegangen. Alles war ruhig und friedlich. Es waren weder Schritte noch Stimmen zu hören.«

      Caroni sah Bessell mit geöffnetem Mund an, so als ob er sich darüber ärgerte, dass Bessell ihm seine Fragen beantwortete, bevor er sie gestellt hatte. Noch bevor er seine Lippenstellung zur Formung eines Lautes verändert hatte, fiel ihm Favalli in das noch nicht ausgesprochene Wort.

      »Und, als Sie wieder hier in der Straße waren, ist Ihnen dort etwas Ungewöhnliches aufgefallen?«

      »Nein, im Haus der Hengartners brannte zwar noch Licht, aber schließlich sind sie erwachsene Leute und so spät war es ja auch noch nicht.«

      »Konnten Sie im Fenster etwas erkennen oder haben Sie wieder Stimmen gehört?«

      »Nein, die Vorhänge waren zugezogen. Es war kein Laut zu hören.«

      Caroni hob die Hand, mit der er den Stift hielt. Nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, fehlte nicht mehr viel und er hätte mit den Fingern geschnipst, um sich Gehör zu verschaffen. Dann fragte er wichtig:

      »Die Autos der Hengartners standen die noch immer in der Straße?«

      »Ja, noch genauso wie einige Stunden zuvor, und wenn Sie mich direkt danach fragen, stehen sie auch jetzt noch auf den gleichen Plätzen, wie gestern Abend.«

      Favalli machte bereits Anstalten sich zu erheben, doch dann fiel ihm noch eine Frage ein.

      »Sind Sie gestern Abend dann gleich schlafen gegangen? Es heißt ja, dass einige Schriftsteller besser nachts als tagsüber schreiben können.« Jetzt musste Bessell lachen.

      »Das habe ich auch gehört und es bereits ein paar Mal versucht, aber es ist nie etwas Vernünftiges dabei herausgekommen. Aber Sie haben recht, ich habe dann noch etwa zwei Stunden versucht etwas zu Papier zu bringen, aber wieder nur mit mäßigem Erfolg, so dass ich dann etwas ärgerlich ins Bett gegangen bin. Doch wenn Sie jetzt wissen wollen, ob bei den Hengartners noch Licht brannte, so muss ich passen. Ich habe nicht mehr aus dem Fenster gesehen.«

      Favalli schlug mit der flachen Hand auf seinen Oberschenkel und stand auf. Caroni verstaute währenddessen umständlich Stift und Notizheft in seiner Jacke.

      »Vielen Dank Herr Bessell, das wäre erst einmal alles. Aber bitte informieren Sie uns, wenn Sie vorhaben zu verreisen. Möglicherweise fallen uns später noch Fragen ein.« Caroni stand ebenfalls auf und reichte Bessell zwei Visitenkarten, seine und die von Favalli.

      »Vielleicht müssen wir Sie auch noch nach Locarno bitten, damit Sie das Protokoll, das wir anfertigen werden, unterzeichnen können.«

      Zu dritt und hintereinander hertrottend gingen sie zur Tür.

      »Und Frau Hengartner, wie hat sie es aufgenommen?«, fragte Bessell, als er den beiden Kommissaren die Tür öffnete. Es sollte beiläufig klingen, doch Favalli konnte genau das ernsthafte Interesse aus Bessells Stimme heraushören. Er blieb in der Tür stehen und sagte:

      »Sie steht unter Schock. Wir haben ihr vorhin die Nachricht überbracht und nur wenige Fragen gestellt. Eine Polizistin ist jetzt bei ihr. Wir haben vorsichtshalber auch einen Arzt verständigt. Er müsste eigentlich längst da sein und sich um sie kümmern.« Bessell machte ein betroffenes Gesicht und hob noch einmal flüchtig die Hand zum Abschied. Caroni und Favalli bemerkten noch, wie Bessell zu Hengartners Haus hinüberschaute, bevor er in die Wohnung zurückging und die Tür ins Schloss fallen ließ.

      4

      Bessell sah aus dem Fenster. Alles war unverändert. Es war niemand zu sehen. Der Himmel klarte sich allmählich auf, doch wenn tatsächlich die Sonne noch herauskäme, dann würde es später nur für ein paar wärmende Sonnenstrahlen unten am Seeufer reichen. Der restliche Teil des Ortes würde wieder leer ausgehen und hatte sich noch einige Wochen zu gedulden, bis die Sonne wieder höher stand. Die beiden Kommissare waren hinunter zum See gegangen. Der tote Herr Hengartner musste mittlerweile seine Reise im Zinksarg angetreten haben, um in der Pathologie in Bellinzona noch genauer untersucht zu werden. Vermutlich waren die Mitarbeiter der Spurensicherung jetzt dabei, alles wieder zusammenzuräumen und in ihren Aluminiumkoffern zu verstauen. Zuvor werden sie zahlreiche Fotos mit der Digitalkamera gemacht haben. Bessell hatte einmal vorgehabt, Krimis zu schreiben, doch es scheiterte an den fehlenden Detailkenntnissen der heutigen Polizeiarbeit. Zumindest war er dieser Meinung und schrieb lieber über die Beziehung von Menschen und den kleinen Abenteuern, die sie im normalen Leben zu bestehen hatten. In der Küche betrachtete Bessell seine Einkäufe und als er den Bon zur Hand nahm, ärgerte er sich über die stolzen Preise für die wenigen Lebensmittel, die er gekauft hatte. Lange würde er damit ohnehin nicht auskommen. Er hatte sich vorgenommen, am Abend wieder häufiger zu kochen. In der Schweiz war es teuer, gerade jetzt, wo der Euro an Wert verloren hatte. Die kleinen Läden in den Schweizer Urlaubsorten am Lago Maggiore langten besonders zu. Doch zum Glück war Italien nicht weit.

      Die ganze Angelegenheit hatte Bessell innerlich aufgewühlt. An Schreiben war heute nicht mehr zu denken. Etwas Ablenkung täte ihm daher gut, dachte er. Wenn das Wetter mitspielte und kein besonderer Wellengang war, dann könnte er das Boot klarmachen und auf den See hinausfahren, vielleicht sogar hinüber nach Italien zum Einkaufen. Bisher war er nur einmal mit dem Bus in Luino gewesen. Doch der Bus war teuer und warum sollte er nicht einfach die kurze Strecke mit dem Boot zurücklegen. Er musste wieder an Frau Hengartner denken. Nicht einmal ihren Vornamen kannte er und doch hatte jemand aus dem Ort den Kommissaren erzählt, dass sie sich gut kennen würden oder sogar miteinander befreundet seien. Von seiner zufälligen Begegnung mit Frau Hengartner im Restaurant in San Nazzaro vor vier Wochen hatte er Favalli und Caroni nichts erzählt. Es war das erste und bisher letzte Mal gewesen, dass er mit ihr gesprochen hatte, ohne nur die üblichen Floskeln unter Nachbarn auszutauschen. An diesem Abend hatte sie ein Stück der Unnahbarkeit abgelegt, die sie sonst wie ein unsichtbarer Schleier umwehte. Die Hengartners schienen wohlhabend zu sein. Sie fuhren teuere Autos und dann natürlich das Haus hier am Lago Maggiore, das ihnen gehörte. Bessell hatte vorne an der Hauptstraße im Schaufenster eines Immobilienmaklers schon häufiger die Aushänge gelesen. Selbst für die kleinsten Wohnungen hier im Tessin und erst recht am Lago Maggiore wurden unvorstellbar hohe Kaufpreise

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