Abraham. Martin Renold

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Abraham - Martin Renold

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half gerne in der Küche. Sie war ein schönes Mädchen mit schwarzen Haaren und dunklen Augen. Sie scherzte oft mit Nahor, wenn er nach der Arbeit in die Wohnung hinüber kam. Am Anfang hatte er sich nicht so gerne necken lassen, aber mit der Zeit gefiel es ihm, und es wurde ein gegenseitiges Spiel. Manchmal fiel sie ihm um den Hals, und sie schmeichelte ihm, küsste ihn auf die Wangen und lachte. Auch als sie größer wurde und zur Frau erwacht war, hielt sie sich mit ihren Scherzen und Annäherungen nicht zurück. Doch je mehr er sich zurückzuziehen schien, umso heftiger neckte sie ihn und versuchte sie, seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Es schien, als sähe sie in ihm den Vater, den sie nie hatte. Sie konnte sich ja kaum mehr an ihn erinnern.

      Nahor gab allmählich seine Zurückhaltung auf. Er war nun ein Mann von fünfundvierzig Jahren. Milka, die dreißig Jahre jünger war, sah er auf einmal mit ganz anderen Augen an. So wie damals Abram seine Schwester Sarai. Sie war schön, ihre Brüste, die Merkmale ihrer Weiblichkeit, waren gewachsen. Das Mädchen störte es noch nicht, dass sein Blick öfter auf ihr ruhte, auch wenn sie ihn dabei ertappte, dass er wieder einmal auf ihre Brüste geschaut hatte oder sie beim neckischen Spiel wie unabsichtlich an sich drückte.

      Doch mit sechzehn, siebzehn Jahren begann sie ihm schöne Augen zu machen und verführerische Blicke zuzuwerfen. Es gefiel ihr, wenn er sie anschaute und wenn sie ihre Schultern und den Kopf zurückwarf, damit ihre Brüste besser zur Geltung kamen. Nahor verliebte sich in die junge Frau und konnte seine Gefühle kaum mehr unterdrücken. Aus dem Holzklotz war nun doch fast ein Liebesgott geworden. Haran hätte über seinen Bruder gestaunt, wenn er dies noch erlebt hätte.

      Milka spürte Nahors Gefühle und war glücklich darüber. Er war ein großer, schöner, kräftiger Mann mit einem scharf geschnittenen Gesicht, einer markanten, schmalen Nase und dunklen Augen, über denen buschige Brauen wuchsen. Auch Milka verliebte sich und war erstaunt, dass Glück und Weh so nahe beieinander sein konnten. Sie empfand ein Glück, das sie bisher nicht gekannt hatte, wenn Nahor sie anschaute oder mit ihr sprach und scherzte, und einen so brennenden Schmerz in der Brust, wenn er nicht in ihrer Nähe war oder sie nicht zu bemerken schien.

      »Du bist ein kleines, wildes Biest«, sagte er einmal, als sie sich wieder an ihn heranmachte und ihn neckte.

      Sie lachte und sagte:

      »So zähme mich doch!«

      »Möchtest du denn gezähmt werden?«, fragte er.

      Sie zog die Schultern hoch und machte dazu eine Miene, die ebenso gut ja wie nein hätte bedeuten können.

      Dann sagte sie:

      »Ein klein wenig schon.«

      Da packte er sie und küsste sie auf den Mund.

      Milka ließ es geschehen.

      »Ich möchte dich zur Frau nehmen«, sagte er plötzlich.

      Milka erwiderte nur: »Ich liebe dich, Nahor.«

      Auch diesmal brauchte es keine so besonderen Umstände wie seinerzeit bei Haran. Beim Nachtessen verkündete Nahor der versammelten Familie, dass er Milka zur Frau nehme.

      Sia war weniger erstaunt als Terach. Doch der hatte nichts einzuwenden. Und auch Abram und Sarai wünschten den beiden Glück. Nur Lot wollte nicht verstehen, dass seine Schwester einen so alten Mann wie Nahor liebte.

      In dieser Nacht schlief Milka zum ersten Mal in Nahors Kammer.

      Terachs Traum wird wahr

      Terach hatte seinen alten Traum, als Nomade wie seine Vorväter durch das Land ziehen zu können, tatsächlich, wie Abram gehofft hatte, nicht vergessen. Er war zwar schon ein alter Mann. Aber er wollte nicht in Ur sterben und begraben werden wie seine Frau, die vor einem Jahr unerwartet von einer Krankheit dahingerafft worden war. Seit Sias Tod dachte er wieder häufiger daran. Wie schön würde es doch sein, in der Nacht unter dem Sternenhimmel zu stehen und die frische, würzige Luft einzuatmen. Abram hatte ihm erzählt von seinen nächtlichen Besuchen, wenn er mit Sin-Ta auf der obersten Terrasse des Tempels stand und den Sternenhimmel betrachtete. Wie er dann die Erhabenheit des Unendlichen spürte. Er war stolz auf seinen Sohn, der so empfand wie er. Seine heimliche Sehnsucht flammte in solchen Augenblicken erneut auf.

      Immer wieder ging Terach hinaus aus der Stadt, und wenn er sah, dass in der Ebene Nomaden ihre Zelte aufgestellt hatten, ging er hin und sprach mit ihnen, ließ sich von ihnen ihre Erlebnisse schildern und Geschichten erzählen. Die Hoffnung, dass einer dieser Nomaden mit ihm tauschen würde, hatte er schon lange aufgegeben. Wer schon will die Freiheit des Lebens auf dem Land gegen das Gefängnis der Stadt eintauschen?!

      Jahre vergingen so. Da traf er einmal im Norden der Stadt einen alten, kranken Nomaden an. Er hatte keine Nachkommen, und auch seine Frau war ihm weggestorben. Eine Herde von ungefähr hundert Schafen und fünfzig Ziegen und ein paar Esel waren sein Eigentum, dazu zwei Hirten und eine Magd.

      Der Nomade lag auf alten, durchgescheuerten und zusammengepressten Kissen am Boden. Terach hatte sich neben ihn gesetzt. Der Alte erzählte mit müder, von einem rauen Husten unterbrochener Stimme Terach seine ganze Lebensgeschichte, wie er mit Frau und Kindern umhergezogen und wie alle nacheinander gestorben seien. Und Terach erzählte ihm von seinem Traum.

      »Dich haben mir die Götter geschickt«, sagte schließlich der Nomade. »Meine Tage sind gezählt. Ich möchte meine Herde nicht einem meiner Knechte hinterlassen. Sie sind zwar arbeitsam, aber in keinem steckt die Glut, die Inbrunst wie in dir. Ich könnte ruhig sterben, wenn ich wüsste, dass ein so ehrenhafter Mann an meine Stelle träte. Ich gebe dir alles, was ich habe. Nimm es, ich bitte dich! Schlag mir diesen Wunsch nicht aus.«

      »Ja, es müssen die Götter gewesen sein, die mich zu diesem Mann geführt haben«, dachte Terach.

      Der alte Mann hob mühsam seine Hand und streckte sie Terach hin:

      »Schlag ein!«, forderte er ihn mit schwacher Stimme auf und schaute ihn aus trüben, beinahe blinden Augen hoffnungsvoll an.

      Terach ergriff die kraftlose, welke Hand des Nomaden, über dessen Gesicht ein dankbares Lächeln flog.

      »Geh zum kleinen Zelt und schick die Magd zu den Knechten, sie sollen alle zu mir kommen«, bat er dann.

      Terach tat, wie er gewünscht hatte.

      Als sich alle um den alten Mann versammelt hatten, sprach der: »Ich hab all mein Gut diesem Mann übergeben; denn ich werde sterben. Wer nicht bei ihm bleiben möchte, der soll sich vier Schafe und einen Widder auswählen und damit weggehen. Wer aber bleiben möchte, der folge ihm, wohin er gehen will.«

      Die zwei Knechte und die Magd sagten nichts. Sie hatten wohl gesehen, dass ihr Herr sehr schwach war und nicht mehr lange leben würde.

      Als sie hinausgegangen waren, sagte der Alte zu Terach:

      »Komm morgen wieder hierher. Wenn ich noch lebe, dann komm wieder am nächsten Tag. Ich fühle, dass es bald so weit sein wird, dass ich ins Totenreich hinabgehe. Wenn du mich nicht mehr lebend findest, dann begrabe mich hier und zieh mit der Herde fort.«

      Terach ging nach Hause. Er eilte nicht. Er ließ sich auf dem Weg bis zur Stadt noch einmal alles durch den Kopf gehen. Er wollte das Glück, das ihm zuteil geworden war, vorerst allein genießen. Auf einmal war alles anders als zuvor. Die Stadt, der er langsam näher kam, ängstigte ihn nicht mehr. Bevor er durch das

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