Rache für Dina. Cristina Fabry

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Rache für Dina - Cristina Fabry

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Depressionen verschlimmerten sich, die Dosis der Antidepressiva wurde hoch gefahren und ich wurde noch arbeitsunfähiger, weil müder, langsamer, träger. Hast du mal registriert, wie fett ich geworden bin? Und wenn ich mich im Wartezimmer meines Psychiaters so umsehe, wird das nicht besser. Ich werde den Rest meines Lebens Tabletten fressen und aufgehen wie ein Hefekloß. Ich werde nie wieder selbstständig für meinen Lebensunterhalt aufkommen können und eine Familie, die mir Halt gibt, habe ich auch nicht und das wird auch nichts mehr. Adrian hat so lange zu mir gehalten, bis die äußere Fassade einstürzte und der Krisendienst auf den Plan gerufen wurde. Da kam er dann mit den üblichen Pseudo-Ausreden um die Ecke gebogen: Ich-bin-damit-überfordert, das-kann-ich-nicht-leisten, ich- muss-mich-schützen, du-musst-jetzt-erstmal-zu-dir-selbst-finden.“

      „Ja, ich erinnere mich.“, unterbrach Paul-Gerhard ihr Lamento. „Aber wühl' doch nicht in diesem alten Dreck. Dass Adrian ein egoistisches Arschloch ist, habe ich schon vorher gewusst. Sei froh, dass du ihn rechtzeitig los geworden bist, bevor du dich mit gemeinsamen Kindern an ihn gebunden hättest. Es liegt nicht an dir, dass er sich so verhalten hat.“

      „Ja, aber wer bitteschön verliebt sich in eine immer dicker werdende, arbeitsunfähige Theologin?“, widersprach Karin.

      „Uwe Pohlmann.“, bemerkte Paul-Gerhard grinsend.

      „Jetzt hör aber auf!“, wies Karin ihn zurecht. „Eher nehme ich irgendeine Überdosis, als dass ich den an mich ran lasse. Igitt!“

      „Hat er dich nach unserem Telefonat noch mal belästigt?“

      „Nein, bis jetzt nicht. Aber wenn ich nachher nach Hause komme, blinkt bestimmt schon wieder der AB.“

      „Soll ich mal mit ihm reden, dass er dich in Ruhe lassen soll?“

      „Ach, das bringt doch nichts. Dann legt er sich zurecht, dass du hinter mir her bist und ihn als Konkurrenten ausschalten willst. Dann bildet er sich erst recht ein, er habe Chancen bei mir.“

      „Also weiter ignorieren?“

      „Genau.“

      „Für eine hoffnungslos Depressive finde ich dich ziemlich angriffslustig und wendig im Kopf.“, sagte Paul-Gerhard.

      „Wie meinst du das?“

      „Deine Wunden heilen nur langsam und es war ja auch ungeheuerlich, was du mitgemacht hast. Aber ich bin überzeugt davon, dass du dein Leben wieder in den Griff bekommst. Wenn die Psychopharmaka dich so außer Gefecht setzen, was hindert dich daran, dich von jemandem behandeln zu lassen, der dir hilft, deine Probleme zu lösen, statt an den Symptomen herumzudoktern? Du hast selbst immer gesagt, dass Psychopharmaka nichts lösen, sondern nichts anderes sind als Drogen, die erstmal lockern und entspannen, langfristig aber krank machen und Leben zerstören. Es gibt doch bestimmt Psychologen, die dich dabei begleiten, wenn du die Medikamente schrittweise absetzt.“

      „Psychologen können nichts verschreiben und infolgedessen das Absetzen eines Medikaments sicher nicht fachlich begleiten, zumindest nicht allein.“

      „Aber in Zusammenarbeit mit einem Arzt?“

      „Ja, vielleicht. Aber ich kenne niemanden, von dem ich wüsste, dass er gut ist.“

      „Ich könnte mich mal umhören.“, schlug Paul-Gerhard vor.

      „Ach Paule.“, sagte Karin und nahm seine Hand. „Du bist einfach zu gut für diese Welt. Pack dir doch nicht immer so viel auf die Schultern. Ich kann mich ja selbst mal erkundigen, ich habe schließlich unendlich viel mehr Zeit als du.“

      „Na gut.“, antwortete Paul-Gerhard, beschloss aber insgeheim, nach einem geeigneten Therapeuten oder einer Therapeutin für seine Freundin zu suchen, denn in ihrem gegenwärtigen Zustand blieb es sicher nur bei dem Vorsatz.

      Paul-Gerhard Solms fühlte sich schlecht, als er Karin Seliger später wieder an dem Hochhaus, in dem sich ihre gegenwärtige Wohnung befand, absetzte. Sicher, er kümmerte sich um sie, aber das beruhigte sein Gewissen keineswegs. Sie war in Hahlen eine engagierte, junge Pfarrerin gewesen, ungewöhnlich früh gewählt, weil sie ihr Studium schnell und konzentriert durchgezogen hatte, weil sie aufgrund ihrer überdurchschnittlichen Leistungen nie Wartezeiten hatte in Kauf nehmen müssen. Sie war witzig, empathisch, ausgesprochen hübsch und dabei kein bisschen eingebildet, sie hatte Interesse an Menschen, ein großes Herz, hatte tolle Ideen und konnte sie kreativ umsetzen. Die älteren Herrschaften in Hahlen hatten sie mit Wohlwollen betrachtet, die jüngeren hatten gern mit ihr zusammen gearbeitet und die Jugendlichen hatten sie vergöttert. Und eben das war ihr zum Verhängnis geworden. Obwohl sie kein Geheimnis daraus gemacht hatte, dass sie mit dem Architekten und Alpha-Männchen Adrian den ehelichen Hafen anzusteuern gedachte, hatte sich ein ehrenamtlicher Mitarbeiter so sehr in sie vernarrt, dass für Außenstehende nicht mehr klar erkennbar gewesen war, ob die leidenschaftlichen Gefühle wirklich nur von dem Jungen ausgingen. Paul-Gerhard war sich sicher, dass sie keine Regel verletzt, keine Grenze überschritten hatte und auch Nils, der vermeintlich Geliebte, hatte so etwas nie behauptet. Aber das ereignislose Leben zahlreicher Dorfbewohner veranlasste diese, ihrer Sensationsgier nachzugeben und das Schlimmste zu vermuten. Und Volkmann, das Schwein, hatte den Faden dankbar aufgenommen. Die engagierte, attraktive Kollegin, drohte, ihm die Show zu stehlen und so stielte er noch als Gemeindepfarrer in Hartum ein, was er als Superintendent in Minden fortsetzte: Karin Seligers Demontage, die Zerstörung ihres Lebens. Ihre berufliche und private Situation war geradezu perfekt gewesen und jetzt, dank Volkmanns Anstrengungen, war sie arm, lebte auf 45 Quadratmetern, statt im großzügigen Pfarrhaus, hatte Alpträume, statt einer großartigen Aufgabe, die sie ausfüllte, war allein, statt in einer glücklichen Beziehung und musste sich mit Uwe Pohlmann trotzdem noch mit den Schattenseiten ihres Pfarrerinnen-Daseins belasten. Einen Moment lang hatte Paul-Gerhard wirklich überlegt, ob Karin vielleicht Volkmanns Mörderin hätte sein können. Aber dann hatte er den Gedanken gleich wieder verworfen. Jemand, der sich wie Karin auch im tiefsten Elend noch immer so sensibel gegenüber ihren Mitmenschen verhielt, die ihr eigentlich das Leben zur Hölle machten, war nicht fähig einen Mord zu begehen, schon gar nicht so einen brutalen.

      15. Kreiskirchenamt Minden

      Regina Heuer betrat das Kreiskirchenamt und nahm auf der Treppe immer zwei Stufen auf einmal. Jede Minute mit Jens Carstensen bevor der Assessor und sein Adlatus auftauchten, war kostbar. Sie hatte die KiTa einer Viertelstunde vor Dienstschluss verlassen – bei der gegenwärtigen Besetzung war das kein Problem. In der Teeküche traf sie auf Siegfried Wischmeier, den Küster der Mariengemeinde. „Hallo Siegfried“, begrüßte sie ihn, „wo ist denn der Jens?“

      „Im MAV-Büro.“, antwortete der. „Der soll sich lieber noch'n bisschen vorbereiten. Kaffee kochen kann ich sowieso viel besser.“

      Regina ging ins MAV-Büro, wo sie Jens in Papiere vertieft vorfand. „Na, Rüstung schon angelegt?“, fragte sie ihn. Er grinste. „Klar“, antwortete er. Und jetzt helfe ich Dir auch noch ins Kettenhemd. Pass mal auf: Ulla Koch hat in der Verwaltung nachgefragt und rausgekriegt, dass bereits fünf Kolleginnen aus dem TfK-Bereich unterschrieben haben und neu eingruppiert worden sind.“

      „Diese Opferlämmer!“, stöhnte Regina.

      Jens fuhr mit seinem Bericht fort: „Mit eurem landeskirchlichen Beauftragten habe ich kurz telefoniert. Wir treffen uns heute in einer Woche in Bielefeld. Auf jeden Fall wird er intervenieren.“

      „Das ist doch schon mal gut.“, antwortete Regina. „Legen wir diese Karte schon auf den Tisch oder behalten wir sie lieber als Trumpf in der Hand?“

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